D as Wipptal im Zeitraffer von Karl-Heinz Sparber (Teil 9)
1456 – 1469
15. Jh.
Der ehemalige Multscher-Altar in der alten Pfarrkirche
Die „Tiroler Habsburger“
Friedrich IV. mit der leeren Tasche (1406 – 1439) und sein Sohn Sigmund der Münzreiche (1439 – 1490) Die Tiroler tendieren zunehmend zur Selbstständigkeit ihres Landes und halten sich deshalb nicht an die bestehende habsburgische Hausordnung, die eine gemeinsame Regierung und Verwaltung der Länder vorsieht. Für „Tirol und die Vorlande“ setzt sich die Bezeichnung „Oberund vorderösterreichische Länder“ durch. Innsbruck und Schwaz (20.000 Einwohner!) sind die größten Orte. An der Donau liegen die „Unterösterreichischen“ Länder der Habsburger mit dem Regierungssitz Wien; zu „Innerösterreich“ gehören die Steiermark, Kärnten, Krain und Istrien mit dem Hauptort Graz. Landesfürst Friedrich IV. verstrickt sich 1415 in einen Konflikt mit dem deutschen König Sigismund (1411 – 1437, seit 1433 Römisch-Deutscher Kaiser), wofür er geächtet und gebannt wird. Er kann jedoch auf seine treuen Tiroler Bürger und Bauern zählen und verbrieft ihnen ihre Rechte. Bei seinem Tod ist das Land wohlbestellt, die Finanzverwaltung geordnet und die Kasse voll. Sein Sohn Sigmund ist erst zwölf Herzog Sigismund (der „MünzJahre alt und übernimmt 1446 das Landesfürstentum Tirol. Er wird zwar reiche“) von Tirol zwischen 1465 und 1470 (Alte Pinakothek, „der Münzreiche“ genannt, vergeudet aber in seiner VerschwendungsMünchen) und Prunksucht all die reichen Einnahmen des Landes und lebt stets in Schulden. Zu seinen großen Bauten gehören Schloss Sigmundskron in Bozen als Festung gegen Venedig (1474 – 1483), die Innsbrucker Hofburg (Kaiser Maximilian baut sie dann aus); bei der Grundsteinlegung des Zwölferturms 1468 ist er persönlich in Sterzing zugegen. Der Beiname „münzreich“ kommt daher, dass er 1449 eine neue Münzordnung erlässt und 1477 aufgrund der großen Silbervorkommen um Schwaz die Meraner Münzstätte nach Hall verlegt, wo er den begehrten „Taler“ schlagen lässt: eine schwere Silbermünze im Wert des bisherigen Goldguldens.
Johannes Gutenberg (1400 – 1468) druckt seine berühmte 42-zeilige lateinische Bibel. Für 180 Exemplare benötigt er drei Jahre, eine handschriftliche Kopie dauerte bisher auch drei Jahre. Alle Druckwerke aus dieser Pionierzeit bis 1500 werden „Wiegendrucke“ genannt.
Der abgesandte Zöllner Hans Puechrainer reitet am 9. Jänner 1456 von Sterzing nach Innsbruck zum Altarmeister Hans Multscher aus Ulm und überbringt ihm 5 Pfund Perner (als „Drauf- und Handgelt“, ein kleiner Vorschuss). Der Bergrichter Thoman Luenczner handelt als Abgesandter der Sterzinger Kirchengemeinde mit dem bedeutendsten süddeutschen Bildhauer für den Flügelaltar einen Vertrag aus, der leider nicht erhalten ist. Die in Ulm fertiggestellten Altarteile gelangen mit Wagen innerhalb von fünf bis sieben Tagen im Juli/August (nur im Hochsommer sind die schlechten Wege gut befahrbar) über den Brenner. 1458 wird der Hochaltar mit den vier vorne und hinten bemalten Altartafeln im Chor der Pfarrkirche aufgestellt. Das Aufstellen, Zusammenfügen und Verankern des 12 m hohen Altars nehmen mehr als sechs Monate in Anspruch. Am Ende erhält Hans Multscher 1.331 Gulden, wobei er für den Transport von Ulm nach Sterzing selbst aufkommen muss (ca. 200 Gulden). Nach über 300 Jahren wird der Altar 1779 abgebrochen.
In regelmäßiger Folge werden in Sterzing Passionsspiele aufgeführt.
1455 n. Chr.
Für diesen Zeitraum listet Karl Schadelbauer die Namen der 51 Bürgermeister von Sterzing auf. Erker 09/20
1452 – 1454 n. Chr.
68
1450 – 1500 n. Chr.
1450 n. Chr.
Der Goldgulden Sigmunds, Er liegt von 1450 bis1464 im Streit mit dem Brixner Bischof Nikolaus Cusa- geprägt noch 1477 in Meran nus (eigentlich Nikolaus Chryfftz oder Krebs aus Kues an der Mosel, 14011464), der die Oberhoheit der Bischöfe über das Land wieder zur Geltung bringen will. Der lange Prinzipienstreit endet erst mit dem Tod des gelehrten Kirchenfürsten, der über das Land Tirol zweimal das Interdikt (Verbot jeglicher Seelsorge) verhängt.
Die vier Flügelgemälde (je 2,1 m x 1,9 m) des Multscher-Altars zeigen innen Marienleben und außen Passionsszenen, sie befinden sich seit 1986 im Sterzinger Stadtmuseum.
*** Überschwemmung im Wipptal
Bau einer gewaltigen Mauer gegen den Vallerbach am Nordende der Stadt. Die zahlreichen Überschwemmungen der letzten JahrzehnDie „Stadtritsche“ bringt Frischwasser und auch Löschwasser in die Stadt (15. – 19. Jahrhundert)