ERKER 06 2021

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Kultur

„Wir freuen uns auf die Zeit nach Corona“ „Unantastbar“ im Erker-Interview

Erker: Wie sehr vermisst Ihr Eure Fans? Und wie sehr fehlen Euch die Live-Auftritte? Florian Wieser: Wir vermissen unsere Fans und die Auftritte natürlich extrem. Ich habe diese unglaubliche Zeit voller Höhepunkte in den letzten Jahren sehr genossen. Umso mehr fehlen mir die vielen unvergesslichen Momente, Eindrücke, Begegnungen und ganz einfach die gemeinsame Zeit mit Band und Crew auf Tour. Christian Heiss: Die Nervosität vor einem Konzert, das Gefühl beim letzten Song – das alles sind Augenblicke, die man zwar auch früher zu schätzen gewusst hat, aber die, wenn sie weg sind, ein großes Loch hinterlassen. Gerade in Zeiten wie diesen merkt man, wie sehr man das alles braucht und dass man diesen Teil des Lebens nicht einfach streichen kann. Joggl Bergmeister: Wir waren in den letzten Jahren viel unterwegs. Ich konnte das alles irgendwann nicht mehr wirklich genießen, weil sich vieles nur noch nach Arbeit angefühlt hat. Gerade in dieser Zeit habe ich gemerkt, wie sehr mir nun alles fehlt und wie sehr ich das alles brauche. Unantastbar und das ganze Drumherum ist mehr als ein Geschenk und Gott sei Dank kann ich das wieder sehen und spüren! Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, wann Ihr das letzte Mal auf der Bühne gestanden seid? Schwebte da die Gefahr

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Erker 06/21

© Mike Heider

Über ein Jahr lang herrschte kultureller Stillstand, Konzerte mussten abgesagt oder verschoben werden. Auch für die Band-Mitglieder von „Unantastbar“ keine leichte Zeit. Aber am Ende steht immer die Hoffnung und so freuen sich Florian, Christian, Joggl und Tom bereits sehnsüchtig auf die Zeit nach Corona.

der drohenden Schließung bereits über dem Veranstaltungsbetrieb? Florian: Nach unserem großen Jubiläumskonzert beim Gegen-die-Stille-Festival in Sterzing hatten wir uns in eine Pause verabschiedet. Diese wurde im November 2019 für ein kleines Benefizkonzert in Berlin für die Obdachlosenstiftung von Frank Zander unterbrochen. Damals war Corona noch kein Thema und wir hatten keine Ahnung, dass das unser letztes „richtiges“ Konzert für längere Zeit sein sollte. Im vergangenen Sommer haben wir dann eine kleine Autokinotour in Deutschland veranstaltet. Das war sehr speziell und mit Sicherheit auch eine interessante Erfahrung. Mich persönlich hat das Ganze aber irgendwie auch traurig gestimmt. Was denkt man als Künstler, wenn man hört: Auftritte verschoben oder abgesagt bis … irgendwann? Hoffnung? Angst, wie wird es weitergehen? Auch finanzielle Sorgen? Christian: Anfangs haben wir nicht ganz realisiert, was das alles bedeutet und mit sich bringt. Wir haben letztes Jahr im März noch darüber gesprochen, dass wir Glück hatten, dass die Pandemie nicht zum Tourstart im Herbst ausgebrochen ist. Das war etwas naiv und blauäugig. Sobald dieser

ganze Wahnsinn ein Ende hat, werden wir das mit Sicherheit gebührend feiern. Florian: Wir haben im August 2020 unser neues Album „Wellenbrecher“ veröffentlicht, darauf sollte die größte jemals geplante Unantastbar-Tour folgen. Leider musste diese dann verschoben werden. Es schmerzt, wenn Konzerte und Festivals abgesagt werden oder man ganz einfach an die geile Zeit denkt, die man eigentlich haben könnte. Aktuell sind wir allerdings fest davon überzeugt, dass wir auf der Zielgeraden dieser Pandemie angelangt sind und die Misere bald ein Ende finden wird. Tom Conrater: Wir haben zum Glück keinen Druck wie andere Bands, die von der Musik leben müssen. Wir sind alle wenigstens teilweise berufstätig. Zum Glück! Aber natürlich: Der Gedanke, dass alles vorbei sein könnte, war da. Mittlerweile blicke ich jedoch positiv in die Zukunft! Wie sehr haben Euch die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie getroffen? Tom: Privat waren für mich die Ausgangs- und Kontaktsperren am schlimmsten. Bandtechnisch war die Coronazeit schwierig, da wir mitten in der Album-Promo zu Wellenbrecher waren. So mussten wir den längst ausgearbeiteten Plan kurzerhand verwerfen und

neue Wege finden. Christian: Zumindest was die Arbeit betrifft, hatte ich eigentlich wenig Einschränkungen; somit hat es mich sicher weniger hart getroffen als andere. Wenn ich mir ausmale, was andere durchmachen, die auf 50 m² mit ihrer Familie in einer Großstadt eingesperrt sind, dann vergeht mir jegliche Lust zu meckern. Immerhin kann man bei uns auf alle möglichen nahegelegenen Berge steigen und einen Tag in Normalität verbringen, mehr denn je weiß ich das zu schätzen. Joggl: Ich hatte anfangs ein Riesenproblem mit all den Verboten, neuen Regeln und unzähligen Verordnungen. Dennoch habe ich es irgendwie geschafft, mich in dieses System einzuordnen. Ich habe lange vieles als selbstverständlich angesehen. Ich habe in den letzten Monaten vieles wieder neu für mich entdeckt. Diese Zeit hat mir irgendwie auch wieder den Kopf geradegerückt. Wie sieht Euer derzeitiger Alltag aus? Joggl: Wir dürfen endlich wieder in unserem Tattoostudio in Sterzing arbeiten. Das alleine ist schon ein Riesending für mich und meine Frau. Es bedeutet uns sehr viel und trotzdem fühlt es sich so komisch und unrealistisch an, das überhaupt sagen zu müssen. Ich habe meine kreative Phase wiedergefunden und arbeite zurzeit wieder an neuen Songs. Es gibt viele neue Ideen, die nur darauf warten, endlich umgesetzt zu werden. Tom: Da es mittlerweile zu einigen Lockerungen gekommen ist, können wir uns wieder treffen und haben auch schon viele neue Pläne geschmiedet. Christian: Mein Alltag ist wieder ziemlich nahe an der Normalität. Mit den letzten Lockerungen kann man auch mal irgendwo hinfah-


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