style in progress 4/2015 – Deutsche Ausgabe

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„MODE UND TECHNOLOGIE GREIFEN IMMER MEHR INEINANDER.“ Nach Jahren als Einkäuferin für Modefirmen wie Anne Taylor und Pea in the Pod erkannte Mona Bijoor: Mit dem Bestellen mit Katalogen, Zetteln, Excel-Tabellen und Fax steckt der Modegroßhandel im 20. Jahrhundert fest. Um das Ganze papierlos, analytisch und effizient zu machen, gründete sie 2010 Joor. Vier Jahre später laufen beinahe drei Milliarden Bestellungen über die US-Onlineplattform, zu den Kunden zählen Rag & Bone, Facconable, Peter Pilotto, Jason Wu, Marni, Balmain, APC, Stella McCartney, Charlotte Olympia und Loewe. Etwa 40 Prozent der Order kommen aus Europa und europäische Designer verkauften über Joor im Wert von rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Im Interview mit style in progress legt Mona Bijoor ihre Sicht auf die digitale Zukunft der Mode dar. Text: Petrina Engelke. Foto: Joor

Wieso ist das Konzept, im Showroom zu bestellen, nicht mehr zeitgemäß?

Showrooms haben sicherlich ihre Bedeutung, die meisten unserer Kunden nutzen Joor sogar dort. Aber es gibt auch das Bedürfnis, Neues für den Laden zu finden, ohne selbigen verlassen zu müssen. Das hat für kleine Läden und E-Commerce-Start-ups alles verändert. Resort Collection, High Summer Collection, Pre-Fall: Es gibt immer mehr Versuche, neue Kollektionen zu verkaufen. Wohin wird das Ihrer Ansicht nach führen?

Ich denke, Neuartigkeit wird als Trend nicht verschwinden. Verbraucher wollen Diversifikation, und es ist wichtig, diese Neuartigkeit übers Jahr in Kollektionen einzuspeisen. Allerdings haben wir auch schon sehr erfolgreiche Kollektionen erlebt, die nur zwei- bis viermal im Jahr kommen. Es gibt keine allgemeingültige Regel. Erfolgreiche Marken

haben ihre eigene Philosophie, bleiben ihrer Strategie treu und lassen sich von Branchennormen nichts vorschreiben. Wenn Sie sich die Daten über die Bestellungen auf Ihrer Plattform anschauen. Was passiert gerade in der Modebranche, das Ihnen vorher gar nicht aufgefallen ist?

Der interessanteste und überraschendste Trend, den man im Auge behalten sollte, ist die weitreichende Wirkung von Fast Fashion, wo Marken bei dem Versuch, im Trend zu bleiben, ihre Produkte sehr schnell von den Laufstegen in die Läden bringen. Wir beobachten, dass das die Mode zunehmend trendfrei macht: Es wird immer schwieriger herauszukristallisieren, was die Designer weltweit gemeinsam haben. Zu einem gewissen Grade wird Mode immer einen Bezug zur Jahreszeit haben, weil niemand im August Pelz tragen will, egal, was die Trends vorschreiben. Aber

die größten Innovatoren in der Mode scheren sich nicht darum, welche Farbe grad in ist, sondern darum, wie man das richtige Produkt zum richtigen Preis zum Kunden bekommt. Was ist Ihre persönliche Sicht auf das Tempo der Mode und auf ihre Zukunft?

Mode und Technologie greifen immer mehr ineinander. Kleidung beschäftigt sich zunehmend mit Funktionalität und funktionale Produkte wollen zunehmend stylisch sein. Letztes Jahr entschied Apple, zum Uhrenhersteller zu werden, und Fitbit wurde ein Mode- und Fitness-Accessoire. Diese Grenze wird weiter verwischen.

Mona Bijoor hat mit Joor den Modegroßhandel digitalisiert – und vereinfacht. Ihr Plan: Nicht nur die Modebranche soll davon profitieren, sondern in Zukunft auch die Möbel- und Spielzeugindustrie.

https://jooraccess.com/

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