Wiesbadener Ausgabe III / 2021
Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude
Pulsierendes Kunstuniversum:
Discovery Art Fair Frankfurt
Weltkino in Wiesbaden Exground filmfest 34
22. InterWhisky Frankfurt
Deutschlands älteste Whiskymesse öffnet Ihre Türen
Es brennt!
Outsider Art in Wiesbaden
Tatorte Kunst 2021 13. Kunstrundgang Wiesbaden-Mitte
Trickfilmfestival 2021
El Dorado der Animationskunst
Auf ein Neues:
ARTe Wiesbaden geht in die 3. Runde
KünstlerInnen und die Pandemie:
Corona Echo in der Kunstarche
Die Goldschmiede feilgold Schaffensphase in der Pandemie
Preis: 6,50 €
Inhalt
...... Wir sind wieder da! Die coronabedingte Zwangspause haben wir beendet und schalten uns nun wieder mit aktuellen Berichten aktiv in die Kulturszene Wiesbaden-RheinMain ein.
„Ein Herz für Kinder“ beim 22. Internationalen Trickfilmfestival in Wiesbaden: The snail and the whale
SCHATZ
& SCHÄTZE
GOLDSCHMIEDE FEILGOLD MENSCHEN
& MEINUNGEN
GENDERN IM DÉJÀ VU KULTUR
& KREATIVES
ES BRENNT! KÜNSTLERGRUPPE50 - DER FILM CORONA-ECHO KULTURFONDS CROSSROADS ARTE WIESBADEN TARBUT DISCOVERY ART FAIR TATORTE KUNST EMAD KORKIS BEI H22 EIN AUGE FÜR DAS WESENTLICHE WENN KUNST IHREN WEG FINDET KUNST IN ZEITEN DER PANDEMIE INT. TRICKFILMFESTIVAL EXGROUND
SCHÖNE NEUE WELT THEATERDONNER WORTE, WASSER UND WEIN THEATER SAARBRÜCKEN MAGAZIN
KULTOUREN
UNTERNEHMEN
S. 4 S. 6 S. 7 S. 12 S. 14 S. 16 S. 17 S. 22 S. 24 S. 26 S. 28 S. 31 S. 32 S. 33 S. 34 S. 36 S. 38 S. 40 S. 42 S. 44 S. 46 S. 18
& MÄRKTE
DAS LEBEN IST SCHÖN
GAUMENLITZELEIEN
22. INTERWHISKY FRANKFURT
ZUSAMMENLEBEN ARME SCHWEINE
S. 47 S. 48 S. 50
Doch das große Thema bleibt: Corona. Die Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen und spiegelt sich deutlich im künstlerischen Schaffen wieder. Das lässt sich hervorragend in der Ausstellung „Corona Echo” nachvollziehen, die am 19. November in der Kunstarche eröffnet wird (S. 14). Andere nehmen es mit Humor, so Karin Hoerler, die uns mit ihrem Bilderbuch für eine schöne, neue Welt wappnet (S. 40). Einen ausführlichen Rückblick ist uns die Ausstellung „Es brennt” wert, die zum 5jährigen Bestehen der Wiesbadener Galerie Outsider Art stattfand (S. 7). Aktuelle Kunst sowohl von etablierten Künstlern als auch von Newcomern und frischen Talenten zeigen die Kunstmessen ARTe in Wiesbaden (S. 22) und die Discovery Art Fair in Frankfurt (S. 26). Dort findet auch die älteste Whiskymesse Deutschlands in ihrer 22. Neuauflage statt (S. 48). Auch die Leinwände sollen für das cineastische Publikum wieder belebt werden – mit ausgewählten Kurz- und Langfilmen beim diesjährigen Trickfilmfestival (S .36) und der 34. Auflage von exground (S. 38), dem Filmfest für „unabhängiges Weltkino in Wiesbaden”, das coronabedingt zweiglesig als hybride Veranstaltung konzipiert ist. Ist das die „schöne, neue Welt”? Auch „Tatorte Kunst” ist wieder am Start. Ende Oktober führt der Kunstrundgang durch zahlreiche Ateliers, Schauräume, Aktions- und Werkstätten in den Vierteln Rheingauviertel und Wiesbaden-Mitte (S. 28). Bei so viel Kunst ist ein Besuch in Wiesbadens Fasanerie ein wohltuendes, entschleunigendes Kontrastprogramm (S. 50). Auch hier haben Corona und die Schweinepest zu Einschränkungen geführt, doch der Erholungswert ist nach wie vor da. Das und einiges mehr bietet das vorliegende Magazin. Da wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit Kunst, Kultur und Kulinarik in diesen noch immer ungewöhnlichen Zeiten.
IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Mittelstraße 3 • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media–futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: Thomas-Erbsleben, Vogel, Galerie Bunte Reiter • Vignetten: Bernd Schneider • Druck: Printgroup GmbH & Co. KG, 97526 Sennefeld • Redaktionsschluss für die Ausgabe IV/2021: 20.11.2021 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt. WIESBADENER
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SCHATZ
&
SCHÄTZE
2020 / 2021 Schaffensphasen in Zeiten der Pandemie 2020/2021 waren für (fast) alle Menschen besondere Jahre! Aber ganz gleich, welche Auswirkungen sie auf die einzelnen Personen hatten, die Uhren gingen anders! Die Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger kreierte bereits ganz zu Beginn der Pandiemie die „Feder der Solidarität“ – eine kleine Feder aus edlem Geschmeide, als Zeichen der gemeinsamen Verbundenheit (der WIESBADENER berichtete in Ausgabe 02/2020). Vom Erlös gingen 10% an den Bundesverband Handwerk (www.feilgold.de/meinhandwerk.html)
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Pandemiebedingt musste Susanne Geiger in 2020 auf ihre stets im Herbst stattfindende Galerie- und Werstatt-Ausstellung verzichten. Auch in 2021 wird es keine Ausstellung geben. Dennoch war die Goldschmiedemeisterin sehr kreativ. Es entstanden viele neue Kreationen, aber auch Auftragsarbeiten, wie z.B. Eheringe (siehe Abbildungen). Sie nutzte die Zeit und nahm an einigen Ausschreibungen teil. Für die Ausschreibung mit dem Titel „Ein anderes Jahr“ enstanden verschiedene Schmuckstücke, z.B. eine Dose aus Gold, Silber und einem Bergkristallcacochon, gefüllt mit Apfelkernen und zum Umhängen an einem Band aus Leder und Silber mit der Inschrift "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen".
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Zu einer Ausschreibung kreierte die Goldschmiedemeisterin ein Collier ausschließlich aus recyceltem Material (eine Korallkette aus den 60er Jahren und aus altem Goldschmuck). Hier wird Nachhaltigkeit mit neuen Ideen für schmückende Kunstwerke kombiniert. Aktuell fertigt sie neue Schmuckstücke an, die ab dem 1. November 2021 in ihrer Werkstatt zu sehen sein werden. Gäste und Interessierte sind nach Voranmeldung und Terminvergabe ganz herzlich willkommen! Natürlich ist ein Besuch der Werkstatt, um sich Schmuck anzusehen oder Aufträge zu vergeben, jederzeit nach Voranmeldung möglich! 3 4
Eine Ausstellung mit Fest ist für den Mai 2022 geplant. WIESBADENER
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SCHATZ
&
SCHÄTZE
Susanne Geiger, Foto: Monika Werneke, Wiesbaden
Die Golschmiedemeisterin veröffentlicht regelmäßig neue Kreationen auf Instagram. Folgen sie ihr! Es lohnt sich!
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Zur Zeit wird an einer neuen Webseite gearbeitet, um die Exponate über einen Shop beziehen zu können. Hier handelt es sich aber akuell um ein „Work in Progress-Projekt“. Goldschmiedewerkstatt feilgold me. Susanne Geiger Am Schlosspark 103 65203 Wiesbaden 0171-3134456 0611-4503286 info@feilgold.de www.feilgold.de
1. Trauringe aus 18ct Gold 2. Trauringe aus 18ct Gelbgold 5
3. Anhängerrückseite aus Gold und Silber„2021 – Ein anderes Jahr“ – mit der Inschrift "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen" 4. Anhängervorderseite „2021 – Ein anderes Jahr – Gold, Silber und einem Bergkristallcacochon, gehüllt mit Apfelkernen und zum Umhängen an ein Band aus Leder 5. Trauringe Weissgold Gelbgold 18ct
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6. Neue Armbänder aus Siber und Gold (massiv), Diverse Edelsteine
(Preise auf Anfrage)
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MENSCHEN
&
MEINUNGEN
Langer Atem in Absurdistan: „Kein Geld für die Pädagogin” titelte die Frankfurter Rundschau nach zwei Jahren Schriftverkehr mit der Alma mater.Birgitta Melten schrieb im Wiesbadener Tagblatt von einer „Provinzposse” über den vier Jahre langen Kampf gegen die „Geschlechtsumwandlung, Foto: Gesine Werner
Gendern im Déjà vu oder Nehmen Sie´s wie ein Mann, Madame! Provinzposse der Universität Frankfurt um ein akademisches „Mannbarkeits-Diplom“
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nd täglich grüßt die Mannbarkeit. Als wären wir in den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts. Anno 2021 lädt ein Theater im Programmheft „liebe Freunde“ zum Kulturgenuss ein - „liebe Freundinnen“ müssen wohl draußen bleiben. Formulare von Banken, Sparkassen oder Energieversorgern fordern „Angaben zum Kontoinhaber/Zahler“ und sportlich erfolgreiche Frauen gelten bei Olympia als „Mann“schaft“. Klar doch - Frauen stehen ihren Mann in Absurdistan. Ein Leben im Déjà vu. Dabei ist ein spezielles „Jubiläum“ zu begehen. Rückblende: Am 18. November 1986, also vor 35 Jahren, wurde mir nach dem Studium und der kommunikationsthematischen Diplomarbeit „Sprache - Macht - Geschlecht: Zum Geschlechterverhältnis im Spiegel der Sprache“ (!) eine akademische „Mannbarkeits-Urkunde“ der Johann Wolfgang von Goethe-Universität überreicht. Die Urkunde war unterzeichnet von „dem Dekan“, Professorin Dr. Gertrud Beck und „dem Vorsitzenden“ des Prüfungsausschus6
ses, Professorin Dr. Helga Deppe. Postwendend ging die Urkunde retour an die Alma mater Frankfurt. Ich bestand auf einem geschlechts-adäquaten Diplom. Meinen „Studenten“-Ausweis hatte ich in den „Studentinnen“-Ausweis selbst korrigiert. Meine Forderung auf Rücknahme der „Geschlechtsumwandlung“ stützte sich auf rechtliche Grundlagen. Doch es folgte ein grotesker Marathon. Acht Semester „Zusatzstudium“ á la Kafka lagen vor mir. Beckett ritt den Amtsschimmel und der kam aus dem Wiehern nicht mehr raus. Rundfunksender und Printmedien berichteten. Die ZEIT schrieb im März 1987 über den Runderlass Nr. 1300 des Hessischen Innenministeriums zur „Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Vordrucken“, getragen vom Ministerpräsidenten mit Bindung für alle Ministerien, veröffentlicht im Staatsanzeiger 53/1984. Die Anordnung von 1984 wurde von der Uni Frankfurt jedoch nicht befolgt. Zwei Jahre danach hatte Wissenschaftsministerin Dr. Vera Rüdiger 1986 in einem Erlass klar verfügt: „Frauen, die ihr akademisches Studium abschließen, soll der akademi-
sche Grad ab sofort in weiblicher Form verliehen werden.“ 14 Tage später bekam die Akademikerin Gesine Werner eine männlich formulierte DiplomUrkunde zugestellt. Das Prüfungsamt der Uni stellte sich rechtswidrig stur und verwies auf die mangelnde „finanzielle Ausstattung“ des Prüfungsausschusses, die den Druck neuer Formulare verhindere. Die Frankfurter Rundschau berichtete unter dem Titel: „Kein Geld für die Pädagogin“. 1988 hakte ein süddeutscher Rundfunksender in der Causa Werner nach und erfuhr vom Sprecher des Dienstherrn, Kultusminister Wolfgang Gerhardt: „Das ist eine Argumentation, die aus Sicht des Ministeriums nicht gelten kann.“ Der Vorgang liege offiziell nicht vor, „die Betroffene“ möge sich bitte melden. Nach dem ministeriellen Herantreten an den Fachbereich der Uni werde es dann „ganz schnell“ gehen. „Seiner untergeordneten Behörde, dem Prüfungsamt, scheint nie das Licht aufgegangen zu sein, widerrechtlich zu handeln. Dort gilt Gesine Werner als Querulantin. Wirklich des Nachdenkens wert, dass Frauen Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, um legitimes Recht verwirklicht zu sehen“, stelle Redakteurin Dorothee Prewo fest. Von wegen „ganz schnell“. Es brauchte den Arbeitsaufwand etlicher Schriftsätze, zwei weitere Jahre Geduld und meine Ankündigung, mit dem legitimen Anliegen vor den Europäischen Gerichtshof in Brüssel zu ziehen. Vier Jahre nach den Diplomprüfungen vom Oktober 1986 war die beratungsresistente Uni Frankfurt in der Lage, das rechtskonforme Diplom zu drucken. Zusatz: „Zur Führung des Titels „Diplompädagogin“ wurde die Urkunde am 19.09.1990 erneut ausgestellt.“ Unterschrieben hat das Diplom „Die Dekanin/Der Dekan“ Professor Dr. Heide Kallert. Drei Monate später kam im Dezember der Anruf, wenn ich das Diplom „noch haben“ wolle, könne ich es abholen. Einsicht in das Fehlhandeln? Nicht die Spur. Kostenerstattung? Fehlanzeige. Heute erforscht die Gesellschaft für deutsche Sprache mit einer „Umfrage zum Gendern“, ob in „Ihrer Medienanstalt, bei einzelnen Sendern oder auch nur in einzelnen Sendungen geschlechtergerechte Sprache“ verwendet wird. Gendern konnte ich schon, als der Begriff noch unbekannt war. P.S. In ihrem Wörterbuch von 1878 schrieben die Brüder Grimm von „Gästinnen“ und sind feministischer Umtriebe nicht verdächtig.
Gesine Werner, geprüfter Mann und Diplompädagogin WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATIVES
Atelier Bunte Reiter: Andro Bakaloumis, Roboter
„Es brennt!“ – Retrospektive zum 5jährigen Jubiläum der Galerie „Outsider Art“ Wiesbaden Eine Ausstellung in Zeiten und im Zeichen der Pandemie
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nbestritten ist der Einfluss der „outsider art” auf die Entwicklung der modernen Kunst. Doch weiterhin sind sie in der kulturellen Wahrnehmung Außenseiter geblieben. Betreute Ateliergemeinschaften, Kunstwerkstätten oder auch der Kunsttherapie nahestehende Angebote fördern die Kunst ihrer Klienten und bilden Orte, die an die Tradition der Outsider anknüpfen. Einer dieser Orte ist die Galerie Outsider Art im Verwaltungsgebäude der Stadt Wiesbaden. Sie wurde 2015 gegründet und zeigt normalerweise seitdem zweimal im Jahr neue Ausstellungen. Die Ehre der ersten WIESBADENER
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Beteiligte KünsterInnen: Andreas, Necip Bashi, Andro Bakaloumis, Renate Berger, Petra Brahm, Julia B. Collet, Georg Duch, Thomas Erbsleben, Ute Huth, Heike Ilkhani, Sabine Isola, Fatou Jassy-Touray, Stavros Konstandinidis, Heidi Lose, Thomas Martin, ChristianDavid Martiny, Dominique Muckenschnabel, Marco Reichelt, Christopher Tenggren, Cornelia Trabhardt, Ralf Ullrich
Gastkünstler Valentin Walter Atelier Mal_anders: Christian Martiny, Kopfzeichnungen 1
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KULTUR
&
KREATVES
Vitos Rheingau Atelier: Georg Duch, Triptichon ohne Titel
Ausstellung wurde dem Kunst-Projekt Mal_Anders der EVIM Behindertenhilfe zuteil, das mit der Eröffnung der neuen Galerie Outsider Art in Wiesbaden am 11. Februar bis 25. Juli Werke von Mal_Anders Künstlerinnen und Künstlern zeigte. 2020 feierte die Galerie ihr fünfjähriges Bestehen mit der Ausstellung „Es brennt” mit 66 Kunstwerken von 25 Künstlern aus sieben inklusiven Ateliers und einem Gastkünstler. Für Sozialdezernent Christoph Manjura ein wichtiger Beitrag, „um ein Bewusstsein für die Stärken von Menschen mit Beeinträchtigungen zu schaffen”, so der Politiker in seinem Vorwort zur Ausstellung.
