PRESTIGE
© Dedon
TRADITIONELLES HANDWERK TRIFFT MODERNES DESIGN FARBEN, TEXTUREN, STRUKTUREN – UND AUCH EIN PAPIER-HUMMER IN DER KÜCHE … WIE WOHNT UND WAS MACHT DER SYMPATHISCHE DESIGNER, WENN ER NICHT TISCHE, STÜHLE ODER LEUCHTEN ENTWIRFT? PRESTIGE TRAF DEN DEUTSCHEN PRODUKTDESIGNER SEBASTIAN HERKNER.
PRESTIGE: Herr Herkner, wie geht es Ihnen, und wie haben Sie das letzte Jahr erlebt? SEBASTIAN HERKNER: Mir geht es sehr gut, und ich freue mich darüber, dass wir nun wieder ein wenig reisen können. Gewöhnlich verreise ich sehr viel, aber im letzten Jahr war es natürlich auf Deutschland beschränkt. Dadurch habe ich jedoch Städte wie Leipzig und Dresden, aber auch die Ostsee kennengelernt – wunderschön! Sie haben durch die Pandemie sicherlich das Homeoffice als Designer kennengelernt … Die Zeit zuhause inklusive Homeoffice habe ich sehr geschätzt. In beruflicher Hinsicht ist es als Designer jedoch etwas schwierig. Vor allem, wenn haptische Dinge online besprochen werden und man selbst nicht Hand ans Werk legen kann. Zudem hat mir natürlich das Reisen gefehlt, denn bei all meinen Reisen entstehen auch sehr viele Inspirationen für meine Objekte.
© ClassiCon
Der «Bell Table» von Sebastian Herkner ist ein Meisterwerk traditioneller Handwerkskunst.
Autorin_Lone K. Halvorsen
Gewiss finden viele Souvenirs aus fremden Ländern einen dekorativen Platz bei Ihnen zuhause? Ich habe immer sehr viele Souvenirs aus fremden Ländern gekauft – von Salatschüsseln bis hin zu aus Holz geschnitzten Krokodilen. Gar Stühle, die so gebraucht waren, dass das Geschäft sie uns eigentlich nicht verkaufen wollte. Das sind Gegenstände, die Geschichten erzählen und zugleich oft eine Gesprächsgrundlage bilden, wenn fremde Menschen zu Besuch kommen und ihnen die Suppe in einer Schüssel aus Kolumbien serviert wird. Das alles gepaart mit einigen ausgewählten Stücken von mir und vielen Gegenständen, die ich online ersteigert habe. Der Durchbruch kam vor zehn Jahren mit dem «Bell Table», mit dem Sie förmlich die Materialien auf den Kopf stellten, mit einem Fuss aus Glas und einer Tischplatte aus Metall. Wie kam es zu diesem Entwurf ? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Stadt Offenbach zur deutschen Lederstadt mit Weltruhm geworden. Das Handwerk, das hier einst zuhause war, verschwand jedoch zunehmend, da die Produktionskosten im Ausland günstiger waren. Die Stadt verlor zugleich ihre Identität und die Bewohner das verbindende Thema. Nach meinem Abschluss 2007 an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung war ich als Assistent an der selbigen Hochschule tätig. Nachdem die Lederwerkstadt auch in der Hochschule geschlossen wurde, war mir bewusst, was die Folgen von neuen Technologien und neuen Materialien waren. Und so kam mir die Idee mit dem «Bell Table». Zurück zu dem klassischen Handwerk mit Glas blasen
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