BREXIT: Beide Seiten müssen sich bewegen N
achdem die britische Regierung die Verhandlungen Anfang Oktober für gescheitert erklärt hatte, nahm sie sie nur wenige Tage später wieder auf. Damit ein Abkommen bis Anfang 2021 ratifiziert und rechtlich umgesetzt werden kann, bleibt wenig Zeit. Ob ein solches dann auch nationale Parlamentsmehrheiten findet, ist ungewiss. Viele Fragen sind offen. Der Güterhandel ist immer noch quantitativ von allergrößter Bedeu-
Foto: IfW Kiel, Michael Stefan
Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D. Präsident, IFW Kieler Institut für Weltwirtschaft
„Auch in der Fischerei – für beide Seiten von hoher symbolischer und politischer Bedeutung – gab es noch keine Fortschritte.“
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tung für beide Seiten. In der Theorie sind sich London und Brüssel einig, dass Zölle und Mengenbeschränkungen vermieden werden müssen. Ein Vertrag nach Vorbild des CETA- Abkommens mit Kanada würde dies leisten. Doch Brüssel lehnt eine solche Lösung ab und will auf Marktzutrittsbarrieren nur verzichten, wenn sich das VK auf gleiche Wettbewerbs bedingungen im Umwelt- und Sozialrecht sowie bei staatlichen Beihilfen verpflichtet. London ist aber gegen jede Art der regulatorischen Angleichung an die EU. Eine Lösung k önnte sein, dass sich das VK verpflichtet, nicht hinter existierende Standards zurückzufallen, es aber zukünftige EURegeln nicht übernehmen muss. Im Bereich der EU-Beihilfevorschriften fordert Brüssel nicht mehr, dass das VK die europäischen Regeln vollständig übernehmen muss, sofern seine Regelungen äquivalent zu jenen der EU sind. Allerdings hat London bisher nicht geklärt, wie sein künftiges Beihilferecht ausgestaltet werden soll. Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die so genannten Ursprungsre-
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AKTUELL Europa
geln. Diese legen fest, unter welchen Bedingungen ein aus dem VK in die EU exportiertes Gut zollrechtlich auch wirklich als aus dem VK stammend gilt, und umgekehrt. Mit diesen R egeln wird vermieden, dass Unternehmen aus einem Drittstaat zollfrei nach Großbritannien und von dort zollfrei weiter in die EU liefern, obwohl die EU mit dem Drittstaat keinen Freihandel vereinbart hat. Ursprungsregeln sind regelmäßig mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Sie bringen Hürden vor allem in h ochgradig integrierten Lieferketten im verarbeitenden Gewerbe in Sektoren wie der Automobilindustrie und der Lebensmittel- und Getränke industrie. Aktuelle Forschung zeigt, dass die Sorge vor einem Unterlaufen des EU-Zollschutzes in der Realität häufig unbegründet ist. London drängt in diesem Bereich auf liberale Regelungen, gegen die sich Brüssel bisher wehrt. Hier könnte man dem VK entgegen gehen, zum Beispiel, indem nur für jene Waren Ursprungsnachweise nötig sind, für die sich die externen
TREND 3/4 2020