Atelier Mal_anders: Fatou Jassy, Selbstportrait Atelier Wir können Kunst: Ute Huth, 3xHühner
Es sollte eine große JubiläumsFeier werden, mit allen Künstlern, allen Beteiligten, allen Interessierten und einer großen Öffentlichkeit, mit offenen Ateliers und Workshop und vielem mehr, anlässlich des 5jährigen Bestehens der Galerie „Outsider Art”. Ein ganz großartiges Tool – die Anybooks für Sehbehinderte – wurde extra für diese Ausstellung installiert. Aber dann kam alles anders: Durch die Auswirkungen der Pandemie und den einsetzenden Corona-Bestimmungen wurde die für den 15. Mai 2020 geplante Vernissage auf den ursprünglichen Finissagetermin am 27. November 2020 gelegt. Und dann wurden die Corona-Regeln erneut verschärft
Atelier Mal_anders: Heide Lose, Frau mit Brille Atelier Bunte Reiter: Petra Brahm
Wohnverbund Werkstatt: Thomas Martin, Familie
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KULTUR
&
KREATIVES
Kulturwerkstatt Johannesstift – Gemeinschaftswerk, Taucher und Schwein auf Sockel
und die geplant Eröffnungsfeier konnte ausschließlich virtuell stattfinden (www.youtube.com/ watch?v=gNCbSuFHIpQ). Seit Dezember 2020 war die Ausstellung dann in 3D zu sehen. Außerdem war geplant, ab dem 25. März 2021 die Ausstellung nach vorheriger Terminvergabe besuchen zu können. Aber auch dieser Termin wurde gestrichen. Die Ausstellung konnte bis zum 22. Juli 2021 verlängert werden, wodurch sich dann doch die Möglichkeit ergab, die Exponate im Laufe des Sommers besuchen zu können. Ein Plus der Galerie „Outsider Art” ist ihr Standort. Die Räumlichkeiten im 3. Stock des Verwaltungsgebäudes der Stadt Wiesbaden, sind als Seminarräume ausgelegt, in denen zahlreiche Schulungen und Seminare stattfinden. Flure sind sehr hell, und die Wände eignen sich hervorragend als Ausstellungsfläche. Somit wird Kunst, die hier gezeigt wird, automatisch einem breiten Publikum bekannt. Für die Besucher sind die Kunstwerke eine enorme Bereicherung, da sie sich durch ihre Authentizität auch dem künstlerisch und kunsthistorisch Unbewanderten schnell erschließen. Wichtig bei der Auswahl der Exponate ist immer ihre Qualität; d.h. nicht jeder Mensch mit Beeinträchtigung, der gerne malt
Beteiligte Ateliers Atelier für Integrative Kunst „Bunte Reiter”
Künstlerische und kunsttherapeutische Begleitung: Elmira Wilms & Johanna Luft
www.buntereiter-blogspot.de www.werkgemeinschaftwiesbaden.de Kulturwerkstatt Johannesstift Künstlerische Leitung: Udo W. Gottfried
www.johannesstift.de Atelier Mal_anders EVIM Künstlerische Leitung: Artjom Chepovetskyy
www.evim.de www.evim.de/ betreuungsangebote/evimbehindertenhilfe/kulturarbeit Wohnverbund Werkstatt
Künstlerische Leitung: Elke Nohles
www.werkgemeinsachftwiesbaden.de Atelier „Wir können Kunst” Künstlerische Leitung: Hilde Sommer & Volker Wolf
Atelier Wir können Kunst: Christoph Tenggren, Königs-Pinguin, oben, unten: Stravos Konstndinidis, Das zweite Gesicht
www.facettenwerk.de Offenes Atelier EVIM
Künstlerische Leitung: Julia Isterling
www.evim.de www.evim-kulturarbeit.de Vitos Rheingau Atelier www.künstlerhaus6.de www.vitos-rheingau.de Wohnverbund Werkstatt: Thomas Martin, Familie
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KULTUR
&
KREATVES
„Outsider Art bezeichnet verblüffend originelle künstlerische Werke, deren Sprache abseits der Hochkunst oder Populärkultur liegen, weil ihre Urheber nicht in den Kunstbetrieb eingebunden sind oder ihre Schöpfungen nicht als künstlerischen Output sehen”, so Thomas Röske, Leiter der berühmten Sammlung Prinzhorn für Werke von Menschen mit psychischen Ausnahmeerfahrungen am Uniklinikum Heidelberg. Hier trug der Kunsthistoriker und Psychiater Hans Prinzhorn vor einhundert Jahren während seiner Zeit als Assistenzarzt einen Großteil der Zeichnungen, Textilien, Texte, Gemälde und Skulpturen zusammen.
Offenes Atelier: Julia B. Collet, Das Tor
Atelier Wir können Kunst: Marco Reichelt, Stand der Liebe Gastkünstler: Valentin Walter, Orchidee I.
Seit Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese Werke in einer Reihe von Veröffentlichungen bekannt wurden, identifizierten sich Künstler wie Paul Klee, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso und vor allem die Surrealisten um Max Ernst und André Breton radikal mit der Schaffensweise und den Bildwelten dieser kulturellen Außenseiter, die einen völlig neuen Blick auf die Welt und die Gründe der menschlichen Seele eröffneten. Mit der theoretischen Begründung dieser “außerkulturellen Kunst”, insbesondere mit seiner umfangreichen Sammeltätigkeit wurde der französische Künstler und Kunsttheoretiker Jean Dubuffet seit Mitte der 40er Jahre zu ihrem Patron und Wegweiser. Er bezeichnete die Kunst als „Art Brut” (rohe Kunst) und definierte sie als Werke, die ohne künstlerisch-kulturellen Hintergrund ausgeführt wurden. Als geistig oder psychisch behinderte Menschen leben sie am Rande der Gesellschaft und schaffen abseits der kulturellen Öffentlichkeit Kunstwerke von großer Eindringlichkeit und Überzeugungskraft. 1972 wurde dann Dubuffets „Art Brut” durch die Begriff „Outsider Art” ersetzt, der nun jede Kunst bezeichnete, die an den Rändern der Hochkultur entstand: naive Kunst, Kunst von Behinderten, Obdachlosen sowie traditionelle Kunst anderer Kulturen.
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KULTUR
&
KREATIVES
oder sich in Kunst versucht, wird ausgestellt. Die Exponate, dafür sorgt Alexandra Waldmann als Kuratorin, zählen in ihrer Qualität und Aussagekraft alle zur zeitgenössischen Kunst. Üblicherweise sind bei den Eröffnungen die Künstlerinnen und Künstler anwesend. Die Besucher können mit den KünstlerInnen ins Gespräch kommen, und diese genießen durchaus die Aufmerksamkeit, die ihnen durch ihre Kunst zuteil wird. Sie werden als KünstlerIn wahrgenommen, und die Beeinträchtigung tritt in den Hintergrund. All das konnte diesmal nicht stattfinden. Keine(r) der Künsterlinnen und Künstler war vor Ort und hat die Ausstellung gesehen. Der Livestream war zwar beim Publikum ein großer Erfolg und es wurden deutlich mehr Menschen erreicht, als üblich, aber die Menschen, die hinter der Kunst stehen, waren nicht zu sehen. Zu vielen der KünstlerInnen, die ausgestellt haben, ging während der Pandemie der Kontakt verloren. Die, die selbstständig ihre Ateliers aufsuchen, sind zuhause geblieben. Die psychischen Auswirkungen auf die KünstlerInnen sind durch die Pandemie enorm, denn für viele ist das Machen von Kunst ein Teil ihrer Existenz, und dieses Kunstmachen war plötzlich so nicht mehr möglich. Die von Alexandra Waldmann kuratierte Jubiläumsausstellung „Es brennt” hätte so viel mehr Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit verdient; den Künstlerinnen und Künstlern hätte persönlich große Anerkennung für ihr Schaffen und ihre Kunst gebührt, aber die Pandemie hat das leider verhindert. Der WIESBADENER hatte das Glück, diese großartige Ausstellung vor Ort sehen zu dürfen. Es gibt einen sehenswerten Katalog zur Ausstellung mit einer ausgezeichneten Einführung von Alexandra Waldmann.
Atelier Bunte Reiter: Thomas Erbsleben, Monster I. Offenes Atelier: Dominique Muckenschnabel, Bildtitel
Anfragen an: alexandra.waldmann@wiesbaden.de Leider konnten wir aus Platzmangel nicht alle uns zur Verfügung gestellten Bilder abbilden. Verdient hätten es alle KünstlerInnen.
Wenn Sie die Möglichkeit haben, Ausstellungen der Galerie „Outsider Art” zu besuchen, nutzen Sie diese. www.wiesbaden.de/kultur/ bildende-kunst/ausstellungsorte/ galerien/outsider-art.php WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATVES
Die Regisseurin Stella Tinbergen
„Kunst als Schlüssel zur Existenz” Die Künstlergruppe50 Wiesbaden
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ie mehrfach ausgezeichnete Regisseurin Stella Tinbergen begleitete die Künstlergruppe50 Wiesbaden über mehrere Jahre. Der Film „Kunst als Schlüssel zur Existenz” sollte zum 70-jährigen Jubiläum der Künstergruppe50 2020 fertig gestellt und dem Publikum vorgestellt werden. Der Film war fertig! Die Pandemie aber machte es unmöglich, ihn ins Kino zu bringen. Nun ist geplant, den Film endlich zum Jahresende in der Wiesbadener Filmbühne Caligari zu zeigen. Der WIESBADENER hatte Gelegenheit, die renommierte Regisseurin zu interviewen: 12
Was war Ihre Intention, einen Film über die Künstlergruppe50 Wiesbaden zu machen? Ich fand den Gedanken reizvoll, eine „Biografie” über eine Gruppe zu machen und habe Kontakt aufgenommen. Es war schon eine besondere Herausforderung, alle Persönlichkeiten filmisch in eine gute Form zu gießen. Wie ist der Titel entstanden? Mir stellte sich die Frage, welche Gemeinsamkeit haben diese Menschen, die künstlerisch und persönlich ja eine eigene Linie haben? Zunächst traf ich mich mit fast allen KünstlerInnen und habe dabei schnell festgestellt, dass „Kunst der Schlüssel zur Existenz” dieser Menschen ist.
Keine und keiner von ihnen hat die Kunst als Brotberuf; alle haben eines zweites Standbein zur Sicherung des Lebensunterhalts.
„Kunst als Schlüssel zur Existenz“ – der Film: 2017 – 2020 | Gefördert durch: HessenFilm, Stiftung Flughafen Frankfurt/Main für die Region, Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, Spielbank Wiesbaden, SV-Sparkassenversicherung, Museumsverein Ritschl e.V., Rotary Club Wiesbaden, Naspa Stiftung „Initiative und Leistung” und weitere Sponsoren. WIESBADENER
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KULTUR
Doch alle leben für die Kunst! Und darauf kommt es an. So kam ich auf den Titel, denn Kunst ist ihr gemeinsamer Nenner und damit der Schlüssel zu ihrer Existenz.
Künstlergruppe50 Wiesbaden Die im Jahr 1950 gegründete Künstlergruppe50 Wiesbaden gehört zu den ältesten städtischen Künstlergruppen in Deutschland. In ihren Arbeiten spannen sie einen weiten Bogen von der Gegenständlichkeit bis hin zur Abstraktion. Zu ihren Medien gehören Malerei und Bildhauerei ebenso wie Fotografie und Installation. www.kuenstlergruppe50wiesbaden.de Wie war die Zusammenarbeit mit der Künstlergruppe50 bzw. wie war Ihre Vorgehensweise? Ich habe fast alle besucht und dann festgestellt, dass es eine besondere Herausforderung sein wird, diese Vielfalt an Künstlerinnen und Künstlern angemessen zu würdigen. Keinesfalls durfte der Film eine bloße Aneinanderreihung werden. Solch ein Film wäre furchtbar langweilig geworden. So habe ich nach gemeinsamen Handlungssträngen oder „roten Fäden” gesucht. Zu Hilfe kam mir da die Beheimatung der Künstlergruppe50 in Wiesbaden. Dadurch wurde Wiesbaden zur Nebenperson und zum roten Faden. Ich musste zudem ein dramaturgisches Gerüst finden, um die Gruppe als Künstlergruppe abbilden zu können. Das bedeutete aber, dass am Ende nicht alle Persönlichkeiten im Film zu sehen sein würden. Wieder schaute ich, was diese Menschen verbindet, um eine filmische Verdichtung herstellen zu können. Ich habe nach Querverbindungen gesucht, wie z.B. die Entscheidungsfindung der Gruppe zur Aufnahme eines neuen Mitglieds. Auch eine Ausstellung in Berlin brachte wunderbare dynamische Situationen. Das waren Gruppenbegegnungen, aus denen ich dann wieder einzelne Geschichten etablieren konnte. Dann wollte ich natürlich das große Spektrum der Gruppe zeigen, das von Installationen, über Bildhauerei, bis hin zu Malerei, Fotografie und vielem mehr reicht. Ich musste „Sensationen” schaffen, um für WIESBADENER
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den Zuschauer/die Zuschauerin die Spannung zu halten. Ich habe der Gruppe kommuniziert, dass ich den Film als Kunstwerk verstehe, in denen die Menschen meine Farben sind. Und wie bei einem Gobelin treten diese Farben mal in den Vordergrund, manchmal in den Hintergrund. Es kann nicht jede und jeder gleichzeitig nebeneinander stehen, das ist wie bei einem Chor. Aber immerhin haben 13 KünstlerInnen am Ende ihren Platz im Film gefunden. Im Grunde hätte jede(r) Einzelne einen eigenen Film verdient. Aber das ist auch finanziell kaum zu realisieren. Welche Schwierigkeiten/ Besonderheiten/schöne Momente kamen dabei zum Tragen? Die absolute Hauptperson in diesem Film ist das Machen von Kunst. Und ich hatte das Glück, zu den KünstlerInnen einen so schönen Kontakt aufbauen zu können, so dass ich bei sehr vielen sehr schöne Einblicke über das Machen von Kunst gewinnen konnte. Insofern steht der Film auch stellvertretend für die KünstlerInnen, die nicht in den Vordergrund gestellt werden konnten.
Mitwirkende der Künstlergruppe50 Wiesbaden
Swantje von Bismarck, Petra von Breitenbach, Frank Deubel, Ellianne Dinnendahl, Joan Draxler, Roman Eichhorn, Alois Ewen, Bettina Gelhard-Reeh, Arnold Gorski, Titus Grab, Gisela Grosshaus, Nicole Fehling, Bettina Flössner, Iris Kaczmarczyk, Johannes Ludwig, Isanna von Perbandt, Ricarda Peters, Horst Reichard, Tom Sommerlatte, Gabriele Strecker. Susanne Kiessling/Galerie Nero. Wie stellt man so einen Film auf die Beine? Ich habe ungefähr drei Jahre gebraucht, um den Film fertig zu stellen. 2017 habe ich angefangen. Der Film sollte zum 50-jährigen Jubiläum 2020 fertig werden. Durch Corona wurde es kompliziert. Aber der Film ist pünktlich zum Jubiläum fertig geworden. Wichtig ist natürlich, dass die finanziellen Mittel für einen solchen Film bereit stehen. Allen voran steht hier die Filmförderung. Sehr wichtig war das Kulturamt der Stadt Wiesbaden.
&
KREATIVES
Der Amtsleiter Herr Funk hat von Anfang an an den Film geglaubt und mir viele Türen geöffnet. Doch auch Stiftung Flughafen Frankfurt/ Main für die Region und die SV Sparkassenversicherung und viele private Sponsoren waren beteiligt. Auch Sammler der Gruppe, der Architekt Helmut Wirth und seine Frau Maja Wirth waren wichtig. Der Museumsverein Otto Ritschl e.V. war beteiligt, der Rotary Club Wiesbaden, um nur ein paar zu nennen. Ich muss sagen, dass mein Film sehr viel Unterstützung von Wiesbadener Institutionen bekommen hat. Denn, als durch Corona das Projekt ins Stocken geriet, da sich die Drehzeiten durch die Pandemie-Auflagen verdoppelten, wodurch aus einem halben ein ganzer Drehtag wurde, hat das Kulturamt wieder und wieder einen Nachschlag gegeben, so dass ich die Mehrkosten auffangen konnte. Wie und wann kamen Sie zum Genre Film? Ich habe die Höhere Technische Bundeslehranstalt in Graz, Schwerpunkt Audiovisuelle Medien besucht und anschließend die Filmhochschule in Wien. Dann habe ich einige Jahre fast jeden nur möglichen Beruf im Bereich Film ausgeübt. Ausschließlich Filme mache ich seit 1991. Mein Einstieg war ein Film über Elefanten, über die Wichtigkeit von Elefanten – Elefantenträume. Danach folgten Personenporträts und schließlich Künstlerbiografien, wie über Marianne von Werefkin und das Tänzerpaar Sacharoff. Wann und wo ist geplant, den Film zu zeigen? Der Film wird gezeigt werden, sobald es keine Beschränkungen der Besucherzahl mehr gibt. Ich hoffe, dass wir Ende des Jahres eine Uraufführung feiern dürfen. Wird der Film – außer im Caligari – noch anderswo zu sehen sein? Ich habe den Film auf Festivals eingereicht und warte hier auf Antworten. Viele Festivals haben die Auflage, dass die Filme noch nicht einem breiten Publikum gezeigt wurden, so dass ich erst nach Eingang der Antworten planen kann, ob bzw. wann ich den Film einem breiteren Publikum zeigen werde. Aktuelle Informationen und der Trailer zum Film unter: www.tinbergen.de 13
KULTUR
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KREATVES
weg ist. Und dieses Unterbrochensein schien mir passend für unsere jetzige Situation. Daraus entstand dann auch ein zweiteiliger Werkzyklus.
Ausstellende KünstlerInnen:
Elke Bergerin, Peter Bernhard, Anna Bieler, Bernd Brach, Petra von Breitenbach, Frank Deubel, Thomas Duttenhoefer, Werner Eberle, Petra Ehrnsperger, Walter Gebert, Susan Geel, Arnold Gorski, Gabrielle Hattesen, Ingrid Heuser, Karin Hoerler, Sabine Hunecke, Iris Kaczmarczyk, Krista Kadel, Andreas Koridass, Roman Mikos, Gottfried Pott, Renate Reifert Ulla Reiss, Jochen Schnepf, Kai Wolf und Ute Wurtinger.
