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FAMILIENUNTERNEHMEN UND MITTELSTAND
PFLEGE
Vizepräsident Friedrich Merz bewertet EU-Corona-Rettungspaket
Staatssekretär Westerfellhaus begrüßt Neugründung der Bundesarbeitsgruppe
Für Friedrich Merz, Vizepräsident des Wirtschaftsrates, war die Einigung der europäischen Staats- und Regierungschefs auf den Corona-Hilfsfonds ein grundsätzlich positives Signal. „Die Handlungsfähigkeit der EU ist gewährleistet“, sagte er in einer Videokonferenz zum Thema „Wie kann Europa seiner globalen Rolle gerechter werden?“ Zugleich sprach er sich für eine ausschließlich zweckgebundene Verwendung der Mittel aus. Merz warnte jedoch davor, für den Klimaschutz das Mandat der Europäischen Zentralbank auszuweiten. Zum Thema Werkverträge erklärte er, dass sie wichtiger Teil der Rechtsordnung und des Arbeitsmarktes seien: „Deshalb bin ich dagegen, Werkverträge für bestimmte Industrien einfach zu verbieten. Auf der anderen Seite: Was in Teilen der F leischindustrie passiert, mit Sub-sub-sub-Verträgen, das hat mit einem anständigen Umgang mit den Mitarbeitern und mit Sozialer Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Das sind Missbräuche des Werk vertragssystems, und die muss und kann man auch abstellen.“ l
Der Pflegebereich war in den letzten Jahren einem hohen Maß an Regulierung und politischen Veränderungen ausgesetzt. Um angesichts des demografischen Wandels dem enormen gesellschaft lichen Stellenwert der Pflege Rechnung zu tragen und dem Thema eine kraftvolle Stimme zu geben, hat der Wirtschaftsrat die Bundesarbeitsgruppe Pflege gegründet. Zur Auftaktsitzung waren Teilnehmer aus allen Bereichen der Altenpflege vertreten. Als hochkarätige Redner waren der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege, Staatssekretär Andreas Westerfellhaus, und der pflegepolitische Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Erich Irlstorfer, zugeschaltet. Neben der Vorstellung seines Fünf-Punkte-Programms für eine bessere Pflege, betonte der Staatssekretär wie wichtig die Gründung der Bundesarbeitsgruppe Pflege sei. Auch der Erich Irlstorfer unterstrich die Bedeutung des Gremiums und diskutierte mit den Unternehmern die Themen, die den Gesundheits ausschuss beschäftigen. Beide Referenten plädierten für die Zusammenarbeit aller im Sektor Pflege beteiligten Akteure, um gute und vernünftige Lösungen für künftige Herausforderungen zu finden und freuten sich auf den Austausch mit der Bundesarbeitsgruppe. Vorsitzender des neuen Gremiums ist Daniel Schuster, l Geschäftsführer der ProCurand Unternehmensgruppe.
WR-DIALOG
Foto: European Union, 2019 - Etienne Ansotte
Eurobonds mit EU-Wiederaufbaufonds nicht vom Tisch Der erste „WR-Dialog“ stand unter dem Motto „Was sich hinter Nullzins, Rekordverschuldung und Ordnungsverlust zusammenbraut“. Prof. Dr. Dirk Meyer, Professor für Volkswirtschafts lehre, insb. Ordnungsökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg, gab seine Einschätzungen zum EU- Wiederaufbaufonds und der Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB). Ein wichtiges Strukturmerkmal des EU-Wiederaufbaufonds sei, dass dieser mit dem Notstandsparagraphen begründet wurde, was alle 27 EU-Staaten betrifft. Im Gegensatz dazu beziehe sich das frühere Kriseninstrument, der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) nur auf die 19 Euro-Staaten. Die Diskussion über Eurobonds sieht Prof. Meyer durch die Einführung des Aufbaufonds nicht als beendet an. Im Gegenteil: Die Tür für eine gemeinschaftliche Schuldenhaftung sei durch den Aufbaufonds und das europäische Kurzarbeiterprogramm Sure weiter geöffnet worden. Von den Prinzipien Wettbewerb, Föderal lismus und Markt entferne sich Europa immer mehr.
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Foto: AdobeStock©pikselstock
NEUES AUS DEN KOMMISSIONEN
DIGITAL FINANCE
Burkhard Balz wirbt für Europa-Lösung Die Pandemie hat das Zahlungsverhalten der Bürger verändert. Seitdem erfolgt vieles digital und eine Rückkehr zu mehr Bargeld sei auch nicht mehr zu erwarten. Das sagte Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, auf der konstituierenden Sitzung der neuen Bundesarbeitsgruppe Digital Finance des Wirtschaftsrats und betonte, wie wichtig gerade dabei europäische und technologieoffene Lösungen seien. Ein wachsender Wettbewerb sei durch sogenannte „Big Techs“ wie Apple oder Facebook, die in das Zahlungsgeschäft drängten, aber auch durch chinesische Zahlungsanbieter, zu erwarten. Deshalb sei es notwendig, europäische Zahlungslösungen zu entwickeln und dafür einen europäischen Ordnungsrahmen zu beschließen. Die Grundlage sei eine „digitale Identität“, für die der Gesetzgeber l gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen müsse.
TREND 3/4 2020
Foto: Bundesbank - Frank Rumpenhorst
Foto: Friedrich Merz