Börsianer 45. Ausgabe, Q3 2021

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MEINUNGEN KOMMENTARE

VITA OLIVER STOCK Korrespondent Deutschland „Börsianer“

DER STAAT MUSS RAUS

Als Korrespondent (55) des „Börsianer“ berichtet der gebürtige Deutsche über spannende Finanz- und Wirtschaftsgeschehnisse aus Deutschland. Der studierte Volkswirt war Chef der „Finanzzeitung“ in Frankfurt, Vize­chefredakteur des „Handelsblatts“ und der „Wirtschaftswoche“ sowie Kommunikationschef bei der Tochter der Münchner Rück. Er beschreibt sich selbst als gutgelaunt und neugierig.

Hilfreiche Tipps zur Unternehmensführung wie etwa der OMV sollte sich jede Regierung verkneifen. Es entsteht nur Ungerechtigkeit.

Ö

sterreich ist ein Land mit Tra-

auffordern, auf Kurzstreckenflüge dau-

dition. Die Pracht vergangener

erhaft zu verzichten. Aber von der Regie-

Epochen scheint herüber, auch

solcher, die noch gar nicht so lange vorbei

„Staatseinfluss geht

sind. Manchmal ist das zum Verzweifeln.

immer mit Verzerrungen

Es ist noch keine Generation her, da

des Wettbewerbs­einher.“

hatte das Land einen riesigen Staatssektor. Er war aus der Not entstanden: In den

OLIVER STOCK

rung in Berlin kommen solche Forderungen nicht. Jedenfalls nicht öffentlich. VW gehört seit Jahrzehnten zu einem Gutteil dem Land Niedersachsen, das sich selbst bei Skandalen wie den Abgasbetrug wohlweislich zurückgehalten hat.

50er-Jahren gab es viele besetzte Betriebe

Meistens ist das gut so. In dem Augen-

im russischen Einflussbereich. Die ehe-

blick nämlich, da politische Institutionen

mals deutschen Rüstungsbetriebe, das

rung über angebliche Bespitzelungsvor-

und nicht Marktkräfte das Sagen haben,

Industriekonglomerat Voest, die staat-

würfe, die Umweltaktivisten gegen den

verändert das die Interessen und Prioritä-

liche Mineralölverwaltung - all das war

OMV-Chef erhoben haben. Dem bleibt

ten. Dann gibt es Interventionen bei Fir-

russisch. Österreich wollte diesen Ein-

nichts übrig, als sich öffentlich zu wehren.

menentscheidungen, Vetternwirtschaft,

fluss zurückdrängen, das ging nur, wenn

Beispiel Telekom Austria AG: Das Un-

Protektion von Parteifreunden. Staats-

es seine Unternehmen verstaatlichte. Es

ternehmen soll Schulen digitalisieren und

einfluss geht immer mit Ungleichbe-

hat dann mehr als drei Jahrzehnte gedau-

die Kreislaufwirtschaft durch das Recyc-

handlungen und Wettbewerbsverzerrun-

ert, bis nicht zuletzt auf Druck der EU die

ling von Altgeräten unterstützen. Beides

gen, auch Ungerechtigkeiten einher. Der

Privatisierung kam, was zeigt, wie groß

sind Staatsaufgaben, die der Staat aber

Staat trifft reihenweise Fehlentscheidun-

das

politischer

mal eben rüberschiebt. Begünstigt wird

gen. Die Landesbanken in Deutschland,

Kräfte ist. Und sie beharren immer noch.

dieses Klima der Einflussnahme durch

die tiefer als die meisten privaten Banken

Beispiel OMV AG: Da ist die vom Vor-

kurze Wege: In Wien kennt man sich

in die Finanzkrise verstrickt waren, sind

stand und Aufsichtsrat, in dem auch ein

eben, und im Kaffeehaus hält jeder gern

ein abschreckendes Beispiel. Deshalb

Staatsvertreter sitzt, jüngst beschlossene

mal Sprechstunde. Nebenan in Deutsch-

muss der Staat nach Krisen so schnell wie

Strategie, sich weg vom Öl hin zur Chemie

land läuft es ein bisschen besser. Obwohl

möglich raus aus den Betrieben. Und er

zu bewegen, und Umweltministerin Leo-

die Zahl der direkten Staatsbeteiligungen

muss sich, solange er noch drin ist, mit

nore Gewessler hat nichts Eiligeres zu tun,

in der Krise etwa um die Lufthansa AG und

Tipps zur Unternehmensführung zumin-

als eine Weichenstellung Richtung Klima-

den Reiseveranstalter TUI AG gestiegen

dest vor den Kulissen zurückhalten. In

schutz einzufordern. Da verlangt Vize-

ist, hält sich die Politik zurück. Sie könn-

Österreich bedeutet das einen Traditions-

kanzler Werner Kogler lautstark Aufklä-

te in der Klimadebatte beide öffentlich

bruch. Aber das macht nichts. n

Beharrungsvermögen

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