Gottfried Pott
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ie gehen KünstlerInnen mit den Folgen der Pandemie um? 26 Antworten darauf zeigt die Wiesbadener Kunstarche in der Ausstellung „Corona Echo”, die am 19. November eröffnet wird. Der WIESBADENER sprach zu diesem Anlass mit dem Initiator und Wiesbadener Künstler Bernd Brach. Die Corona-Pandemie hat verheerende Folgen für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Für Künstlerin-
nen und Künstler ging und geht es um die Existenz. Wie haben Sie diese Zeit persönlich durchlebt? Ich habe mich während der Pandemie völlig zurückgezogen und im Wesentlichen nur zwischen Wohnung und Atelier bewegt. Sozialkontakte hatte ich in dieser Zeit kaum. Gleichzeitig beschäftigte ich mich mit dem Motiv des „Innehaltens”, ich schaute mir klassische Porträts an, Menschen mit dem Finger im Buch, was für mich ein Innehalten bedeutet. Der Porträtierte schaut den Maler an, das Buch ist geschlossen, und weiterlesen wird er, wenn der Besuch wieder
Hatten Sie in dieser Zeit Kontakt zu anderen Kulturschaffenden ? Während meiner Arbeit an diesem Zyklus fragte ich mich, was meine anderen Kolleginnen und Kollegen eigentlich machen. Hat die Pandemie Folgen für deren Kunstproduktion oder geht das einfach an denen vorbei? Ich sprach darüber auch mit Felicitas Reusch von der Kunstarche, deren 2. Vorsitzenden ich bin, und sie fand das ein spannendes Thema und bat mich, eine Ausstellung zu organisieren. So entstand „Corona Echo”. Wir haben dann die Mitglieder der Kunstarche angeschrieben und die Idee beim BBK kommuniziert. Und plötzlich gab es, zu meinem Erstaunen, zahlreiche Rückmeldungen. Mittlerweile sind es 26 KünstlerInnen, die daran teilnehmen. Dabei habe ich allen deutlich gemacht, dass es in der Ausstellung ausschließlich um künstlerische Reaktionen und Reflexionen zur Pandemie gehen soll, um die Thematisierung der jeweiligen Befindlichkeit. Sie haben die Werke bereits gesehen. Wie ist Ihr Eindruck, wie würden Sie die emotionale Stimmung der Arbeiten beschreiben? Nun es gibt zwar keine sagen wir revolutionäre Positionen, die alles in Frage stellen. Die Werke zeigen persönliche Betroffenheit, thema-
Corona-Echo
Interview mit Bernd Brach 14
WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
tisieren Leiden und Tod, verstehen sich aber auch als ironisch-kritische Anmerkungen. Unter den Arbeiten gibt es Tröstliches, es gibt Künstler, die sich auf ihre Liebe zum Partner beziehen und da eine Rückzugsmöglichkeit gefunden haben. Andere Arbeiten beziehen sich auf die Materialität des Ganzen, auf die Masken, Umhüllungen und Plastikfolien, also auf alles, was die Menschen voneinander separiert, und es gibt Werke, in denen zum Ausdruck kommt, dass die Schutzmaßnahmen überbewertet und Eingriffe in die persönliche Freiheit sind. Diese Bandbreite gibt es in der Ausstellung zu sehen. Wann beginnen die Vorbereitungen? Der Aufbau wird ab 10. November beginnen, die Eröffnung ist am 19. November. Ich organisiere die Ausstellung, werde die Werke in Absprache mit den KünstlerInnen hängen, und erstelle mit einem Graphiker den Katalog.
Die Ausstellung „Corona Echo” wird am 19.November 2021 eröffnet und läuft bis zum 9.Januar 2022. Verpflichtende Anmeldung unter: kontakt@kunstarchewiesbaden.org Telefon: 0611-23 83 86 90 oder 52 53 91. Die Kunstarche befindet sich: Im Rad 42 65197 Wiesbaden www.kunstarche-wiesbaden.org In einem Bericht sagen Sie, dass Sie nun das Bedürfnis nach einem optimistischen Blick nach vorne haben. Haben Sie das bereits künstlerisch umgesetzt? Ja, ich habe mittlerweile noch einen dritten Teil gemacht, weil ich nach über einem Jahr das Bedürfnis habe, optimistisch in eine Zukunft zu schauen, die wir dann hoffentlich haben werden und die vielleicht jetzt beginnt. Diesen dritten Teil möchte ich in einer Einzelausstellung präsentieren, die dieses Jahr im Herbst in der IFAGE stattfinden könnte. Werden wir mit Corona leben müssen, oder wird der Tag kommen, an dem wir sagen: Das ist Geschichte? Diesen Tag kann ich eigentlich noch nicht sehen. Ich verfolge das Thema WIESBADENER
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Bernd Brach
genau, und wenn ich sehe, wie die Mutationen sich entwickeln, wie Teile der Bevölkerung sich verhalten – natürlich ist das Bedürfnis, zusammen zu kommen, legitim. Doch wenn z.B. bei Sportereignissen oder Konzerten viele tausend Menschen nahe beieinander sind, so wird das natürlich Folgen haben, und wir werden weiter damit leben müssen, Abstand zu wahren und in bestimmten Situationen Masken zu tragen. Provokant gefragt: Brauchen Künstler hin und wieder solche Katastrophen, um ihre Kreativität neu zu aktivieren? Es ist sicherlich so, dass KünstlerInnen eigentlich immer die Seismographen der Gesellschaft gewesen sind, die Dinge nicht voraussehen, aber doch in irgendeiner Weise vorwegnehmen durch die Sensibilität, die sie haben. Und was die Gesellschaft tun muss, ist, auf diese Stimmen zu hören. Kai Wolf
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KREATIVES
Dem Schwerpunktthema „Erzählung. Macht. Identität“ widmet sich das Frankfurt LAB in Kooperation mit dem Mousonturm im temporären „Sommerbau“. Die „großen Frankfurter Dionysien 2021“ zeigen den Österreicher Philipp Hochmair als „Jedermann Reloaded“. In der Landeshauptstadt wurde das CORON-Arts-Festival 2021 des Kulturzentrums Schlachthof mit 40.000 Euro ermöglicht. Die Wiesbadener Literaturtage 2021 mit Gastgeber Peter Stamm vom 5. bis 11. September 2021 bekamen eine Finanzspritze von 30.000 Euro.
Vorfreude auf die Blockbusterschau „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden”. KulturfondsGeschäftsführerin Karin Wolff und der Museumsdirektor Dr. Andreas Henning vor dem Jawlensky-Werk „Bildnis der Marianne von Werefkin”.
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b Ausstellung, Musikfestival oder Theaterproduktion - mit seinem Füllhorn an Förderungen setzt der Kulturfonds Frankfurt RheinMain „ein wichtiges Zeichen für die Stärkung der Kultur in Zeiten der Pandemie.“ Kulturfonds-Chefin Karin Wolff betonte schon im Winter: „ Nicht nur die bewilligten Projekte, sondern auch die bereits laufenden, nun gerade ausgesetzten sowie die verund aufgeschobenen Vorhaben geben Hoffnung auf eine Zeit, in der Kultur unser Leben bereichern und als wichtiger Impulsgeber fungieren soll.“ Seit acht Jahren ermöglicht das Programm KUNSTVOLL jungen Leuten den frühen Zugang zu Kultur gemeinsam mit erfahrenen Profis und Institutionen. Der Kreativität sind bei der Projektbewerbung keinerlei Grenzen gesetzt und richtig oder falsch gibt es nicht.
„Die Freude am Tag der Abschluss-Präsentation ist eine echte Belohnung für die Mühe aller Beteiligten!“Und der Strom neuer Ideen von Kulturschaffenden hält an „Es ist einfach gut, zu sehen - egal, wie angespannt und herausfordernd die Lage ist -, wie sie sich intensiv mit der Situation auseinandersetzen und Ansätze suchen, um trotz allem ihre Kunst zeigen zu können“, lobt Karin Wolff. Ob Sprache oder Mix aus Konzert & wandelnder Klanginstallation: Der Kulturausschuss gab mit 2,93 Millionen Euro Grünes Licht für besondere Kulturangebote. Seit Beginn der Pandemie gingen 123 Förderanträge ein von Einrichtungen und Organisationen, die alternative Lösungen und Konzepte fanden. „Durch die Förderung von innovativen, spannenden und kreativen Projekten wollen wir diesen Prozess weiter unterstützen.“
Wiesbaden hat das Jahr 2022 zum „Jahr des Wassers“ erklärt. Die Schau „Wasser im Jugendstil – Zwischen Heilerwartung und Zerstörung“ widmet sich im Museum Wiesbaden seiner heilenden Kraft und seiner „gefährlichen-und geheimnisvollen Seite“ von Mai bis Oktober. „In Wiesbaden man erwartet mich schon“ freute sich ein gewisser Alexej von Jawlensky im Juni 1921 auf seine neue Heimat. Die Blockbusterschau „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ wird durch die maßgebliche Förderung des Kulturfonds ermöglicht. Vom 21. September 2021 bis 27. März 2022 präsentiert das Museum Wiesbaden erstmals das komplette Konvolut von 111 Werken der Öffentlichkeit. Schirmherr ist Ministerpräsident Volker Bouffier. „Bleiben Sie dran, bleiben Sie neugierig und vor allem bleiben Sie gesund an Leib und Seele!“ wünscht Karin Wolff allen Kulturinteressierten. www.kulturfonds-frm.de
Text und Fotos: Gesine Werner
Hoher Stellenwert der Kultur in Zeiten der Pandemie Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main als Sparten verbindendes Fördergremium engagiert 16
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von links nach rechts: Oben: Uwe-Dieter Bleil, Regina Plasswilm, Heiner Schmitz, Petra von Breitenbach Mitte: Romana Menz-Kuhn, Gabrielle Hattesen, Amnon Tischler, Roland Mayer-Petzold, Angela Cremer Unten: Dr. Jörg Daur, Christiane Steitz, Nicole Fehling, Iris Kaczmarczyk, Fotograf: Paul Müller
Vom 12.-22.07.2021 war die Ausstellung „Crossroads” im Rathaus Wiesbaden zu sehen. Die Ausstellung wurde zuvor in Mühlheim/Ruhr gezeigt und wandert zum Jahresende in Wiesbadens Partnerstadt Kfar Saba nach Israel. Insgesamt 23 KünstlerInnen aus allen Ausstellungsorten sind an
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Crossroads Ausstellung mit Hindernissen diesem 2019 begonnen Projekt beteiligt. Coronabedingt wurde die Premiere mehrfach verschoben und startete dann im Dezember 2020 in Mühlheim/Ruhr auch mit Hindernissen.
Der WIESBADENER wird die Ausstellung ausführlich in seiner Dezember-Ausgabe würdigen – dann wandert sie nach Israel.
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KULTOUREN
Die AWO.Kreisgeschäftsstelle im Nerotal wurde erneut durchsucht, diesmal von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die gegen Sozialdezernent Christoph Manjura ermittelt.
Der Rohbau des neuen Museums Reinhard Ernst nach dem Entwurf des japanischen Stararchitekten Maki zeigt seine Gestalt.
Die Skrupellosen vom Stamme Nimm
Der Maki-Bau nimmt Formen an
Der Skandal um die asozialdemokratischen Familienbande der Arbeiterwohlfahrt zieht Kreise
Erste Kunstwerke sind im neuen Ernst-Museum an der Wilhelmstraße eingezogen
Der mühselige Kampf gegen unsozialdemokratische Umtriebe und Vetternwirtschaft der Arbeiterwohlfahrt an Rhein und Main dauert an. Jetzt zieht die Affäre Kreise über Landesgrenzen.
Ein echter Maki als Zuwachs der „Wiesbadener Museumsmeile“ ist zum Blickfang geworden. Die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung definiert das neue Schmuckstück an der Rue mit großem Innenhof. als „ein Museum für Alle“.
„Die AWO ist nicht dieser Skandal“ titelte Ende Juli die Allgemeine Zeitung Mainz. Jens Carstensen, AWOOrtsvereinsvorsitzender Gonsenheim/Mombach und Kreisverbandsvorsitzender Stadt Mainz, beklagt „Austritte deswegen.“ Die Ereignisse in den Nachbarstädten sind „ein Schlag ins Gesicht der vielen, gerade in Pandemie-Zeiten aufopferungsvoll arbeitenden Hauptund Ehrenamtlichen in der AWO.“ Der Kreisvorsitzende möchte natürlich, „dass der ganze Skandal lückenlos aufgeklärt wird und vor allem will ich wissen, wie die Verantwortlichen bestraft werden.“ Es dürften nicht alle in der AWO Engagierten über einen Kamm geschert werden, betont Jens Carstensen: „Weil die AWO eben nicht dieser Skandal ist.“
Ein Bistro wird zur Wilhelmstraße hin einladen, gegenüber lockt der Museums-Shop. Ein Kunst-am-BauProjekt von Katharina Grosse (auch im Museum Wiesbaden vertreten) findet dazwischen Platz. Die renommierte Künstlerin entwirft derzeit mit Derix Taunusstein ihre erste Glasarbeit. Auch ein Wiesbadener Künstler wird vertreten sein mit einer Glasinstallation von HansMartin Hartmann. Sogar die Sprühkunst aus der Dose findet Platz: Die Wände vor den Toiletten werden von Graffitikünstlerin Claudia Walde, alias MadC, farbenfroh gestaltet.
Doch weitere Ungeheuerlichkeiten kommen ans Licht: Die Wiesbadener Ex-AWO-Chefin Hannelore Richter ließ sich im Jahr 2017 Klinikkosten für eine Magenverkleinerung von 11.200 Euro von der AWO sponsern, raffiniert auf 17 Einzelposten verteilt. Zudem ließ sich die einfallsreiche Chefin wohl über Jahre hinweg „Scheinkredite über Mitarbeiter“ als Barauszahlungen in fünfstelliger Höhe an sich selbst auszahlen. Als neuer Verdächtiger gilt Stadtrat Christoph Manjura. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ließ erneut die AWO-Geschäftsstelle durchsuchen. Anfangsverdacht Mandatsträgerbestechlichkeit nach § 108e Strafgesetzbuch. Derweil schickt die AWO Schadensersatzforderungen an Scheinbeschäftigte und hofft auf Rückzahlungen. Positiv zu vermelden ist der Wächterpreis der Stiftung „Freiheit der Presse“ an Birgit Emnet, Olaf Streubig und André Domes für ihre aufklärerische AWOBerichterstattung.im Wiesbadener Kurier. Text und Foto: Gesine Werner
In dem Tageslicht-Atrium soll im kommenden Frühjahr ein mächtiger Baum gepflanzt werden. Der wird dann Nachbar der frisch angekauften Skulptur von Eduardo Chillida aus Wiesbadens Partnerstadt San Sebastian sein. Das geräumige Forum für Veranstaltungen, das überall freie Sicht bietet, ist für 250 Personen gedacht. Insgesamt wurden 2300 Tonnen Stahl verbaut in dem Gebäude, das ohne Stützen konzipiert ist. Der Bau nach dem Entwurf des weltweit renommierten Architekten Fumihiko Maki hat Statiker zu Höchstleistungen angespornt. Im Mai hat sind im Rohbau schon erste gewichtige „Bewohner“ eingezogen. Zwei 6,50 und 6,20 Meter hohe, tonnenschwere Großplastiken aus Bronze von Tony Cragg wurden aus seinem Atelier in NordrheinWestfalen nach Wiesbaden transportiert, vor Ort per Kran und Flaschenzug in Millimeterarbeit an ihren Standort in einer Nische manövriert. Seinen Gründungs-Direktor hat das Museum Ernst Reinhard auch: Oliver Kornhoff, zwölf Jahre lang Chef des Arp Museums Bahnhof Rolandseck sowie sieben Jahre künstlerischer Leiter des Künstlerhauses Schloss Balmoral, wechselt zum Jahresende nach Wiesbaden. Text und Foto: Gesine Werner
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„Ode an Amy Winehouse” trifft antike Pendule aus Frankreich: Künstlerin Claudia Marianna Kutzera trägt ihr Collier „La Soleil” und bereitet mit Uhrmacher-Restaurator Dr. Dietmar Koester die Gemeinschafts-Schau vor.
„Zeitgleich” als Begegnung von Kunst und Zeitmessern Künstlerin Claudia Marianna Kutzera und Uhrmacher Dr. Dietmar Koester mit einer Doppel-Schau im Erbacher Hof Wenn Amy Winehouse zur Teestunde mit Maria Callas erscheint, hat die Stunde einer innovativen Ausstellung geschlagen. „Zeitgleich - Zeit und Kunst“ ist der Titel der Doppel-Schau von Claudia Marianna Kutzera und Dr. Dietmar Koester, die noch bis 2. September im Erbacher Hof zu Mainz zu sehen ist. Antike Zeitmesser aus Deutschland, Frankreich und England der letzten drei Jahrhunderte treten mit Abbildungen der Zeit als Bild, Collage und Objekt in Dialog. „Schöpferische Menschen versuchten seit jeher, sich auf ihre Art mit der Zeit auseinander zu setzen. So ist es kein Zufall, dass bedeutsame Abschnitte unserer Kulturgeschichte mit den Fortschritten der Zeitmessung und der Gestaltung von Uhren in engem Zusammenhang stehen“, wird zur Schau eingeladen. Die innovative Präsentation schlägt eine kulturelle Brücke von Wiesbaden nach Mainz. Sie ist international „das erste Projekt, das die alte Zeitmessung mit dem avantgardistischen Schaffensprozess verbindet.“ Die Begrüßung übernahm als Hausherr Professor Dr. Peter Reifenberg, Konzertpianist Wilhelm Ohmen bereicherte die Vernissage mit wohltemperierten Klängen. International renommiert, zeigte Vielsaitigkeitskünstlerin Kutzera erstmals Werke aus den Jahren 2019, 2020 und 2021 wie die „Ode an Amy Winehouse“, mit antikem Notenblatt, Acrylmalerei und güldenen Engelsflügeln eines Barockspiegels. Das Ölbild „Glück“ kam als Leihgabe von Professor Dr. Platzbecker aus Dresden. Das Objekt „L` heure du thé avec Maria Callas“ steht auf einem antiken Schachbrett. Das Objekt „Die Gedankenmühle“ basiert auf einer Webstuhlspindel. „Der Dienstag kennt keine Langeweile“ weiß ein Pastell. Eine tragbare Eigenkreation ist das Collier „La Soleil“ als guichiertes Ziffernblatt von 1820 mit Goldtopas – ein Erbstück ihrer Mutter, verrät die Künstlerin. Ästhetische „Schmuckstücke“: Ein wahrer Augenschmaus mit eigenem Sound sind die Raritäten in Gestalt von Standuhren wie die Comtoise aus Burgund mit Weckfunktion & Repetitionsschlag, Kamin- oder Empire-Tischuhren aus Wien oder französische Pendulen aus der Zeit Charles X mit Palisander, ZitronenholzIntarsien und Buchsbaum. Die Zeit, in Opern als „sonderbares Ding“ besungen, zum Sehen und Hören. www.antikeuhren-koester.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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„Musik trotz(t) Corona!” Und wie. In der einfallsreichen BenefizKonzertreihe der Wiesbadener Burgfestspiele sorgte Samtstimme Jill Gaylord mit der Five Generations Bigband auf der „Bühne” vor der Fensterfront im Kaisersaal für Furore.
