aFLEET 05/2021

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FLEET MANAGEMENT Rechtsberatung

Wer haftet bei mangelnder Ladungssic Der Fuhrpark der Firma XY besteht ausschliesslich aus Kombi-Modellen, in welchen die Servicetechniker Werkzeug und diverses Material für den täglichen Berufsalltag transportieren. Eine konforme Ladungssicherung (professionelle Fahrzeugeinrichtungen, Spannsets, Auffangnetze etc.) wurde aus Kostengründen bis heute nicht angeschafft, obwohl die Mitarbeitenden den Flottenverantwortlichen mehrmals auf die Missstände aufmerksam machten. Nach einem Unfall, bei welchem die mangelhafte Ladungssicherung festgestellt wurde, stellt sich nun die Haftungsfrage.

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m Zusammenhang mit der Ladungssicherung bei geschäftlichen Tätigkeiten stellen sich komplexe arbeits-, straf- und haftungsrechtliche Fragen. Der Arbeitnehmende befindet sich in einem Zielkonflikt zwischen eigener Verantwortlichkeit als Fahrzeuglenker und Befolgung arbeitsrechtlicher Anwei­ sungen des Arbeitgebers. Die nachfolgende Darstellung soll einen kurzen Überblick über die rechtliche Situation und die involvierten Risiken der Beteiligten bieten. 1. Pflichten und Weisungsrecht des Arbeitgebers Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmenden mit den erforderlichen Geräten und Materialien auszurüsten, welche dieser zur Ausführung seiner Arbeit benötigt (Art. 327 Abs. 1 OR). Der Arbeitgeber hat ausserdem auf die Gesundheit des Arbeitnehmenden gebührend Rücksicht zu nehmen und die zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität erforderlichen Massnahmen zu treffen (Art. 328 OR). Dem Arbeitgeber steht in Bezug auf die Benutzung des Geschäftsfahrzeugs und die Ladungssicherung sodann ein Weisungsrecht zu (Art. 321d OR). Folglich hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden mit den erforderlichen Ausrüstungen zur Ladungssicherung auszustatten und die entsprechenden Sicherungsanweisungen zu kommunizieren. Arbeitnehmende haben Weisungen zu befolgen, solange diese den gesetzlichen

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Rahmen nicht überschreiten. Bei persönlicher rechtlicher Verantwortlichkeit des Arbeitnehmenden (z. B. der Pflicht zur Ladungssicherung als Fahrzeugführer, siehe sogleich) besteht deshalb kein entgegenstehendes Weisungsrecht des Arbeitgebers! Es liegt allein in der Verantwortung des Fahrzeugführers, die Ladung vor der Fahrt korrekt zu sichern, selbst wenn der Arbeitgeber abweichende oder entgegenstehende Weisungen vorgegeben haben sollte. Solche Weisungen müssen vom Arbeitnehmenden nicht befolgt werden. Vielmehr ist er bei Weisungen, welche den gesetzlichen Rahmen sprengen, unter Umständen sogar verpflichtet, sich den Weisungen des Arbeitgebers zu widersetzen. Dies insbesondere dann, wenn sich der Arbeitnehmende durch die Befolgung der Weisung selbst strafbar macht oder Dritte widerrechtlich schädigen könnte. 2. Sanktionen nach Strassenverkehrsgesetz Das Strassenverkehrsgesetz (SVG) hält fest, dass der Fahrzeugführer für die korrekte Ladungssicherung zuständig ist (Art. 30 Abs. 2 SVG). Es ist damit die Pflicht des Arbeitnehmers als Fahrzeugführer, die Ladung vor jeder Fahrt so anzubringen und zu sichern, dass niemand gefährdet wird. Die Ladungssicherung muss gemäss Rechtsprechung nicht bloss im normalen Verkehr, sondern auch bei leichten Unfällen gewährleistet

sein. Stellt die Polizei anlässlich einer Kontrolle eine mangelnde Ladungssicherung fest, kann sie den Fahrzeugausweis und die Kontrollschilder auf der Stelle einziehen und damit die Weiterfahrt untersagen (Art. 32 Abs. 2 und 3 Strassenverkehrskontrollverordnung). Die ungenügende Ladungssicherung stellt je nach Schweregrad und konkreten Umständen im Regelfall eine mittelschwere Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz dar (Art. 16b SVG). Rechtsfolge ist ein Führerausweisentzug von mindestens einem Monat im Administrativverfahren durch das zuständige Strassenverkehrsamt (Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG). Hinzu kommt eine Busse, welche im Strafbefehlsverfahren durch die zuständige Staatsanwaltschaft festgelegt wird (Art. 90 Abs. 1 SVG). Dieselbe Strafdrohung trifft auch den Arbeitgeber beziehungsweise den Vorgesetzten, wenn diese das fehlbare Verhalten des Motorfahrzeugführers veranlasst oder nicht nach ihren Möglichkeiten verhindert haben (Art. 100 Abs. 2 SVG). Da strafrechtliche Sanktionen stets persönlicher Natur sind, kann der Fahrzeuglenker die Busse nicht auf den Arbeitgeber abwälzen (wobei eine freiwillige Bezahlung durch den Arbeitgeber möglich ist). Die Rechtsverfolgungskosten des Straf- und Administrativverfahrens (Verfahrenskosten und Rechtsanwaltskosten) sind dem Arbeitnehmenden unter Umständen aber als


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