style in progress 4/2015 – Deutsche Ausgabe

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102 VOR ORT

Ärmel hoch und los. Die Stiefväter/ Luzern Von wegen Generation Y! Es gibt sie noch, die hungrigen, die jungen Entrepreneurs, die wissen, dass Erfolg ganz viel mit harter Arbeit zu tun hat. Dominik Schmid und Enea von Fellenberg riskieren alles und haben sich mit Kochlöffel und Haaren der Verwirklichung ihres Traums verschrieben. Text: Dörte Welti. Fotos: Anja Wurm

Am Anfang war die Vision eines eigenen Gastronomiebetriebes. Der gelernte Coiffeur mit Wirtepatent Dominik Schmid und der ausgebildete Koch Enea von Fellenberg kennen sich aus der Luzerner Ausgehszene. Es gibt zwar Lokale in der Stadt am Vierwaldstädter See, aber eines, das rockt, das fehlt irgendwie. Allein das Geld ist noch knapp. Die zwei bekommen eine Location angeboten, aber sie ist für „eine Beiz“ zu klein. Schmid und von Fellenberg nehmen den Laden trotzdem, mit der Idee, hier genug Geld zu verdienen, dass dann doch irgendwann das Restaurant möglich wird. In einer Bierlaune wird der Name Die Stiefväter kreiert, mit dem sinnigen Untertitel Dein Vormund für Stil. Zwei Friseurplätze zum Haareschneiden kommen rein und Mode, ein paar Accessoires. Schmid, dessen Wurzeln in Thailand liegen, hat zu Hause

Kontakte zu Textilproduzenten, man kennt sich, nachhaltiger geht es nicht. Eine feine kleine Selektion Marken wird in den Laden gehängt und los geht’s. Die Jungs arbeiten hart, Schmid macht rund 100 Haarschnitte pro Woche, der Preis von 39 Franken für Damen und 29 Franken für Herren zieht. Kein Chi-Chi, einfach Schnitt und gut. Die Jungunternehmer wohnen in einer winzigen Wohnung ohne Heizung und Warmwasser, teilen sich die Miete von 240 Franken, halten die Fixkosten niedrig und machen Eigenmarketing, indem sie eine weitere gemeinsame Leidenschaft, die Musik (Schmid spielte mal in der Band GeilerAsDu mit), mit von Fellenbergs Fähigkeiten, Events zu organisieren, paaren. Das spricht sich rum, die Marke Die Stiefväter steht bald nicht mehr nur für einen außergewöhnlichen Laden, sondern auch

Die Stiefväter Hirschengraben 11, 6003 Luzern/Schweiz www.diestiefvaeter.com Eröffnung: November 2012 Inhaber: Dominik Schmid, Enea von Fellenberg Anzahl der Mitarbeiter: 1 Marken: Cheap Monday, Desires, Eviltwin, Metallic Tattoos, Minkpink, Nude Audio, Timi Jewelry, Vagabond, Ynoru

für coole Plattentaufen, satte Partys und jede Menge Spaß, auch Lesungen, damit die Kultur nicht zu kurz kommt. Die junge urbane Kundschaft goutiert es. Von Fellenberg absolviert in der gegenüber liegenden Berufsschule seine Berufsmatura (ähnlich dem deutschen Fachabitur). Und weil man in Luzern auch miteinander spricht, und von Fellenbergs Vermieter – man kann sich inzwischen getrennte Zuhause

leisten – von dem Traum der Jungs weiß und gerade ein Lokal an der Hand hat, eine ehemalige Punk-Rock-Bar, kommt eins zum anderen: Seit 14. März ist die Metzgerhalle offen, eine Lokalität mit 90 Sitzplätzen, einer Bühne natürlich für jede Menge Mucke und einem Garten. Die beiden haben selbst renoviert, die Möbel gebaut, geschuftet und strahlen, als sie davon erzählen. Nebenbei hat von Fellenberg noch en passant eine eigene Taschenmarke kreiert, Ynoru, die jetzt im Shop hängt, der natürlich bestehen bleibt, denn vorerst ist die Metzgerhalle nur ab 16 Uhr unter der Woche geöffnet, Samstag durchgehend, sonntags für Brunch, da kann man sehr gut vorher jeweils noch Haare schneiden und Abitur machen.

Schlanke Einstellung: Kleiner Shop, niedrige Kosten, Qualität, die sich rumspricht, das Erfolgsrezept von Die Stiefväter – Enea von Fellenberg (l.) und Dominik Schmid –, um Geld für größere Projekte zu sparen.

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