Musik trotz(t) Corona! Samtstimme Jill Gaylord und die Five Generations Bigband zum Benefizkonzert bei den Wiesbadener Burgfestspielen in Sonnenberg Die Sonnenberger Eigengewächse machen weiterhin mobil und setzen ihre kreatürliche Benefizidee im weitläufigen Burghof Sonnenberg und (wetterbedingt) im Kaisersaal fort. „Musik trotz(t) Corona!“ ist die hilfreiche Devise der kostenlosen Konzerte, bei denen um „großzügige Spenden“ für die Musikschaffenden gebeten wird. „Der Wiesbadener Burgfestspiele e. V. möchte gerne freischaffenden Musiker*innen helfen, die Pandemie-bedingt existenziell gefährdet sind.“ Reservierungen sind nicht drin. Abstands- und Hygieneregeln wurden von den ehrenamtlich engagierten Kulturprofis konsequent exerziert. Dem Regen wurde mit kleinen Sitzinseln im Kaisersaal getrotzt. Jazz geht´s los! Eine Bigband wie die „Five Generations“ braucht - auch nach der langen, unfreiwilligen Auftrittspause - Platz. Die Fensterfront an der Längsseite wurde zur „Bühne“. Bei den Kulturtagen Sonnenberg im August 2019 mit Ehrengast Paulo Fornara und im September 2020 mit dem renommierten Jazz-Tastenlöwen Jo Flinner aus Frankfurt waren die „Five Generations“ – aus der Reinhard Diegel-Big Band der Leibnizschule entwickelt – im Burghof zu Gast gewesen. Die klassisch geschulte Jazzröhre Jill Gaylord, die auch samtig kann, mit charismatischem Ausdruck betört und sich wieder als vielsaitige Ausnahme-Sängerin erwies, brachte es sichtlich berührt auf den Punkt: Das Konzert war eine Hommage an die viel zu jung verstorbene Saxophonistin Lisa Steidle. Die Premiere des von Trompeter Martin Wollweber neu arrangierten Songs „I remember Clifford“ ging als Widmung an das Bandmitglied Lisa tief unter die Haut. Der Kaisersaal swingt, wer nicht mitgroovt, ist selbst schuld. Joe Zawinuls legendäres „Birdland“ kurbelt das Kopfkino an, „Unchain my Heart“ lässt sich auch ohne Joe Cocker hören. Gänsehaut bei „Summertime“ mit dem „Moon over Bourbon Street „, der „over the Rainbow“ aufging. Frank-Peter Martin, Nicola Hug-Diegel, „Ersatz-Mann“ Martin Zörb, Jens Steinhorst, M. Wollweber und Patrick Buchroth sorgten für fette Bläsersätze. Torsten Vogt gab den Tastenlöwen, Mario Harlos ließ in der Schießbude die Schlägel tanzen. Joey Becker zupfte am E-Bass einen flotten Darm. Das aktuelle Programm der Burgfestspiele steht auf der neuen Homepage: www.wiesbadener-burgfestspiele.de Text und Foto: Gesine Werner 19
KULTOUREN
Hausherrin Mary Lou Sullivan-Delcroix – “themengerecht” im blauen Kleid – und das Ensemble ihres Treppenconcertos im HinterhofPalazzo:Regisseur Michael Delcroix, Pianist Jürgen Schmidt, Ingrid Ujj-Conrad, Christa Oehrn, Lucie Melville, Kerstin König und Moderatorin Ute Hilgenberg (von oben nach unten).
Maske(n) in Blau und Jugendstil in Wien zum Silberjubiläum Un concerto di Scala als „Treppenkonzert“ im Hinterhof-Palazzo „Die Julischka aus Budapest“ hat bekanntlich „ ein Herz aus Paprika“ und trifft auf Carmen mit dem Evangelimann im Weißen Rössl. Un concerto di Scala geht als „Treppenkonzert“ im HinterhofPalazzo openair über die Bühne. Das Publikum lauscht auf limitierten Sitzinseln, die Nachbarschaft genießt ein BalKonzert. Dem tückischen Virus wird von Mary-Lou Sullivan-Delcroix mit Pfiff begegnet. Die Hausherrin, in das oral historyProjekt des Stadtarchiv-Fördervereins eingebunden, hatte zu „Maske(n) in Blau“ geladen. Boccaccio, Werthers Lotte, Orpheus und Eurydike und barocker Händel-Klang waren dabei. Unter der versierten Regie von Michael Delcroix moderierte Ute Hilgenberg mit Augenzwinkern. Ingrid Ujj–Conrath, Kerstin König, Christa Oehrn und Lucie Melville waren gut aufgelegte Goldkehlchen und Jürgen Schmidt ganz souverän der „Mann am Klavier“. Mary Lou Sullivan-Delcroix kann mit dem HinterhofPalazzo ihr Silberjubiläum feiern. Zum Jugendstil-Jahr 2019/2020 entwickelt, hat ihre Weaner Melange „Jugendstil in Wien – Musik und Literatur“ pandemiebedingt erst jetzt Premiere (4. September und 23. Oktober, 19 Uhr). Mit Konzertpianistin Sigrid Jennes-Müller und Schauspielerin Gabriele Regensburger hat die Ausnahmesopranistin Wort & Klang, Text & Musik inhaltlich verwoben. Alles rankt sich um Liebe, Erotik, Tod. „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding.“ Brettl-Lieder treffen Alma Mahler, Hugo von Hoffmannsthal, Richard Strauss und Arthur Schnitzler. Kennen Sie Robert Franz, Theodor Kirchner oder Adolf Jensen? Schumann und Brahms waren gegenüber den Komponisten-Kollegen des Lobes voll. Am 18. September widmet Mary Lou im Gemeindesaal der Elisabeth-Kirche den ausgefeilten Liederabend „Vergessenen Romantikern“ mit Veronika List, Ingrid UjjConrad, Ute Hilgenberg und Ortwin Trapp. Am Flügel Ute Körner. Die Anmeldung ist zwingend erforderlich unter: info@hinterhof-palazzo.de oder per Telefon unter 0611 – 40 34 64. Text und Foto: Gesine Werner 20
Mit einem Zitat des vor 100 Jahren geborenen Künstlers Joseph Beuys auf dem Banner seiner Rückwand und den „17 Zielen, die unsere Welt verändern” setzt sich das Museum Wiesbaden für eine nachhaltige Zukunft ein.
Mit 17 Zielen zur Nachhaltigkeit Museum Wiesbaden startet Pilotprojekt zur Klimabilanz „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“ Pünktlich zum 100. Geburtstag des Künstlers Joseph Beuys hat das Museum Wiesbaden, bekanntlich im Besitz einer großen Sammlung von Beuys-Werken, mit einem Zitat des Krefelders eine ambitionierte Kampagne gestartet. Das rund 100 Quadratmeter große Banner auf der „Blackwall“ verkündet auf der Rückseite des Museums „17 Ziele, die unsere Welt verändern.“ In Wiesbaden gibt es die Botschaften zur globalen Nachhaltigkeit, die sich die Vereinten Nationen bis zum Jahr 2030 aufs Panier geschrieben haben, „auf Hessisch“. Eine Bierdeckel-Kampagne wurde von Studierenden der Hochschule Fresenius entwickelt. In den 17 Zielen geht es um Klimawandel, Armutsbekämpfung, um fairen Konsum und Produktion. Ein Ziel ist die Geschlechtergerechtigkeit: „Mensche – lebbe un lebbe lasse“. Und die Ungleichheit soll reduziert werden: „Du sollsch dem Annern aach sei Zeusch gönne.“ Ziel Nummer 13 sagt zum Klimawandel:: „Des lebbert sich zesamme.“ Dr. Andreas Henning sieht die wachsende Bedeutung des Themas für sein Haus. Der Museumsdirektor hat mit einer internen Arbeitsgruppe ein Pilotprojekt gestartet: Das Museum Wiesbaden erstellt bis November 2021 eine Klimabilanz. An welchen Orten der Kulturinstitution entstehen Emissionen? Wie groß ist der CO2-Fußabdruck? Die Werbefahnen (auch das Banner) bekommen ein zweites Leben. Sie werden zu Taschen genäht und im Museums-Shop verkauft Kataloge gibt es jetzt ohne Plaste-Folie. „Wenn die Zukunft erfunden werden muss, bedeutet das doch, dass jede und jeder Einzelne etwas tun muss.“ Der Museumsleiter sieht die Botschaften praktisch. Hochwertige Bildung ist ein Kernanliegen: „Was Hänssche scho lernt, waas de Hans immer noch.“. Der hessische Schirmherr Dr. Winfried Gastl betont als Präsident der IHK Wiesbaden: „In Zeiten wie diesen ist es wichtig, Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Generationen zu denken.“ Anke Trischler, Vorsitzende im IHK-Ausschuss Nachhaltige Wirtschaft, plädiert für Nachhaltigkeit im Alltag. Nach dem Auftakt zu diversen Aktionen und Projekten holte das Museum den „Omnibus für eine direkte Demokratie“ vom Freudenberg. Auch die Devise des Internationalen Museumstages 2021 zeigte sich auf der Höhe der Zeit: „Museen inspirieren die Zukunft“. Mehr Infos unter www.museum-wiesbaden.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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Christel Lechner und Laura Lechner
ALLTAGSMENSCHEN Skulpturenschau in Eschborn bis 24.10.2021
Copyright: Atelier Lechnerhof
Mit Audiowalk zur Ausstellung unter www.eschborn.de Veranstalter: Magistrat der Stadt Eschborn
Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert die ����������������Alltagsmenschen in Eschborn.
Getragen wird der gemeinnützige Fonds vom Land Hessen, von Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-Taunus-Kreis, Darmstadt, ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ www.kulturfonds-frm.de / Facebook / Instagram / Newsletter
KULTUR
&
KREATIVES
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isher hinterließ die Pandemie an der ARTe Kunstmesse in Wiesbaden nur wenig Spuren. Im Herbst 2019 war Premiere, es folgte im Herbst 2020 die zweite Ausgabe als einer der letzten Kunstmessen in Deutschland vor dem Lockdown, und nun geht die ARTe nach der Sommerpause bereits in die dritte Runde. Die dritte Ausgabe der ARTe in Wiesbaden findet vom 10. Bis 12. September 2021 in dem nun schon fast traditionellen Ausstellungsambiente des RheinMain CongressCenters statt. Wie im Vorjahr bespielen mehr als 100 Galerien und Künstler*innen die 5.000 qm der Nordhalle und des Foyers und präsentieren jüngste Positionen zeitgenössischer Kunst aus ihren Portfolios.
Katharina Gierlach, Cesky Krumlov, 2021, Öl auf Leinwand, 100 x 90 cm (courtesy DavisKlemmGallery)
Fortsetzung folgt: Die ARTe Wiesbaden geht in die dritte Runde ARTe Wiesbaden im RheinMain CongressCenter
Die ARTe Wiesbaden findet vom 10. Bis 12. September 2021 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden statt. Den Auftakt bildet die Vernissage am 10. September von 17 bis 21 Uhr. Am Samstag ist die Messe von 11 bis 20 Uhr geöffnet, am Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt für Erwachsene beträgt 15 €, ermäßigt 10 €; für Kinder unter 16 Jahren in Begleitung Erwachsener ist der Eintritt frei. Mehr Informationen auf: arte-kunstmesse.de/wibesuchen Zeitgenössische Kunst im Erlebnisformat für die Region Rhein-Main: Drei Tage lang lädt die spritzige Kunstmesse ARTe im RheinMain CongressCenter im Herzen von Wiesbaden zum Flanieren durch ihr breit gefächertes Angebot an Gegenwartskunst ein. Skulpturen, Gemälde, Graphiken, Fotografie... die ARTe zeigt in einer offenen, innovativen Messearchitektur die Bandbreite zeitgenössischer Kunst. Auf 5.000 qm präsentieren mehr als 100 Galerien und Künstler*innen aus der Rhein-Main Region, dem In-und dem Ausland ihre aktuellen
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KULTUR
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KREATIVES
Positionen. Die Besucher erwartet junge, freche Kunst, geschaffen von einem „Meistermix” aus fest im Markt verankerten Künstlern, verwegenen Newcomers und vielversprechenden Talenten. Die ARTe Wiesbaden – ein inspirierender Boulevard der Gegenwartskunst in der Rhein-Main-Region. „Nach Monaten der Entbehrung können Kunstveranstaltungen nun endlich wieder stattfinden”, freut sich Andreas Kerstan, Geschäftsführer der ARTe Kunstmessen und weiter:„Galerien, Künstler und Kunstinteressenten haben sehnsüchtig auf eine Normalisierung des Kunstbetriebs und damit auch auf Kunstmessen wie die ARTe gewartet”. Zur Normalisierung gehört für die in Sachen Pandemie erfahrenen Veranstalter wieder das erprobte und professionelle Hygienekonzept des Vorjahres und vor allem, dass Besuche der ARTe völlig unkompliziert sind. „Als Teil des Sicherheitskonzepts haben wir die ARTe um zwei Wochen gegenüber dem Vorjahr vorgezogen und nun erfassen wir lediglich die Kontaktdaten der Besucher, und in den Innenräumen ist das Tragen einer Maske erforderlich, das ist alles!”, so Kerstan.
oben: Hein Spellmann, Ministerium 2, 2018, Silikon, Acryl, CLC-Print, Schaumstoff, Holz, 52 x 56 x 9 cm (courtesy DavisKlemmGallery) unten: Anke Rohde, Shanghai Cake Shop, 2019, Öl auf Leinwand, 60 x 60 cm, Foto Anke Rohde | Wiesbaden
Das Teilnehmertableau der ARTe Wiesbaden ist wie in den Vorjahren ein bewusst zusammengestellter Mix aus regionalen und von weiter herkommenden Galerien und Künstler*innen: „Ein wichtiges, charakterstiftendes Merkmal der ARTe ist die paritätische Präsenz von regionalen Galerien und Künstlern”, so Kerstan. „Und deshalb freuen wir uns besonders, dass in dieser Ausgabe gleich mehrere Wiesbadener Galerien erstmalig an der ARTe teilnehmen.” Die Erfolgsbiografien der ausgestellten Künstler*innen sind so mannigfaltig wie die Kunst, die sie zeigen: „Es ist das ganze Spektrum”, führt der Geschäftsführer aus, „vom etablierten Kunstmaler bis hin zum frechen Novizen der Szene – genau dieses Zusammenspiel wollen wir haben, es ist die spezifische DNA der ARTe”. Den Auftakt der Messe bildet eine feierliche Eröffnung am frühen Abend des 10. September. WIESBADENER
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KREATIVES
Grundsteinlegung am 4. April 1965, Foto: Sammlung Jüdische Gemeinde Wiesbaden
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m Dezember 1946 entzündete Captain William Dalin, amerikanischer Soldat und Rabbiner, anlässlich der Wiedergründung der Wiesbadener Gemeinde die Kerzen des Chanukka-Leuchters in der Synagoge. In den vergangenen 75 Jahren hat sich sehr viele getan. Die 14. Ausgabe von „Tarbut – Zeit für jüdische Kultur” fällt in eine herausfordernde Zeit – für Künstlerinnen und Künstler, wie auch für alle, die Veranstaltungen organisieren. Auftakt der diesjährigen Veranstaltungsreihe ist die Eröffnung der digitalen Ausstellung „Jüdisches Wiesbaden – zwischen Neubeginn, Zuversicht und Tarbut — Zeit für jüdische Kultur” am 25. August 24
um 19 Uhr. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Wiesbaden wird die Jüdische Gemeinde ihre Nachkriegsgeschichte erzählen.
Am 27.Oktober lädt die jüdische Gemeinde zu dem Werkstattgespräch „Gesher – Perspektivwechsel 1869 – 1938 – 1946” ein. Ziel des vom Verein 321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und der Landeshauptstadt Wiesbaden geförderten Projektes „Gesher” (hebr. Brücke) ist, die 1938 zerstörte Synagoge am Wiesbadener Michelsberg als Augmented und Virtual Reality zu visualisieren. Rund um das prächtige Gebäude bietet „Gesher” Eindrücke und Informationen über jüdisches Leben am Ende des 19. Jahrhunderts und baut die Brücke zu heute: Die Zerstörung der Synagoge markierte den Beginn der Shoah. Jüdisches Leben sollte ausgelöscht werden. „Gesher“
Bis 8. September sind im Rahmen der Ausstellung im Rathausfoyer außerdem historische Fotografien zum Thema zu sehen. Den Livestream zur Eröffnung findet man unter: www.jg-wi.de/tarburt; online ist die Ausstellung ab dem 25. August unter www.juedischegeschichte-wiesbaden.de zu sehen. Das diesjährige „Tarbut”-Programm ist wieder gespickt mit spannenden Aufführungen; Künstlern und Themen, von denen im Folgenden einige nennen möchten. WIESBADENER
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KULTUR
Sistanagila, Foto: © Nikolaj Lund
1946 konnte es in Wiesbaden wieder entstehen. Das Werkstattgespräch bietet erste Einblicke in die noch bis Ende des Jahres laufende Projektarbeit. Am 7. November wird unter dem Titel „Heimat – eine emotionale Sandgeschichte” mit imposanten Bildern die Geschichte der Juden in Deutschland erzählt. Die Geschichtserzählung wird von stimmungsvoller Musik untermalt. Eine Geschichte von Licht und Schatten — einmalig und eindrucksvoll. „Heimat – eine emotionale Sandgeschichte” wurde vom Regisseur und Produzent Dimitrij Sacharow inszeniert. Am 28. November malen der jiddische Troubadour Daniel Kahn und die Videokünstlerin Yeva Lapsker eine musikalische und visuelle Landschaft der jüdischen Diaspora durch die Epochen. Uralte und neue Balladen, Mayses (Jiddisch: Erzählungen), lyrische Nachdichtungen und Poesie, verwebt mit projizierten Bildern, Übertiteln, Landkarten und atmosphärischen Videos, bereisen die ewigen Wege des jüdischen Goles (Exils). WIESBADENER
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KREATIVES
Daniel Kahn & Yeva Lapsker, Foto: © Oleg Farynyuk
Am 12. Dezember begeben sich die iranisch-israelischen Musiker auf eine weitere faszinierende Musikreise: In ihrem zweiten Album „Urub” (Persisch: Sonnenuntergang) besinnt sich Sistanagila auf zwei zentrale Elemente ihres musikalischen Schaffens: Jazz und Klezmer! Beide Musikstile entstanden aus einem marginalisierten kulturellen Kontext heraus und zeichnen sich durch eine vergleichbare Sensibilität und Tiefgründigkeit aus. Getragen durch diese Tradition ergründet Sistanagila Klezmer in seinen modernsten Formen. Fusioniert mit feinfühligen Jazzklängen entsteht eine kühne Musik, die in ihrer Eklektik und Innovation zwei seelenverwandte Musikwelten und -kulturen zelebriert.
als Blütezeit des deutschen Films gilt, ist auch zahlreichen jüdischen Filmschaffenden zu verdanken – was heute größtenteils in Vergessenheit geraten ist. Im Rahmen der Kooperation wird es möglich sein, diese Filme wieder zu entdecken. Alle Infos unter: www.jg-wi.de Wichtig: Alle Veranstaltungen finden unter dem Vorbehalt des weiteren Verlaufs der COVID-19Pandemie statt. Die aktuellen Hygienebestimmungen findet man auf der Website.
