WIRTSCHAFT & UMWELT
EQUAL PAY DAY 2022
Equal pay - was sonst?
U
Day beziehungsweise „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gebeten.
Auch in Bruneck waren engagierte Frauen unterwegs, um sich für die Sache stark zu machen. PZ-Redakteurin Judith Steinmair hat Stefanie Peintner, Vorsitzende des SVP-Frauenausschusses Bruneck, um eine Einschätzung in punkto Equal Pay
PZ: „Gleiche Bezahlung – was sonst?“ lautete das Motto des diesjährigen Equal Pay Days… Das impliziert eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die es aber im Jahre 2022 leider immer noch nicht gibt, oder? Stefanie Peintner: Das stimmt, und in den vergangenen vier Jahren hat sich diesbezüglich leider merklich wenig getan. Es ist bedenklich, dass Südtirol im europäischen Vergleich (Durchschnitt 14,1% bei Vollzeitbeschäftigung) doch um einiges zurückliegt. Das Problem betrifft Frauen aller Berufssparten, auch in führenden Positionen (20,2%). Nach wie vor üben Frauen - im Gegensatz zu den Männern - häufiger Berufe aus, die niedriger bezahlt werden, aber essenziell für unsere Gesellschaft sind. Der Pflegeberuf ist hierfür ein gutes Beispiel - eine Aufwertung dieses Berufsbildes wäre schon längst überfällig… Generell lässt sich sagen, dass bei der unterschiedlichen Bezahlung natürlich viele Faktoren eine Rolle spielen, wie etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vielfach sind Frauen froh, überhaupt eine Arbeit, sprich vor allem eine Teilzeitbeschäftigung, zu finden, und sie geben sich meist mit dem hierfür angebotenen Gehalt zufrieden ohne zu verhandeln. Vor allem gut bezahlte Berufe/hohe Positionen/Führungspositionen sind für Frauen oftmals aufgrund von Familienplanung beziehungsweise der Familie allgemein einfach nicht zugänglich. In dieser Hinsicht sind nicht nur die immer noch fehlenden Kindergartenplätze in Südtirol ein Problem, sondern auch die nach wie
nd ewig grüßt das Murmeltier… Italiens Frauen verdienen nach wie vor 17 Prozent weniger als Italiens Männer! Leider besteht auch bei uns eine geschlechtsspezifische Lohndifferenz, was bedeutet, dass Frauen bei gleicher Qualifikation für dieselbe Arbeit weniger Lohn erhalten, sowohl im Privatsektor als auch beim öffentlichen Dienst – es herrscht diesbezüglich also ein sogenannter Gender Pay Gap, eine Lohnlücke. Konkret: Der Gender Pay Gap in Südtirol beträgt aktuell 16,3 Prozent bei Vollzeitbeschäftigung in der Privatwirtschaft – oder anders ausgedrückt: Im Durchschnitt verdient eine Frau nur 84 Euro während ihr männlicher Kollege 100 Euro verdient. Seit über 10 Jahren macht der Landesbeirat für Chancengleichheit im Rahmen des jährlichen Aktionstages Equal Pay Day - eine europaweite Initiative – auch hierzulande verstärkt auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam. Gemeinsam mit 69 Unterstützerorganisationen, verteilt über das ganze Land, wurde am Freitag, dem 22. April, an insgesamt 37 Infopoints über die Ursachen und Folgen der Gehaltsdifferenz zwischen Frauen und Männern informiert und mit den mittlerweile bekannten knallroten Taschen auf das Thema aufmerksam gemacht. „Wir haben all die Jahre zum Thema informiert und sensibilisiert. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir Klartext sprechen – und zwar über Geld,“ so der Grundtenor der beteiligten Frauen am Equal Pay Day.
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PZ 9 | 5. M A I 2022
Tatkräftige Frauen in Bruneck engagierten sich für die Sensibilisierung am Equal-Pay-Day.
Stefanie Peintner, die Vorsitzende des SVP-Frauenausschusses.
vor vorherrschenden „steifen“ Arbeitszeiten. Dabei hat uns doch gerade die Coronapandemie gezeigt, dass (teilweise) Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten sehr wohl machbar wären und funktionieren können. Wir müssen endlich offen über Geld sprechen, so eine der Forderungen im Rahmen des Equal Pay Days – soll heißen? Gespräche über Lohn sind leider immer noch größtenteils ein Tabuthema, obwohl ein Austausch mit weiblichen und männlichen Kolleg*innen fruchtbar wäre. Es ist wichtig zu wissen, wie viel man in der Branche, in der man tätig ist, überhaupt verdienen kann. Viele sind sich über die finanziellen Möglichkeiten des eigenen Berufs überhaupt nicht im Klaren, und so wird dann auch bei Gehaltsverhandlungen meist zu tief angesetzt und später auch kein höheres Gehalt gefordert.