Sandgeschichten, Foto: © by Sandartisten
Zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland” hat die Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung die Filmreihe „Jüdische Filmschaffende im Kino der Weimarer Republik” aufgelegt. Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden Klassiker der Kinogeschichte wie der expressionistische Psychothriller DAS CABINET DES DR. CALIGARI oder die legendäre Tonfilmoperette DER KONGRESS TANZT. Dass das Weimarer Kino 25
KULTUR
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KREATVES
Stand Galerie Bengelsträter, Foto: Stefan Maria Rother
Garantiert einen Besuch wert: Die Kunstmesse Discovery Art Fair Frankfurt Jean-Pierre Kunkel, Pool No 22
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om 4. bis 7. November kehrt die Discovery Art Fair zum vierten Mal auf das Frankfurter Messegelände zurück. Sorgfältig ausgewählte Galerien, Projekte und SoloShows von Einzelkünstlern verwandeln die neugebaute Messehalle 12 vier Tage lang in ein pulsierendes Kunstuniversum. Die internationale Kunstmesse bringt seit 2018 frischen Wind in die Kunstszene der Rhein-MainRegion und entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer der maßgebenden Messen für aufstrebende Kunst im europäischen Raum. Für Sammler und Kuratoren gilt sie als wichtige Entdeckerplattform für Newcomer und kommende Talente. Hier können sich Kunstliebhaber und Fachpublikum einen umfassenden Überblick über das Marktgeschehen und die aktuelle Kunstproduktion verschaffen. Vor allem aber bieten die Messekojen der über 100 nationalen und 26
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KULTUR
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KREATIVES
internationalen Aussteller reichlich Gelegenheit, Tausende einzigartige Werke junger und etablierter Kunstschaffender zu erleben und direkt zu kaufen. Auch dieses Jahr sorgen unter anderem Top-Galerien aus Italien, Griechenland, Österreich oder Russland für internationales Flair. Mit Teilnehmern aus Lettland, den Arabischen Emiraten oder dem Iran richtet die Entdeckermesse aber ihren Blick ohne Berührungsängste auch auf hierzulande weniger bekannte künstlerische Positionen. Zu den Highlights gehören mit Sicherheit auch der erstmalige Messeauftritt der Kölner Galerie 30works, die zu Deutschlands führenden Vermittlern für Urban Art zählt, sowie die große One-Artist-Show des georgischen Künstlers Konstantin Totibadze, dessen großformatige, sinnlich komponierte Öl-Leinwände bereits in bedeutenden Sammlungen, wie dem Moscow Museum of Modern Art vertreten sind. Neben einer großen, sorgfältig kuratierten Auswahl an Neuentdeckungen zeigt die Künstlerliste natürlich auch relevante Namen der Gegenwartskunst wie „NagelKünstler” Günther Uecker, Aktionskünstler Hermann Nitsch oder die für ihre hyperrealistischen Skulpturen gefeierte Carol Feuerman. Vor allem aber erwartet das kunstinteressierte Publikum wieder viel Innovatives, Ideenreiches und Überraschendes. Ob mittels 3D-Drucker hergestellte Skulpturen, mit Leinwand bespannte Skateboards oder mit unserer Wahrnehmung spielende Portraits aus 16.000 präzise gesteckten Holzstäbchen, ob ungewöhnliche Materialien oder experimentelle Techniken, diese Messe bietet viel Platz für Kunst, die Grenzen verschiebt und neue Wege geht. Unzählige künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten sind an den Ständen vertreten. Die Bandbreite reicht von klassischer Malerei und Zeichnung über Skulpturen und aufwendige Installationen bis zu Fotokunst, Druckgrafiken und Urban Art. Gerade für junge Sammler, Kunsteinsteiger und Gelegenheitskäufer bietet die Verkaufsschau auch im günstigeren Preissegment ein umfangreiches Angebot an Künstlern und Werken. Die Größe der Halle ermöglicht, wie schon im vergangenen Jahr, WIESBADENER
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Karen Shahverdyan, Flamingo, ©INGALLERY
eine Auflockerung durch großzügige Skulpturenplätze und die Präsentation von großformatigen Arbeiten. Außerdem erwarten Besucherinnen und Besucher täglich stattfindende, kostenlose Kuratorenführungen über die Messe sowie die Möglichkeit mittels einer innovativen Web-App viele Hintergrundinformationen zu den ausgestellten Kunstwerken zu erhalten. Alle Kunstfans, die in einen Dialog mit Künstlern und Galeristen treten wollen und ein einzigartiges Original suchen, sind herzlich eingeladen, am besten vorab ihr Online-Ticket zu buchen, denn die maximale Besucherzahl ist begrenzt. Außerdem lautet der Apell der Veranstalter an alle Kunstliebhaber, gerade jetzt durch den Kauf eines kleinen oder auch großen Kunstwerkes die Kunstschaffenden zu unterstützen und ihr Zuhause mit ihrem neuen Lieblingswerk zu
verschönern. Discovery Art Fair Frankfurt 5. – 7. November 2021 Opening (für geladene Gäste) 4. November 2021 Messe Frankfurt Halle 12 Ludwig-Erhard-Anlage 1 60327 Frankfurt am Main Öffnungszeiten: Freitag – Samstag: 11:00 bis 20:00 Uhr Sonntag: 11:00 bis 18:00 Uhr Eintrittspreise: Tagesticket inkl. Katalog 20 € ermäßigt 15 € Online Tickets & weitere Informationen: discoveryartfair.com 27
Andreas Petzold
Tatorte Kunst 2021 am 30. + 31. Oktober 2021 13. Kunstrundgang Wiesbaden-Mitte und Rheingauviertel-Hollerborn am 30. und 31. Oktober 2021, 12 – 18 Uhr Künstler:nnen und ihre Ateliers, Schauräume, Aktionsstätten und Werkstätten sind in den Vierteln Rheingauviertel und Wiesbaden-Mitte am letzten Wochenende des Oktobers Bewegungsmotor für Kunstliebhaber, Kunst- und Kulturinteressierte.
der Arbeiten hängt zeitgleich in der Pop-Up-Galerie im Musikpavillon auf der nordfriesischen Insel Föhr. Durch scannen des QR-Codes der Wiesbadener Arbeiten können sich Kunstinteressierte direkt in die Ausstellung auf Föhr einloggen.
Der etablierte Kunstrundgang findet in 2021 an beiden Tagen des letzten Wochenendes im Oktober statt. Tatorte Kunst ist zugleich der Zusammenhalt und die Verbindung unter den Künstler:innen und auch die Verbindung mit der Nachbarschaft. Die Künstler:innen Wiesbadens tragen zu pulsierendem Leben in der Stadt bei und übernehmen so eine große Verantwortung für die Viertel.
Ein neuer Zuwachs ist der Künstler Uwe Kraus-Fu. Er ist Schauspieler am Staatstheater Wiesbaden und seit letztem Jahr Mitglied bei Werkstätten im Kunstraum E14, wie auch die Ölmalerin mit Naturimpressionen Andrea Frank. Mit dem Projekt „Kunst tragen" von Birgit Reimann machen die drei das Viertel lebendiger!
Jochen Schnepf, Bernd Schneider, Andrea Frank, Heidi W. von Nyloneuter und Mireille Jautz organisieren die Tatorte Kunst; neu im Orgateam ist der aus Nizza stammende Maler Bruno Zaid. Andreas Petzold wird am 30.und 31.10.2021 mit seinen virtuellen und analogen Arbeiten "Glaube-Liebe-Hoffnung – der Seemann als Pop-Art-Symbol" – im Schaufenster des Al Gusto vertreten sein. Der größere Teil 28
Neu in diesem Jahr ist die Gemeinschaft „Mixed Pickles" im Kinder-Atelier des Vereins „die Kunstwerker". Die drei Künstlerinnen Ulrike Lange, Petra Kube und Julia Isterling zeigen Arbeiten, die sich an Formen der Natur anlehnen. Bernd Schneider musste dieses Jahr mit Anna Bieler und Mareike Buchmann ihr gemeinsames Atelier in der Jahnstraße verlassen und wird im Atelier O18 in der Konzeptschneiderei von Claudia Zimmer seine frischen Arbeiten präsentieren. Anna Bieler zeigt im Rahmen der WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
Gemeinschaftsausstellung des BBK in der Marcobrunnerstraße eine Arbeit. Dort finden sich weitere Arbeiten im Format von 40 x 40 von Petra von Breitenbach, Reiner Strasser und Jochen Schnepf . Bruno Zaid wird in diesem Jahr mit seiner Malerei auf Bodenteerbasis im Atelier der Fotografin Iris Kaczmarczyk ausstellen. Ihre Rauminstallation, eine fotografische Bodenarbeit, die vom Besucher betreten werden soll, zeigt einen fotografierten Maskenteppich, von achtlos weggeworfenen Mund- und Nasenbedeckungen.
oben: Petra Kube, keramisches Objekt
unten: Urban Sketchers Rhein-Main, D. Robinski
Auch in diesem Jahr zeigt sich die Kunstwerkstatt Wiesbaden mit einer Schaufensterausstellung. In fantastischer Präsentation sehen die Besucher Zeichnungen von verschiedener Industriekultur der „Urban Sketchers Rhein-Main", ein weltweites Netzwerk von Zeichner:innen, die gemeinsam vor Ort skizzieren und sich online über ihre Zeichnungen und Erlebnisse austauschen. Katja Rosenberg ist für den Wiesbadener Standort Ansprechpartnerin und auch Gastgeberin bei den Tatorten Kunst 2021. Weitere Künstler: Fotograf Benjamin Semm – mit dem Thema Architektur, Richard Seelbach, der mit Malerei im Atelier von Mireille Jautz zu Gast ist. Mireille Jautz mit ihrem neuen Projekt „Remix" und ihre von der hessischen Kulturstiftung geförderten „Kunstpakete – sent with love". Christa Göppert – mit Malerei und aktuellen Papierobjekten, die mit dem Thema Risse und Spalten auf ihre intensiven Erlebnisse in kargen Gletscher- und Eislandschaften zurückführen. Wolfgang Gemmer ist zu Gast bei Christa Göppert und sagt „Bei all der Verehrung darf etwas Humor nicht fehlen". Dieter Knobloch`s Interessen bewegen sich an Zeichen und Kommunikationsformen, Eva van der Horst zeigt poetisch abstrakte Collagen, Erika Glanzer & Tina Bender kommen mit dem Makro-Objektiv der Natur auf die Spur, Heidi Bastian zeigt Ölbilder, die gemacht sind für einen Blick, der sich Zeit nimmt, bei Nora Katthöfer werden Hintergründe zu Vordergründen, Jochen Schnepf ist getrieben von der Sehnsucht nach Leichtigkeit, nach Geschichten ohne Drama und nach schwelgerischen Farben. Uta Weil malt Landschaften, und Yoshiko Romppel knüpft mit ihren „Kokeshi" an ihre kulturellen Wurzeln an. Eva Heinelt – alias Isleva, widmet sich der abstrakten Malerei, in der sie Emotionen und Eindrücke ihrer Reisen einfließen lässt, Christian Hain bewewgt sich von der Komposition zur Kompensation, Roman Mikos führt den Betrachter in seinen Arbeiten auf eine spannende Reise in abstrakte Farblandschaften, Rosi Ilona Woiczechowski hat sich auf die Encaustic Technik spezialisiert, hofdreiundzwanzig – ein Künstlerkollektiv aus Frank Bielefeld, Michael Schmidt, Ulrike Sturm und Sabine Wittmann präsentiert Werke, die im Kollektiv entstanden sind, Willi Schmidt zeigt wunderbare Skulpturen in der Galerie Nero. Mit dabei auch die Galerie Pokusa, das Frauenmuseum und die Galerie H22, die das Wiesbadener Fassadenprojekt "Kopf hoch" mit 6 Fotografen*innen und 53 sehr unterschiedliche Fotoarbeiten sowie neue Skulpturen von Susann Geel zeigt. Alle Infos auf: www.tatorte-kunst.de Tatorte Kunst ist den Sponsoren Kulturamt Wiesbaden, der NASPA, der SV Sparkassenversicherung, dem Ortsbeirat Wiesbaden-Mitte und dem Ortsbeirat Rheingauviertel-Hollerborn zu Dank verpflichtet. Die Sponsoren unterstützen Kunst und Kultur und ermöglichen mit ihrem Engagement auch die Gestaltungsfähigkeit Wiesbadens.
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Emad Korkis in Aktion
„Ich sehne mich nach dem Licht, der Wärme, der Geborgenheit, wie sich jeder nach etwas sehnt, das er unwiederbringlich verloren hat. Es ist das Land meiner Kindheit, Mesopotamien, von dem ich träume. Die Weizenfelder auf der Farm meines Großvaters strahlen golden bis zum Horizont, wo sie den leichten blauen Himmel berühren, und in denen zahllose Geschichten verborgen sind. Es liegt eine besondere Stimmung über dem Land, leise Geräusche von über die Ähren streichendem Wind, Vögel, die sich im Baum um den besten Platz streiten…“ In den Werken von Emad Korkis kann man unmittelbar diese Empfindungen, die Sehnsucht nach Licht und Wärme spüren. Er arbeitet mit Materialien, die er an allen Orten in der Natur entdeckt, und in denen er eine geheime und ursprüngliche Energie wähnt, die alle Lebewesen miteinander verbinden. So bringen die Materialien selbst ihre Energie in die Bilder ein. „Ich bin überzeugt, dass die Natur mit uns im Dialog ist“, sagt Emad Korkis. „Der Code alles Lebendigen liegt auch in jedem Stein.“ Seine Bilder setzt Emad Korkis als Gegenspiegelung einer sich verhärtenden immer globaler und rücksichtsloser werdenden Gesellschaft. Städte scheinen in seinen jüngsten Werken zerstört, die Felder sind abgeerntet, die Erde WIESBADENER
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bricht auf. In seinem Bild „The Day After“ ist die Wahrnehmung fast fotorealistisch. Erst beim Näherkommen sieht man die Erdkrumen, die Rinde und die Steine. Nur die Natur kann uns schützen, ist seine Überzeugung. Die kleinsten Lebewesen – Keimlinge – will Emad Korkis ins Licht und in die Aufmerksamkeit bringen. Seine strahlend weißen Skulpturen fallen auf, sind anrührend und schützenswert. Den Entstehungsprozess seiner Arbeiten für die Serie CODE ALLES LEBENDIGEN hat die Wiesbadener Fotografin Monika HOUCK sensibel mit ihrer Kamera begleitet. „So unterschiedlich die Themen der Bilder und Skulpturen von Korkis sind, erkennt man dennoch die unverwechselbare ästhetische Handschrift mit der Emad Korkis seine Werke schafft, er ist ein Meister seines Fachs und darin stets bei sich“.
Korkis 2008 nach Deutschland. Seit 2015 lebt und arbeitet Emad Korkis in Wiesbaden und hat sich in der regionalen Kunstszene einen Namen gemacht. Er hat im Kunsthaus, im Rathaus und in Galerien ausgestellt. Eine andere für ihn wichtige Erfahrung waren Kunstprojekte mit Jugendlichen z.B. „Schüler entdecken zeitgenössische Kunst 2016“ Im NKV und das Projekt GLÜCK im Kunsthaus. Eröffnung der Ausstellung ist am 3. September um 17 Uhr und läuft bis 3. Oktober 2021. Kontakt: Galerie H22 Reinhard Berg Foto@reinhard-berg.de Tel.: 0173 3014770 Kontakt Künstler: www.emadkorkis.com emadkorkis@yahoo.de Tel.: 0176 98356423
Nach seinem Diplom 2005 an der Fakultät der Schönen Künste der Universität Damaskus kam Emad
CODE ALLES LEBENDIGEN The Code of Begins H22 stellt aus: EMAD KORKIS 31
KULTUR
&
KREATIVES
„Maskenteppich“, Iris Kaczmarczyk
Ein Auge für das Wesentliche!
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in gutes Auge für Situationen hatte die Wiesbadener Fotografin und Fotokünstlerin Iris Kaczmarczyk schon immer. Während der Pandemie kamen neue Sichtweisen hinzu. „Die Idee zu „Maskenteppich” entstand, als mir bewusst wurde, wie achtlos Menschen Corona-Masken in die Natur werfen oder auf der Straße verlieren und dort liegen lassen. Ich begann, weggeworfene Masken aus nur einer Perspektive zu fotografieren”, so die Künstlerin. Die so entstandenen Fotos wurden
am Rechner zu einer Art Teppich zusammengefügt. Ausstellungen in 2020/21:
2021* Artists House, Kfa Saba, Israel, „CROSSROADS” 2021* Projektraum KUNST Wiesbaden, 2021* Kunstarche Wiesbaden “Corona Echo” 2021* Tatorte-Kunst “Maskenteppich” 2021* Nationalpark Harz, Sankt Andreasberg, “NATUR UND MENSCH” 2021* BBK – “CROSSROADS”, Rathaus Wiesbaden 2020* “CROSSROADS”, Kath. Akademie, Mühlheim/Ruhr 2020 BBK – “Goldwert”, BBK SCHAUstelle Wiesbaden 2020 Tatorte-Kunst, Wiesbaden, Symmetrie der Wahrnehmung 2020 Künstlergruppe50 Wiesbaden – “Heimat” – sam Stadtmuseum am Markt, Wiesbaden 2020 BBK – “NEUE ADRESSE” BBK SCHAUstelle Wiesbaden 2020 “Ein Wochenende voller Kunst” zwei Künstler in der Kunstwerkstatt 2020* BBK – 40 hoch2 Rathaus Wiesbaden, “NATÜRlich” *Gemeinschaftsausstellung
Mit der Aktion möchte sie sowohl auf die Folgen für die Umwelt aufmerksam machen, als auch auf die Achtlosigkeit, mit der sich dieses besonderen Mülls entledigt wird. Die Installation wird auf dem Boden ausgelegt und darf wie ein “Teppich” betreten werden. 32
Die Größe des Maskenteppichs ist variabel und wird dem jeweiligen Ausstellungsraum angepasst. Das Kunstwerk ist sozusagen als ständiges „Work in Progress-Projekt” zu sehen und wird von der Künstlerin beständig bearbeitet. Zu sehen ist der „Maskenteppich” in folgenden Ausstellungen: – Nationalpark Harz 27. Kunstausstellung „Natur/Mensch” Vernissage: 18.09.2021 19:00 Uhr vom 19.9.-31.10.2021 www.nationalpark-harz.de/ de/kunstkultur/kunst-naturmensch/ – Tatorte-Kunst 2021 30.10.-31.10.2021 12:00-18:00 Uhr www.tatorte-kunst.de – Kunstarche Wiesbaden „Corona-Echo” Vernissage: 19.11. 2021, 18.00 Uhr, von 20.11.– 09.01.2022 Verpflichtende Anmeldung unter 0611 23 83 86 90 oder 0611 52 53 91 www.kunstarche-wiesbaden.org Mehr zu Iris Kaczmarczyk: www.fotografie-kaczmarczyk.de Preise und Stipendien: Stipendium: 2021 Brückenstipendium der Hess. Kulturstiftung, Wiesbaden Preis: 2017 „Best Mediterranean Cuisine Book in Germany”, Foodfotografie WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
2020 und 2021 waren auch für Petra von Breitenbach besondere Jahre. Die Wiesbadener Künstlerin setzt sich in ihren Arbeiten stets mit (von innen, wie von außen) aktuellen Themen auseinander. Themen, die entweder in ihr aktuell sind, oder eine äußere Aktualität besitzen. Die Pandemie vereinte nun sowohl die innere, wie die äußere Aktualität. Corona bestimmt(e) unser Leben und macht etwas mit den Menschen. Der anfänglichen Unsicherheit im Umgang mit der Pandemie und der daraus resultierenden Mangelwirtschaft ab Mitte März 2020 ist inzwischen einer gewissen „Normalität” gewichen, wie die Künstlerin für sich feststellt. Privat und persönlich war sie durch die Maßnahmen natürlich eingeschränkt. Als Künstlerin aber war sie von den Einschränkungen in ihrer direkten Arbeit weniger betroffen, da sie von ihrem Atelier aus arbeiten kann. Zunächst arbeitete sie weiter an ihrem Buch (Petra von Breitenbach, Werkkatalog 1981 – 2021, arealeArtis, ISBN: 978-3-00-068785-3), das inzwischen erschienen ist und in der Dezember-Ausgabe des WIESBADENER eine besondere Würdigung erfahren wird. Im Januar 2021 entstand eine Serie von Tagebuchzeichnungen mit schwarzem Edding, in dem sich die Stimmung der Künstlerin anlässlich der vielen Toten in Italien widerspiegelte. Privat traf auch sie die Einsamkeit! Durch die drastischen Kontaktbeschränkungen waren Familien- und
„Paraphernalien” / embodied emptiness”, Foto: Iris Kaczmarczyk Wiesbaden
Wenn Kunst ihren Weg findet... Freundesfeste und –treffen nahezu ausgeschlossen. Aber die Vorbereitungen auf die kommenden Projekte liefen unbeirrt weiter. Jede(r) glaubte und hoffte auf baldige „Normalität” oder zumindest auf die Möglichkeit, Kunst und Kultur wieder stattfinden zu lassen. Schließlich war ein Impfstoff in Sicht. Alle Ausstellungen haben stattgefunden, zum Teil allerdings mit großen Hindernissen oder erheblicher Verspätung.
„Paraphernalien” / embodied emptiness”, Foto: Iris Kaczmarczyk Wiesbaden
Die Ausstellung crossroads in Mühlheim/Ruhr wurde unmittelbar nach dem Aufbau wieder geschlossen (in Wiesbaden konnte die Ausstellung ein Vierteljahr später gezeigt werden), und der Film „Kunst als Schlüssel zur Existenz” der Regisseurin Stella Tinbergen über die Künstlergruppe50 wurde zwar rechtzeitig zum 70jährigen Jubiläum fertig, wurde aber bisher ausschließlich den Mitgliedern der Gruppe50 gezeigt. Nach der düsteren Tagebuchserie im Januar 2021 verwirklichte Petra von Breitenbach im weiteren Jahresverlauf das Projekt „Paraphernalien” / embodied emptiness”. Hierbei handelt es sich um zwanzig gipsversteifte Kindertextilobjekte, weiße, kokonartige Gebilde. „Die Kinder werfen den verstorbenen Erwachsenen ihre verlassenen Kokons ins Grab, verziert mit einem Strauß Rosen. Kinder stehen heute auf, sie schalten sich ein, fordern Verantwortung von den Erwachsenen”, so die Intention der Künstlerin zu diesem Projekt, das ab November in der Kunstarche Wiesbaden zu sehen sein wird. Mehr über Petra von Breitenbach unter: www.petra-von-breitenbach.de
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KULTUR
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KREATVES
Descruction
Lockdown
Beginning
Kunst in Zeiten der Pandemie
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uch die Kunst von Anna Bieler ist – wie von eigentlich allen KünstlerInnen – stark von der Pandemie geprägt – wie könnte es auch anders sein. Die Wiesbadener Künstlerin hat so im Rahmen des Arbeitsstipendiums der Hessischen Kulturstiftung in diesem Jahr drei großformatige Leinwandarbeiten (jeweils 210x150 cm) geschaffen, die sich mit der Situation unserer Gesellschaft während der Pandemie befassen. Das erste Bild Destruction thematisiert das sich Auflösen und die Zerstörung des uns Gewohnten. In dem zweiten geht es um den Lockdown, um das Zuhause bleiben, den Stillstand, um Angst und den Verlust der eigenen Identität. Als drittes Bild entstand Beginning, in dem ein hoffnungsvoller Ausblick sichtbar wird. Daneben sind während einer vierwöchigen Quarantäne kleinformatige Arbeiten entstanden, die sich zum Teil auf heitere Weise mit der Pandemie befassen. Aktuell arbeitet Anna Bieler an einer „Kleinen Geschichte der Pandemie", einer Serie kleinerer Formate, in denen sie die verschiedenen Aspekte thematisiert, die im Laufe der Zeit sichtbar wurden: zum Beispiel Depression, Aggression, Spaltung, Tod, Heilung, Unterstützung, Veränderung. 34
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KULTUR
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KREATIVES
Quarantäne Freuden
Hauptfigur ist dabei eine abstrakte rote spiralartige Form, die sich immer wieder verändert und manchmal auch menschliche Züge annimmt. Mehr über Anna Bieler: annabieler.de
Kunstprojekte im Herbst – 01.-03.10. Kunstmesse Kassel 2021 in der documenta-Halle – 24.10.-05.12. „Das Leben trotzdem feiern" Gedok Wiesbaden-Mainz e.V. im Lulu in Mainz – 30./31.10. „Tatorte Kunst", offene Ateliers in Wiesbaden-Mitte und Rheingau/Hollerbornviertel – 04.-07.11. Discovery Art Fair Frankfurt 2021 – 19.11.21-09.01.22 CORONA Echo Ausstellung in der Kunstarche Wiesbaden Quarantäne Leiden
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KULTUR
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KREATIVES
Die Schnecke und der Buckelwal
El Dorado der Animationskunst trotz(t) Corona Drei Tage im September: 22. Internationales Trickfilm-Festival Wiesbaden vom 10. bis 12. September 2021 im Filmschloss Biebrich
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lle Jahre wieder zeigte sich Wiesbaden als El Dorado der flimmernden Preziosen. In Zeiten der Pandemie ist alles anders. Die 22. Auflage des beliebten Dauerbrenners wurde gestrichen. „Nachdem im November 2020 das Internationale Trickfilm-Festival kurzfristig ausgefallen ist, freuen wir uns, die wunderbaren Filme jetzt nachholen zu können“, sagt Detelina Grigorova-Kreck. Eine digitale Version stand auch für Gründervater Joachim Kreck nie zur Debatte. Die Fans dürfen wieder mit den Hufen scharren in Vorfreude auf „trickreiche“ Hochkaräter „Wir müssen auch weiterhin flexibel bleiben und freuen uns, wenn wir unsere deutschen Filmschaffenden als Gäste begrüßen können.“ Vom 10. bis 12. September 2021 ist der Vorführsaal der Deutschen 36
Film- und Medienbewertung (FBW) im Filmschloss Biebrich am Rhein wieder Schauplatz flimmernder Hochkaräter. Drei Tage im September: Die 22. Version wird eine kurze – „besondere Corona-Umstände“. Als kulturpreisgekrönte „Freunde der Filme im Schloss“ zeigen Detelina Grigorova-Kreck & Joachim Kreck im Trio mit dem unverzichtbaren „Dritten Mann“ Michael O. Fechner rund 90 innovative Werke. Aus Kanada kommt „The Physics of Sorrow“ des Exil-Bulgaren Theodore Ushev, eine Innovation mit hot-wax-painting und der Stimme von Donald Sutherland. Aus Großbritannien, Frankreich, China, Japan, USA und Estland sind weitere Schmankerl eingeladen. Aus Taiwan kommen „Movements“. Aus Indien wurde die „äußerst witzige“ 3D-Computeranimation „09:09 F“ von Avinash Medhe ausgewählt. Aus Russland kommt „He
Can `t Live Without Cosmos“. von Konstantin Bronzit, aus der Ukraine kommt „Kohannia/Deep Love“ von Mykyta Lyskov. Zum ersten Mal zeigt mit „Yes, People“ das Festival einen Film aus Island. Die vielfach preisgekrönte Polen-Frankreich-Deutschland-CoProduktion „Porträt of Suzanne“ von Izabel Plucinska verspricht anrührende Spannung. „Don´t know what“ stammt von Thomas Reinoldner aus Österreich und ist der in Annecy ausgezeichnete „völlig ausgefallene, lustige Experimentalfilm“, der sogar einen alten Filmfuchs wie Joachim Kreck schmunzeln lässt: „Noch nie gesehen, so was!“ Wenn das der Initiator des Festivals sagt, der immerhin 86 Lenze schultert.. Das GründerInnnen-Paar ist eingebunden in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden. WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
True North
Auch unter erschwerten Bedingungen soll ein exzellentes Programm geboten werden in den Sektionen „Best of international Animation“ und nach einjähriger Pause wieder „Best of German Animation 2019/ 2020“, in „New Generations 2019/ 2020“ und den „Tricks for Kids“. Zwei großartige Langfilme mit Brisanz sind auch an Bord: Als deutsche Erstaufführung blickt der sozialkritische Film „True North“ von Eiji Han Shimizu in ein Arbeitslager in Nordkorea. Für Cannes und Annecy ausgewählt, ist als Rarität dank des Schweizer Filmverleihs Filmcoopy die Romanverfilmung „Die Schwalben von Kabul“ der Regisseurinnen Zabou Breitman und Èléa Gobbé-Mévellec zu sehen. Bei „Best of German Animation“ ist, auf Realität basierend, die Produktion „Hier oben, bei den weißen Göttern“ von Alexander Lahl/Max Mönch ein Favorit des Festivalgründers. „Just a guy“ von Shoko Hara, die drei Frauen von ihrer bizarren Verliebtheit in einen Serienmörder und Vergewaltiger erzählen lässt, sieht Joachim Kreck als „Film des Jahres“ an. In der Sektion „Best of New Generations“ kommt Wiesbadens Partnerstadt Gent zu Ehren: Capucine Muller wird ihren Diplomfilm der Königlichen Akademie „Dutchgaria“, bester Studentenfilm beim KROK-Filmfestival, persönlich vorstellen, wenn es die die Pandemielage erlaubt. Das international etablierte Festival basiert auf Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, der FBW, der Omnimago GmbH und der Caligari FilmBühne. Der Etat von rund 40.000 Euro wird vom Kulturamt Wiesbaden und HessenFilm gestemmt. WIESBADENER
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Der mit 1000 Euro dotierte Preis des Kulturamtes der LH Wiesbaden geht an Steve Cutts. Der Jugend eine Gasse: Der 25 jährige Animator aus London, ein brillanter Illustrator einer neuen Künstler-Generation. „Sein Stil ist von den Cartoons der 1920er Jahre inspiriert, von Comics und Grafic Novels.“ „Ob der Preisträger unsere Einladung annehmen kann, richtet sich nach der Pandemiesituation. Steves Filme „Happiness“ und „The Turning Point“ zeigen wir auf jeden Fall im Festival.“ Tradition trotz(t) Corona: Das Publikum ist wieder die Jury. Die Preise „Best of International Animation (1000 Euro der „Filmsortiment GmbH Hamburg“), „Best of German Animation“ (1000 Euro Ortsbeirat Biebrich) und „Best of New Generations“ (500 Euro der Sparkassen-Versicherung) werden vergeben.
Filmschaffenden vorgestellt haben. Sonst ist es kein Film mehr. Wenn wir einladen, erfahren wir größten Enthusiasmus der Filmleute“, betonen Joachim Kreck und Detelina Grigorova-Kreck. Anmeldungen unter: info@filme-im-schloss.de Telefon: 0611 – 84 07 66. Gesine Werner
Das Trickfilm-Festival trotz(t) Corona. Detelina GrigorovaKreck und Joachim Kreck mit Fachzeitschriften zu „The physics of Sorrow” und „Genius Loci”. Das T-Shirt macht Werbung für Les Blanks Film „A Poem is a naked Person”, der 2015 in Wiesbaden lief. Foto: Gesine Werner
Ein Herz für Kinder Detelina Grigorova-Kreck hat „ein tolles Programm an „Tricks for Kids“ zusammengestellt. In der Sonntagsmatinée läuft die brandaktuelle deutsche Fassung des Weihnachtsspecials im ZDF in Erstaufführung „Die Schnecke und der Buckelwal“ von Magic Light Pictures gehen auf Reisen. Trudes Tier ist ein „Klickhit“, denn Influencerin Trude mischt als Gesundheits-Guru mit. Abstand und Sicherheit Mit ausgeklügeltem Hygienekonzept (Lüftung zwischen den Vorstellungen, verminderte Sitzplatzzahl, Desinfektion, Munaskenpflicht, Anmeldung) sollen die neun Vorstellungen laufen. „Wir haben uns für eine Liveausgabe entschieden. Die Filme sehen auf großer Leinwand wesentlich eindrucksvoller aus und entsprechen dem, was sich die 37
KULTUR
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KREATIVES
aus der Kinoreihe „Kino macht Schule“, Filmbild, © SALZGEBER
34. exground hybrides Filmfest mit Länderschwerpunkt USA
vom 12. bis 21. November 2021 in Wiesbaden
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om 12. bis 21. November 2021 präsentiert exground filmfest in seiner 34. Ausgabe wieder unabhängiges Weltkino in Wiesbaden. Gezeigt werden sowohl lange als auch kurze Werke in den Gattungen Spielfilm, Dokumentarfilm, Animation und Experimentalfilm. Zudem vergibt exground filmfest in sieben Wettbewerben Geld- und Sachpreise im Wert von über 20.000 EUR Video, 2 Lizards, 2020, © Meriem Bennani & Orian Barki
– darunter im Deutschen KurzfilmWettbewerb und im Internationalen Kurzfilm-Wettbewerb. Neben einem spannenden Filmprogramm aus internationalen, unabhängigen Produktionen und diversen Rahmenveranstaltungen präsentiert das weit über die Stadtgrenzen bekannte und renommierte internationale Filmfestival traditionell einen Länderschwerpunkt, der in diesem Jahr dem bedeutenden Filmschaffen der USA gewidmet ist. Auch 2021 unterstützt der Kulturfonds Frankfurt RheinMain den Länderschwerpunkt von exground filmfest großzügig und ermöglich damit wieder nicht nur Filmaufführungen in Wiesbaden, sondern auch in Kooperationskinos in Frankfurt am Main und Darmstadt. Der diesjährige Länderfokus knüpft nahtlos an die angestammte Festivalsektion American Independents an, im Rahmen derer exground filmfest seit seinen Anfängen 1990 dem unabhängig produzierten
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US-amerikanischen Kino ein Forum bietet – bewusst als Kontrapunkt zu den kommerziellen BlockbusterProduktionen aus Hollywood. Auch hier ist es Anspruch von exground filmfest, den oftmals stromlinienförmigen Abziehbildern von Realität in den Mainstream-Filmen spannende Einblicke in sonst schwer zugängliche Themen und Subkulturen zu bieten und damit den Reichtum und die Diversität des US-amerikanischen Films zu zeigen. Der Fokus liegt stets auf Produktionen, die es schwer haben, hierzulande einen Verleiher zu finden und damit so gut wie nie in deutschen Kinos gezeigt werden. Damit bietet exground filmfest eine der wenigen Gelegenheiten, bestimmte Produktionen aus den Vereinigten Staaten hierzulande auf der großen Leinwand zu sehen. Leider ist es noch zu früh, um konkrete Programmpunkte zu nennen, weil die Sichtungskommission noch damit beschäftigt ist, die auch dieses Jahr wieder mehr als 2.000 Einreichungen zu evaluieren. Soviel sei allerdings schon verraten: Dokumentationen über den US-Entertainer James Belushi und Showbusinesslegende Trini Lopez haben es bereits in die engere Vorauswahl geschafft. Ein Programmpunkt zum Länderfokus USA steht bereits fest: Im Rahmen der seit Jahren eingespielten Kooperation mit dem Nassauischen Kunstverein wird exground WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATIVES
aus der Kinoreihe „Kino macht Schule“, Filmbild, © SALZGEBER
filmfest in den Räumen des nkv in der Wilhelmstraße Videokunst der US-Künstlerin Meriem Bennani und der in New York lebenden marokkanischen Filmemacherin Orian Barki präsentieren. Mit 2 LIZARDS, einer Serie von Kurzvideos mit zwei sprechenden Eidechsen aus Brooklyn, trafen die beiden Künstlerinnen den Nerv von Zehntausenden, die vergangenes Jahr wie sie selbst in gezwungener Corona-Isolation im Big Apple ausharren mussten. Schon jetzt ein Zeitdokument von unschätzbarem Wert. Besonders am Herzen liegt exground filmfest der Jugendfilm. Daher wurde 2004 eine eigene Jugendfilmsektion etabliert, die sogenannten exground youth days, um Jugendliche von 14 bis 18 Jahren an das Medium Film heranzuführen – aber auch, um Heranwachsende zu eigenen Einzel- oder Gruppenarbeiten zu animieren. Mit dem Wiesbadener Jugendfilm-Wettbewerb, der leider vergangenes Jahr pandemiebedingt ausfallen musste, bietet exground filmfest den Jugendlichen eine Plattform, um eigene Einzeloder Gruppenarbeiten einzureichen und auf der großen Leinwand präsentieren zu können. Als Lohn winkt nicht nur der Applaus des Publikums, sondern auch Geld- und Sachpreise im Wert von 650 EUR. Zudem haben Jugendliche im Rahmen der exground youth days die Chance, Teil der Jugendjury zu sein, WIESBADENER
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die unter Betreuung einer erfahrenen Medienpädagogin über den Sieger im Wettbewerb um den besten internationalen Jugendfilm entscheidet. Hier lernen die Jugendlichen, über gesehene Filme zu diskutieren, unterschiedliche Blickwinkel kennenzulernen, Kriterien für einen guten Film zu entwickeln – und sich zusätzlich mit Gästen zumeist in Englisch auszutauschen. Auch hier ist es für konkrete Titel zu früh – allerdings liegen Filme aus Argentinien, China und dem Kosovo über heranwachsende Mädchen in zum Teil prekären Verhältnissen gut im Rennen. Und im Rahmen der Kooperation von exground filmfest mit dem Medienzentrum Wiesbaden plant das Festivalteam, die Schweizer Produktion BEYTO in der Reihe „Kino macht Schule“ zu zeigen – einen einfühlsamen Film über einen türkischstämmigen Jugendlichen zwischen seiner Liebe zu seinem Schwimmtrainer und einer drohenden Zwangsheirat in der Türkei.
bleiben müssen, will das Festivalteam Tickets für eine Online-Sichtung anbieten. Mit diesem On-Demand-Modell sollen die Filme dann mittels Geoblocking online über eine Streaming-Plattform nur in Deutschland und für einen begrenzten Zeitraum verfügbar sein. Ab 21. Oktober 2021 ist das komplette Festivalprogramm unter www.exground.com zu sehen.
© Wiesbadener Kinofestival e.V. / Ottmar Schick
Wie im Vorjahr muss das Organisationsteam coronabedingt zweigleisig planen, also das bevorstehende Festival als hybride Veranstaltung konzipieren. Zum einen soll das Filmprogramm vor Publikum in der Caligari FilmBühne und im Murnau Filmtheater vor Publikum stattfinden, natürlich unter Einhaltung der im November gültigen Verordnungen. Für die übrigen Plätze, die frei 39
KULTUR
&
KREATVES
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ie Maske – seit einiger Zeit der zentrale Kampfstoff gegen Covid 19, eine notwendige Maßnahme, um dem Virus erfolgreich zu trotzen, zumindest solange man nicht geimpft ist. Was für die einen eine (tod-)ernste anzulegende Angelegenheit ist, ist für die Künstlerin Karin Hoerler Ausgangspunkt spielerischer Reflexionen über Sinn und Unsinn der alltäglichen Einschränkungen, die uns auferlegt waren, weiterhin in gewissem Umfang sind und wahrscheinlich auch zukünftig sein werden. Bei ihr wird die Maske jenseits aller Hygienehysterie zu einem harmlosen Stück blauen Stoff, das sich beliebig und vielfältig einsetzen lässt, mal als Regenschirm, mal als Bikini, mal als Kopfbedeckung, mal als Oberbekleidungsstück, wie sie in ihrem mit Collagen bestückten Bilderbuch „Gewappnet für eine schöne neue Welt” mit viele Freude demonstriert.
Titelbild „Gewappnet für eine schöne neue Welt“, © Karin Hoerler
GEWAPPNET FÜR EINE SCHÖNE NEUE WELT
Dabei verfolgt die Künstlerin einen kritischen Ansatz: Die Hoffnung auf eine freiere und sozial gerechtere Welt sieht sie von einer weltweiten Panik hinweggefegt, einer Panik, zu deren sichtbaren Symbol die Maske wurde. Gegen diesen global-emotionalen Ausnahmezustand setzt die Künstlerin die Fakten: 20mal so viele Menschen sterben bei uns an Krebs und Herzinfarkt wie an Covid 19. Und sie stellt anhand der offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes fest, dass die Sterbefälle in Deutschland 2020 nicht wesentlich über dem Durchschnitt der Jahre davor lagen. Lohnt es sich also, Freiheiten aufzugeben, um einen Virus in Schach zu halten? Oder sollten wir nicht mehr für eine weniger perfekte und dafür freiere Gesellschaft kämpfen, wie der von ihr zitierte russische Philosoph Berdjajew vorschlägt? „Gewappnet” ist ein Bilder-Buch mit Collagen aus aktuellen „Modefotografien” und Bildern jeglicher Art aus dem Fundus der Künstlerin, dem „Bildlexikon”.
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Eisblumen, © Karin Hoerler
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KULTUR
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KREATIVES
Stier, © Karin Hoerler
Hoerlers schöne neue Welt ist eine neue, schöne Scheinwelt, ein künstlerisches Gebilde, das liebenswert und lustig ist, und mit staunendem Blick verfolgen wir die Inszenierungen der Künstlerin, bis hin zur maskenhaften Bedeutungslosigkeit. Eine Kostprobe mit 12 leckeren Seiten findet man auf www.karin-hoerler.net.
Wer Lust auf mehr bekommt, schickt seine Bestellung per Email mit der Angabe der Postanschrift an die Künstlerin: art@karin-hoerler.net. Das Werk ist in einer Auflage von 100 Stück erschienen und kostet 30 € inkl. Porto innerhalb der EU.
Elefant, © Karin Hoerler
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KULTUR
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KREATIVES
„Uns Theaterleuten hat das Theater natürlich existentiell gefehlt”, heißt es in Wiesbaden. Der Musentempel der Landeshauptstadt lädt ein „mit uns das Ereignis Theater neu entstehen zu lassen!”
Du kannst mir alles erzählen, was fehlt
TheaterDonner auf den Bühnen von Wiesbaden, Mainz und Darmstadt
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orhang auf! Die SpielZeit 2021/22 der Bühnen in Rhein-Main wird nach Kräften hoffnungsfroh angekündigt. Alle Ensembles – ob vor oder hinter den Kulissen – scharren mit den Hufen. Wenn ab September Critical Friends in der Stadtkantine der Startbahn 2021 auf Elektra und die von Wallenstein gezähmte Widerspenstige treffen, sind die furiosen Drei auch mit von der Partie.
Blick nach Wiesbaden
Die große Jubiläumsfeier im Wonnemonat fiel zwar dem verheerenden Winzling zum Opfer, doch das Feiern lassen wir uns nicht verbieten! „Internationale Maifestspiele 125 1⁄2“ werden Anfang November 2021 mit einem hochkarätigen Galakonzert (Catherine Foster & Andreas Schager) zelebriert. Die „IMF 125 + 1“ wollen ein Mammutprojekt „auf die Bühne wuchten“, damit im nächsten Jahr Jörg Widmanns Oper „Babylon“ das ganze Haus bis an die Grenzen beansprucht. Wagners „Tristan und Isolde“ kommt in Topbesetzung heraus und der MozartZyklus kommt wieder. Verdis „Il trovatore“ hat im September Premiere. Puccinis „Triptychon“ wird nach der Premiere in der letzten Spielzeit (vor „kleinem“ Publikum) wieder aufgenommen. „Willkommen, Bienvenue, Welcome!“ Iris Limbarth bringt das legendäre „Cabaret“ mit Lina Habicht (Confèrencier), Elissa Huber (Sally Bowles), Felicitas Geipel (Frollein Kost) sowie Evelyn Faber und Gottfried Herbe aus dem Schauspiel auf die Bühne. Wird spannend im Vergleich zum Darmstädter Riesenerfolg mit dem fulminanten Tenor Michael Pegher als Conférencier. Tschaikowskis „Pique Dame“ nach Puschkins Erzählung wird von ihrem Landsmann Peter Pomerantsev auf russisch (deutsch übertitelt) mit Aaron Cawley, Thomas de Vries, Benjamin Russell und Erik Biegel inszeniert. 42
Mit des Kaisers General „Wallenstein“ nimmt sich Nicolas Brieger ein „Schillerndes“ Schwergewicht vor. Ulrike Arnold inszeniert Oscar Wildes Meisterkomödie „Bunbury“. Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Als deutsche Erstaufführung bringt Daniela Kerck „The Minutes“– ein Kommentar zur Trump-Ära – von Pulitzerpreisträger Tracy Letts ins Kleine Haus. Daniel Kunze inszeniert Juli Zehs „Corpus delicti“ in der Wartburg. Eine spezielle Spielzeit kündigt auch GMD Patrick Lange an nach langer Pause ohne Konzerte. Auf Geigensolistin Chouchane Siranossian sowie die Dirigentinnen Ruth Reinhardt und Christina Domnick freut er sich besonders. Ballettdirektor Bruno Heynderickx kündigt die verschobene Premiere von Tim Plegges „memento“ an und den Dop„Was fehlt” ist das Spielzeitmotto am Staatstheater Darmstadt. Das Kleine Haus wird technisch runderneuert. Der 70er-Jahre-Bau bekam durch die Sanierung vor 15 Jahren seinen prägnanten Vorbau.
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Das Staatstheater der Domstadt Mainz startet in die neue Spielzeit mit dem kommunikativen Motto: „Du kannst mir alles erzählen.”
pelabend „Extension“ von Marc Brew/Australien & Martin Harriague/Biarritz.Tanzplattform Rhein-Main: Hauschoreograf Tim Plegge arbeitet in Wiesbaden-Darmstadt-Frankfurt mit Hobbytänzer*innen am Projekt „Eden“. Der erfolgreiche Doppelabend „Le Sacre du Printemps“ mit der FAUST-preisgekrönten Choreographie „29 May 19913“ von Bryan Arias kommt nach Wiesbaden. Schauspieler Uwe Kraus-Fu wechselt die Pferde und bringt als Regisseur im Studio „die furiosen Drei“ auf Trab. Die edlen Rösser wollen´s noch einmal wissen.
Blick nach Darmstadt
Das Staatstheater Darmstadt gab hübsch mehrdeutig die Devise „was fehlt“ aus. „Wir wollen eine vielfältige Stadtgesellschaft im Theater widerspiegeln und vielen Akteur*innen Raum geben, die bisher nur vereinzelt aufgetreten sind“, betont Karsten Wiegand. Der Intendant will mit seinem Team „Jenen zuhören, die sich bisher nicht gehört fühlen.“ Schon Martin Buber wusste: „Der Mensch wird erst am Du zum Ich“. Der Spielplan sieht musikalisch neben großer Oper wie „La Bohème“ und Paul Abrahams „Ball im Savoy“ auch „Liedgut Unerhört“ vor und macht sich um Komponistinnen verdient. Das Schauspiel widmet sich Georg Büchner und bringt „Dantons Tod“ sowie eine vielversprechende „Königin Lear“ auf die Bretter. Als spezielles Schmankerl hat das Schauspiel den „alternativen Programmbeirat“ gegründet und geht mit ENTER DARMSTADT „räumlich und inhaltlich“ mittenmang in die City. Das Langzeitprojekt wird von Personen aus Vereinen, Netzwerken als „Critical Friends“ begleitet. Das Hessische Staatsballett lädt am 16. Oktober zur Premiere von Tim Plegges neuem Geniestreich „memento“ ein. Die Uraufführung von Anne Leppers Jugendstück „Hund, wohin gehen wir?“ findet in der Kunsthalle statt. Die neue „Stadtkantine“ wird von November 2021 bis März 2022 an einem „dritten Ort“ einladen mitten im Stadtraum von Darmstadt. Große Zukunft steht dem Kleinen Haus bevor, das bis Ende 2023 geschlossen wird. Derweil geht das Schauspiel mit ausgewählten Produktionen ins Große Haus und nutzt ansonsten die Kammerspiele. Hessens Kunstministerin Angela Dorn stellte umfangreiche Sanierungspläne vor. Kostenpunkt rund 50 Millionen Euro. Das Land Hessen steuert 41 Millionen Euro bei, die Stadt Darmstadt stemmt den Rest. Über „das großartige Bekenntnis der Träger zur Zukunft des Staatstheaters“ freute sich Hausherr Wiegand. Der Publikumsraum wird umgebaut und barrierefrei, eine komplett neue Bühnentechnik wird installiert. WIESBADENER
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Blick nach Mainz
Nach der „theaterstillen Coronazeit“ wird die neue Spielzeit „in jedem Fall eine besondere“, dachte sich das Team im Mainzer Musentempel und geht mit der Ermunterung „Du kannst mir alles erzählen“ in die Offensive. Soziologe Andreas Reckwitz stand Pate: „Wer Ambivalenzen aushalten kann, ist in der Spätmoderne klar im Vorteil“. Gemeinsinn ist dringend gefragt und soll (mit Sicherheit, Abstand, MuNAske & Hygiene) gelebt werden - auf der Bühne, im Foyer und in der KAKADU-BAR. Hier soll es das Literarische Quartett wieder geben mit Spiritus Rector Klaus Köhler, Kommunikationsleiterin Sylvia Fritzinger, Dramaturg Boris C. Motzki und einem Gast. Gratulation. Im Juni 2022 richtet das Mainzer Haus mit der Kulturstiftung des Bundes und der Stadt Mainz den Tanzkongress 2022 „Sharing Potentials“ aus. „Promise“: Sharon Eyal entwickelt nach „Plafona Now“ und dem virtuosen, preisgekrönten „Soul Chain“ ein drittes Werk mit tanzmainz als Uraufführung. Mal sehen, wie die junge Regisseurin Stephanie van Batum mit einem weiblich besetzten Leitungsteam Shakespeares misogynen Klassiker der „gezähmten Widerspenstigen“ zur Premiere bringt. Zuvor nimmt Alexander Nerlich (mit Arthur Millers „Hexenjagd“ erfolgreich) Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ unter die Lupe. „Glaube, Liebe, Hoffnung“ als Ödön von Horvaths Eulenspiegelei wird von Jan Friedrich inszeniert. Auch Schauspieler Denis Larisch hat die Pferde gewechselt und sich das Stück „AufSichtBeton“ auf den Leib geschrieben als „Spurensuche durch die Zeit.“. Dass sämtliche Produktionen und Vorstellungen unter Pandemievorbehalt stehen und aktuellen Hygienerichtlinien folgen, versteht sich von selbst. „Möge die Übung gelingen“ und „Tot, Toi, Toi“ für Theaterleute und Publikum! Text und Fotos: Gesine Werner 43
KULTUR
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KREATIVES
Foto: © Philipp Bohn, Zell (Mosel) – die Moselschleife, Drohnenaufnahme Panorma, mit freundlicher Genehmigung der Zellerland Touristik
Worte, Wasser und Wein 1. Literaturtage in Zell / Mosel in 2022 ... unter diesem Motto finden Ende Mai 2022 die 1. Literaturtage in Zell an der Mosel statt. Eigentlich hätte das viertägige Fest der Literatur bereits in diesem Sommer stattfinden sollen, doch ein winziger Virus mit epochaler Bedeutung hat den Veranstaltern, wie so vielen anderen Kulturschaffenden, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Nun also auf ein Neues: Vom 26. bis 29. Mai 2022 steigt das einzigartige Fest der Literatur!
Das Ambiente
Gerade mal eine Autostunde vom Rhein-Main-Gebiet entfernt, erleben die Besucher in diesen Tagen den besonderen Reiz dieses Ortes, lauschen den eingeladenen Autor:inn:en bei zahlreichen Lesungen und lassen sich von der einzigartigen Atmosphäre dieser uralten Kulturlandschaft verzaubern. Sie ist durch eine 2000-jährige 44
Weinbautradition geprägt – historische Weinorte, eine einmalige Flora und Fauna sowie imposante Steillagen mit zahllosen Trockenmauern. Der Abschnitt zwischen Bernkastel und Cochem gilt dabei als der schönste, weil man dort das findet, was man im industrialisierten Rheintal nur noch erahnt: die Romantik einer gewachsenen Kulturlandschaft. Dörfer und Städte, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, liegen im Schatten geheimnisvoller Burgruinen und sind umgeben von Weingärten, die Generationen von Winzern den Steilhängen des Tals abgerungen haben.
Das Festival
17 gestandene Autor:inn:en, manche davon preisgekrönt, lesen aus ihren Werken und präsentieren neue sowie unveröffentlichte Texte. Mehr als 30 Einzellesungen finden freitags, samstags und sonntags mehrmals täglich zu jeder vollen
Stunde an ausgewählten Plätzen des Ortes statt und dauern max. 40 Minuten, sodass zur nächsten vollen Stunde genug Zeit bleibt, sich neu zu orientieren. Die Autoren, werden soweit möglich, zweimal zu verschiedenen Zeiten lesen, so dass die Besucher mal pausieren können und dennoch nichts verpassen müssen.
Die Autor:inn:en
Zugesagt haben bisher: Ute Bales; Kathrin und Jens Baumeister, Antje Fries, Peter Friesenhahn, Tim Frühling, Gina Greifenstein, Anne Grießer, Jürgen Heimbach, Judith Kauffmann, Susanne Konrad, Matthias Kreck, Verena Mahlow, Mischa Martini, Minas, Hasan Özdemir und Martin Schnick.
Die Leseorte:
Gelesen wird in markanten Orten der Stadt – u. a. im Schloß, im Rathaus, in der Pfarrkirche, im Kulturraum „Moselrausch” und anderen Lokalitäten. Für die Abende sind WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
Vignette und Logo: Bernd Schneider, Wiesbaden
besondere Veranstaltungen vorgesehen, und am Samstag wird es „Die lange Nacht der Literatur” geben. Das detaillierte Programm, Kurzporträts der Autor:inn:en sowie Infos zu Unterkünften gibt’s auf www.litzell.de. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. durch die Zellerland Touristik, die auch in den Kartenverkauf eingebunden ist und gerne bei der Suche nach Unterkünften behilflich ist. Dort kann man auch ab 1. Oktober 2021, das Festivalticket für alle Tage oder Einzeltickets für die Sonderveranstaltung buchen. Zell hat viel zu bieten – lassen Sie sich verzaubern!
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KULTUR
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KREATIVES
„Future World”: Das Tanzfestival Saar wird den Saarbrücker Musentempel wieder zum Leuchten bringen.
In Gesellschaft von George Sand mit Musik und Natur Saarländisches Staatstheater Saarbrücken plant eine „wunderbare SpielZeit“
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rall sinnliches Theater endlich wieder in Gesellschaft erleben. Das Saarländische Staatstheater freut sich mit Spannung auf eine „wunderbare Spielzeit 2021/2022“ und baut auf die Devise: „In Gesellschaft! „.Das neue Konzertprogramm wird Schönheit und Ausdrucksstärke der Natur auf vielfältige Weise in der Musik erklingen lassen“, lädt Generalmusikdirektor Sébastien Rouland zur Reise ein. Bis Ende Dezember 2021 wird (Stand Sommerpause) mit Sitzplatzreduzierung und weiteren Sicherheits- / Hygienemaßnahmen geplant. „Jederzeit kann aber flexibel auf aktuelle Ereignisse reagiert werden“ versichert Generalintendant Bodo Busse und hofft auf Entspannung der Corona-Lage. Damit es überhaupt Abos geben kann, wurden extra für die erste Spielzeithälfte „Herbst-SpezialAbos“ mit je drei Vorstellungen geschnürt, die reißenden Absatz finden. Der neue Spielplan kündigt 26 Neuproduktionen und elf Wiederaufnahmen an auf den Bühnen von großem Haus, Alter Feuerwache und sparte4. 46
Festivals kommen im Doppelpack: Neben dem Festival Primeurs lädt das Tanzfestival Saar unter Leitung von Ballettdirektor Stijn Celis ein. Mit der Uraufführung des theaterübergreifenden Ballettabends „4 x 4“ .in Kooperation mit TANZ Bielefeld, Dance Theatre Heidelberg und dem Ballett des Theaters Trier werden vier Kompanien und Städte verbunden. Drei Geburtstage stehen an: Die Alte Feuerwache wird runde 125 und feiert als Spielstätte des Staatstheaters 40 Jahre kreatürlicher Nutzung. Das Festival Primeurs im November 2021 und die sparte4 sind auch schon 15 JA!re jung. Das Saarländische Staatsorchester goes Völklinger Hütte Open Air, bittet zu Sinfonie-, und Kammerkonzerten, startet mit „Libertango“ sein 1. Showcase-Konzert und offeriert den lieben Kleinen ein Kinderkonzert: „Ophelia will Meer“ Das Neujahrskonzert findet im „Russischen Winter“ statt und wünscht „S`Novim Godom!“ Ein Geniestreich bahnt sich auch an. Hausherr Bodo Busse wird Theatergeschichte schreiben, nach dem Übersetzungs- und Regieauf-
trag an den deutsch-französischen Regisseur/Schauspieler Sébastien Jacob. Von wegen Genderdebatte reloaded: Die deutsche Erstaufführung von George Sands „Gabriel“ (die eine Gabrielle war), bringt ein 1839 verfasstes Werk der Aurore Dudevant von Nohant, Ururenkelin August des Starken und meist gelesene Autorin ihrer Zeit, auf die Bühne. Mann ist ganz Frau und Geschlecht ist Macht (oder nicht). Als wär´s ein Stück von heute. Die Seele hat kein Geschlecht. Die Uraufführung von Katrin Rögglas „Verfahren“ in Kooperation mit dem Stuttgarter Theater Rampe reflektiert die NUProzesse als zeitkritisches Polittheater. Schon mit einem Preis ausgezeichnet, wird Pascal Dusapins Oper „Macbeth Underworld“ als Koproduktion mit Les Theatres de La Ville de Luxembourg in der Inszenierung von Lorenzo Fioroni wieder aufgenommen. Stijn Celis hat Schuberts „Winterreise“ Pandemie-konform choreographiert und bringt den ergreifenden Abend wieder in die Alte Feuerwache. „Sweet Fifteen“! Das sparte4-Leitungsduo Thorsten Köhler & Luca Pauer bietet „prestigeträchtige Projekte“ wie „Tschernobyl. Stimmen“ mit Texten von Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch in Zusammenarbeit mit dem Saarländischen Staatsballett. Bühne frei! www.staatstheater.saarland.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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UNERNEHMEN
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MÄRKTE
FLH Relax and Fit – Schaukel, Foto: © Alexander Sell
Das Leben ist schön Nägler´s Fine Lounge Hotel jetzt mit Beauty Lounge Hotelgäste und Kunden aus der Region sind herzlich willkommen!
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er Rheingau ist schön… und macht schön. In der neuen Beauty Lounge im Nägler’s Fine Lounge Hotel können Hotelgäste und externe Gäste aus der Region jetzt auch kosmetische Behandlungen buchen und damit aktiv zur Hautpflege auf neuestem Stand beitragen. Um Schönheit und Wohlbefinden kümmern sich Elisabeth Olesch und Yolanda Bluhm. Beide Damen sind Profis und verfügen über langjährige Erfahrungen im Beauty und Spa Business. Wer sich in die bewährten Hände der beiden Damen begeben möchte, ruft kurz durch und bucht sich ein. Neben Massagen und Körperpackungen widmet man sich jetzt auch Der WIESBADENER verlost einen Schnuppertag im Nägler’s Spa und eine Behandlung nach Absprache für eine Person. Bitte beantworten Sie folgende Frage: In welchem Jahr wurde das Näglers Fine Lounge Hotel eröffnet? Ihre Antwort senden Sie bitte mit Ihren Kontaktdaten an: mail@media-futura.de. Einsendeschluss ist der 30.10. 2021. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. WIESBADENER
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der Gesichts-, Hand- und Fußpflege. Damit folgt man dem Wunsch der Gäste, die immer wieder nach kosmetischen Behandlungen besonders fürs Gesicht gefragt hatten. „Mit den neuen Angeboten schließen wir diese Lücke und zaubern unseren Gästen ein Strahlen aufs Gesicht” sagt Hotelchefin Diana Nägler. „Das gilt natürlich auch für Männer”, so die Hoteldirektorin. Zur Wahl steht ein professionell konzipiertes Angebotsspektrum, das sich auf zwei führende Kosmetikmarken stützt. State of the Art ist das Skin Vital Concept mit Mikrodermabrasion und Microneedling. Wer sich für eine Vinoble Behandlung entscheidet, darf sich auf ausgesuchte Naturprodukte und die Powerstoffe aus der Traube freuen. Beide Produktlinien sind frei von Paraffin, Silikon, Mineralöl, Parabenen, Allergenen und Parfumstoffen. Alle Produkte sind vegan, nachhaltig, intensivpflegend und unisex.
bei den Hotelgästen und in der Region herumspricht. Elisabeth Olesch arbeitete Frau Olesch in dem renommierten Wellness Hotel, dem Bollants in Bad Sobernheim. Ihre Kollegin Yolanda Bluhm leitete die Wellness Abteilung im Hotel Hofgut Georgenthal vor den Toren von Wiesbaden. Neben fließend Deutsch und Spanisch spricht sie auch Englisch und Französisch und bringt Erfahrungen aus dem MedizinBereich mit. Weitere Infos und Buchungen: Nägler’s – Fine Lounge Hotel Hauptstraße 1 65375 Oestrich-Winkel/Rheingau Tel. 06723 990 20 E-Mail: rezeption@naeglers-hotel.de www.naeglers-hotel.de.
Bei der Ausstattung der Räume und der Gestaltung des Angebots konnte Diana Nägler auf den langjährigen Erfahrungsschatz der beiden neuen Mitarbeiterinnen Elisabeth Olesch und Yolanda Bluhm setzen. Beide wollen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass sich neben dem beliebten Nägler’s Spa nun auch die Nägler’s Beauty Lounge als Top Empfehlung Elisabeth Olesch & Yolanda Bluhm, Foto: © Christin Glassner
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GAUMENKITZELEIEN
Wie 2019 findet die InterWhisky auch in diesem Jahr in den exklusiven Räumlichkeiten des Gesellschaftshauses Palmengarten statt
22. InterWhisky in Frankfurt am Main
Deutschlands älteste Whiskymesse öffnet Ihre Türen
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ie internationale Whiskymesse InterWhisky lädt in diesem Herbst endlich wieder nach Frankfurt ein und alle möchten dabei sein: Einsteiger, Liebhaber, Profis, Experten und viele mehr. Die InterWhisky findet an insgesamt drei Tagen im Gesellschaftshaus des Frankfurter Palmengarten statt. Mit der 22. Auflage in diesem Jahr ist sie nicht nur die älteste und größte Whiskymesse Deutschlands, sondern auch ein großes Fest für die gesamte WhiskySzene. 48
Deutschlands älteste Whiskymesse ist für über 8.000 Besucher ein fester Bestandteil im Terminkalender. Auch in diesem Jahr dürfen sich whiskybegeisterte Kenner und Genießer somit wieder auf eine große Auswahl internationaler Aussteller und Marken freuen. Ein ausgeklügeltes Hygienekonzept wird eine Messe mit ausreichend Sicherheit ermöglichen. Die namhaftesten Größen der Whiskybranche, aber auch immer mehr kleinere, unabhängige
Destillerien aus dem In- und Ausland kommen nach Frankfurt zum Familientreff, der in diesem Jahr bereits zum 22. Mal stattfindet.
Großes Programm für jeden Das Rahmenprogramm ist dabei immer so komponiert, dass WhiskyEinsteiger und -Profis gleichermaßen Wissenswertes über das „Wasser des Lebens” erfahren. Besucher können Whiskys aus Schottland, Irland, Kanada, Japan, WIESBADENER
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Belgien, Deutschland, der Schweiz und den USA verkosten. In kostenlosen Whisky-Seminaren („Whisky Forum”) sowie weiterführenden „Master Classes” und „GRAND Master Classes” haben sie die Möglichkeit, noch tiefer in die Welt des Whiskys einzutauchen. Abgerundet wird das Programm durch schottisches und irisches Food mit passender musikalischer Unterhaltung. Anlässlich des Branchenevents wird auch der neue „Whisky Guide Deutschland 2022” vorgestellt, der in diesem Jahr erstmalig online erscheinen soll. Gleichzeitig werden die begehrten „Germany’s Best Whisky Awards” verliehen.
Viele Highlights Ein besonderes Highlight der Messe ist dabei das „Whisky Talk & Dinner” am Samstagabend, den 27. November, das Whiskybegeisterte zu einem exklusiven VierGänge-Menü einlädt. Dazu werden diverse „Whisky-Raritäten” verkostet und von internationalen WIESBADENER
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22. INTERWHISKY VOM 26. BIS 28. NOVEMBER 2021 Veranstaltungsort Gesellschaftshaus Palmengarten Palmengartenstr. 11 60325 Frankfurt am Main
Öffnungszeiten* Freitag: Samstag: Sonntag:
14 – 21 Uhr 12 – 21 Uhr 12 – 18 Uhr
* Änderungen der Öffnungszeiten vorbehalten
Aktuellste Infos/ Tickets, Tipps & mehr:
Top-Referenten (Destillerie-Manager, Masterblender etc.) kenntnisreich vorgestellt.
Vorfreude garantiert Der Gründer und Ideengeber der InterWhisky, Christian H. Rosenberg, der unter anderen auch der Herausgeber des Magazins „Der Whisky-Botschafter” ist, sieht mit großer Vorfreude der diesjährigen InterWhisky entgegen. Er freut sich auf „ein Wiedersehen mit den Ausstellern und Besuchern besonders nach einem Jahr, indem die Messe pandemiebedingt leider nicht stattfinden konnte”. Auch in diesem Jahr übernimmt der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e.V. (BSI) wieder die Schirmherrschaft über die InterWhisky.
www.interwhisky.com www.facebook.com/InterWhisky 49
ZUSAMMENLEBEN
Kam aus Nordamerika zu uns: der Waschbär
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uch wenn die Herausforderungen vielfältiger denn je scheinen: Die altehrwürdige Fasanerie hat ihre Tore geöffnet. Der WIESBADENER hat dem Wildpark in Zeiten von Corona und Schweinepest einen Besuch abgestattet. Als seien die globalen Probleme unserer Zeit wie die Pandemie und der Ausbruch der Afrikanischen
Schweinepest nicht schon genug, macht in diesem Jahr auch noch der Sommer schlapp. Jedenfalls schüttet es aus Eimern, als wir das 25 Hektar große Gelände im Nordwesten Wiesbadens betreten. Der Vorfreude auf den Besuch tut das jedoch keinen Abbruch, zu groß ist das Nostalgie-Gefühl schon auf den ersten Metern. Wie so viele Kinder aus der ganzen Region haben auch wir unsere ersten Begeg-
Arme Schweine
nungen mit (halb-)wilden Tieren in der Fasanerie gemacht, die von der Stadt Wiesbaden betrieben und einem Förderverein gepflegt wird. Etliche Jahre später ist der Park immer noch voller Eltern, die ihrem Nachwuchs hinterher stampfen und dabei Kleingeld für eine Bratwurst oder einer Packung Tierfutter aus ihren Taschen kramen. Es riecht nach Tiergehegen und Wald zugleich, im Hintergrund sind hin und wieder Schüsse von der benachbarten Schießanlage zu hören. In dieser Atmosphäre könnte man den Eindruck gewinnen, es hätte sich in all der Zeit nichts geändert, aber: weit gefehlt. Zwar ist der Außenbereich ohne Maske und Negativtest wieder kostenfrei begehbar, nachdem der Eintritt eine Zeit lang nur mit einem zuvor ausgefüllten Online-Ticket möglich war. Doch die letzten eineinhalb Jahre voller Einschränkungen wirken noch nach: „Die meisten unserer Besucher hatten Verständnis und nahmen die Möglichkeit eines Besuches auch unter diversen Einschränkungen wahr", erzählt der Tierpflegemeister der Fasanerie Klaus Schüßler. „Neben den zu erwartenden Nachfragen zu den aktuellen Regeln kam es aber auch leider zu sehr unfreundlichen Anfeindungen an die Fasanerieverwaltung und den Förderverein für diese notwendigen Einschränkungen." Ärger im Paradies also, ganz zu schweigen von den Ausfällen der Einnahmen im Shop und für
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Auch Wölfe gibt es in der Fasanerie
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ZUSAMMENLEBEN
Farmfüchse
das Tierfutter. In der Naturpädagogik des Parks, die einen wichtigen Teil des Angebots ausmacht, mussten sich „einige Referent*innen beruflich neu orientieren. Jetzt haben wir eine große Nachfrage und Nachholbedarf bei einem verkleinerten Referentenstamm." Also wird wieder eingestellt. Alles nicht so einfach. Doch heute, an diesem verregneten Spätsommertag, scheinen sich die Dinge ein wenig normalisiert zu haben. Die Wisente grasen zufrieden in ihrem Gehege, Rot- und Damhirsche lassen sich wie eh und je aus der Hand füttern, und in der Voliere kreischen die Pfauen unüberhörbar durch die Anlage. Nur die einst so beliebten Fütterungstouren sind zur Vermeidung von Menschenansammlungen weiterhin ausgesetzt. Dafür lädt das Naturpädagogische Zentrum zur Wissensvermehrung ein, auch wenn nach wie vor strenge Auflagen gelten. Und da wären ja noch die 250 Tiere im Park, die in abwechslungsreichen, dem natürlichen Lebensraum nachgeahmten Landschaftsgehegen zu sehen sind. Darunter Bären, Wölfe, Füchse, verschiedene Haus- und Nutztiere und natürlich Fasane. Doch zwei Gehege stehen für unvorhersehbare Zeit und sehr zu unserem Bedauern leer. „Neben Corona haben wir in Deutschland auch einen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest", erklärt Schüßler. „Diese wird in WIESBADENER
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erster Linie durch Menschen weiter verbreitet, insbesondere durch das Verfüttern von mitgebrachten Speiseresten. Zum Schutz unserer Tiere haben wir daher vorbeugend die Haltung von Haus- und Wildschweinen eingestellt." Schweine, die vor Menschen geschützt werden müssen, die es eigentlich gut mit ihnen meinen – ein eher untypischer Beziehungsverlauf zwischen den beiden Säugetieren. Wenigstens ist die Krankheit für Zweibeiner ungefährlich. Und Schüßler ist bemüht, vorsichtigen Optimismus zu verbreiten: „Je nach Entwicklung des Seuchenverlaufs werden die Gehege wieder besetzt." Wann das allerdings soweit sein wird, weiß noch niemand. Auf den einen oder anderen Höhepunkt eines typischen FasanerieBesuchs muss man also noch verzichten. Doch wo es an Tieren fehlt, kann vielleicht mit etwas Geschichte vertröstet werden (wenn auch wohl nur die Erwachsenen). Seit Ende Juli wird der Wildpark um eine Open-Air-Ausstellung bereichert, die auf Schautafeln die Geschichte von Fasanerie, Wiesbaden und „der ganzen Welt" erzählt und dabei „das Verhältnis von Mensch und Natur im Spiegel der Kunst" zeigt. Die Idee eines Zeitstrahls entstand in Kooperation mit Georg Habs vom Stadtarchiv, der dafür einige verblüffende Informationen über die seit 1749 bestehende Anlage beisteuerte. Die Schautafeln sind von der Zooplanerin Monika
Fiby und der Fasanerieverwaltung entwickelt worden, das Layout von Andreas Koridass. Ob die opulente Ausstellung den beinahe meditativen Anblick mampfender Schweine gleichwertig ersetzten kann, muss jeder für sich entscheiden – gelungen ist sie allemal. Es wird allerdings nicht umsonst empfohlen, sie aufgrund ihrer enormen Größe „scheibchenweise" zu erleben. Die Zeiten mögen hart sein, doch die Fasanerie versteckt sich nicht vor den Herausforderungen unserer Zeit. Und das macht einen Besuch so spannend wie vor Corona und Schweinepest. Zumindest für all diejenigen, die sich an den Anblick eingesperrter Wildtiere erfreuen können, was wiederum jeder für sich entscheiden muss. Wobei der Begriff „wild" nicht bedeutet, dass die Tiere aus ihrem natürlichen Habitat verschleppt wurden: „Der mit Abstand größte Teil der Tiere ist bei uns oder in anderen Tierparks und Zoos geboren. Für etliche bedrohte Tierarten gibt es internationale Zuchtbücher", so Schüßler. Bestimmt auch für Schweine. Wer den Förderverein unterstützen oder etwas spenden möchte, findet unter www.fasanerie.net alle nötigen Informationen. Konstantin Mahlow alle Fotos: Veronique Kordesch 51