Gemeinderatswahlen im Wipptal
179 Kandidaten bewerben sich um 78 Ratssitze Elf verschiedene Listen stellen sich der Wahl/ 35,7 Prozent sind Frauen Von Renate Breitenberger In fünf Wipptaler Gemeinden stellen sich bei den Gemeinderatswahlen am 20. und 21. September elf verschiedene Listen und Parteien mit insgesamt 179 Kandidaten der Wahl für 78 Gemeinderatssitze. Der Wahltermin ist wegen der im Frühjahr grassierenden Coronapandemie von Mai auf September verschoben worden und fällt nun mit dem Verfassungsreferendum zur Verkleinerung des Parlaments zusammen. Bei den Gemeinderatswahlen 2015 hatten sich im Wipptal 218 Kandidaten auf 14 Listen um 93 Ratssitze beworben – so viele Kandidaten und Listen wie nie zuvor. In allen sechs Gemeinden wurde neu gewählt. Alles beherrschendes Vorwahlzeit-Thema war damals die geplante Gesundheitsreform. Die Vertreter der Südtiroler Volkspartei traten in allen sechs Wipptaler Gemeinden mit dem „Wipptaler Edelweiß“ zur Wahl an – ein Ausdruck ihres Unmutes gegen die zentralistischen Bestrebungen gegenüber der Parteizentrale in Bozen. Bürgermeister Fritz Karl Messner und der Sterzinger Stadtrat sowie einige ehemalige SVP-Gemeinderäte der Gemeinde Brenner, darunter die ehemalige Vizebürgermeisterin Maria Holzer, sagten sogar der SVP ade und traten mit einer eigenen Liste an, nämlich mit der Liste „Für Sterzing Wipptal“ bzw. der „Freien Liste Gemeinde Brenner“. Nun, fünf Jahre nach der umstrittenen Sanitätsreform, kandidiert die SVP wieder mit dem gängigen Listenzeichen. Die beiden Bürgerlisten in Sterzing und Brenner treten erneut mit ihrem gewohnten Listenzeichen an. Gemeinderatswahl in Corona-Zeiten Diesmal ist es vor allem die Coronapandemie mit all ihren viel- und
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Erker 09/20
In Sterzing buhlen insgesamt fünf Listen, in Brenner vier, in Franzensfeste drei, in Ratschings und in Pfitsch jeweils zwei Listen um Wählerstimmen.
feinschichtigen Kollateralschäden, die der Vorwahlzeit eine herb-bittere Note verleiht. Wie sich die Bonus-Angelegenheit auf das Wahlergebnis in den einzelnen Gemeinden Südtirols auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. Ob kurzfristig Kandidaten abspringen und bei den Wahlen nicht mehr zur Verfügung stehen? Kurz nachdem alle antretenden Listen und Kandidaten hinterlegt waren, war bekannt geworden, dass drei SVP-Mandatare – Landesrat Arnold Schuler sowie die Landtagsabgeordneten Helmut Tauber und Gert Lanz – genauso wie Team-K-Landtagsabgeordneter Paul Köllensperger trotz Fortzahlung ihres Politikergehaltes beim staatlichen Fürsorgeinstitut INPS um den 600-Euro-Corona-Bonus angesucht haben. Der Aufschrei in den Medien, in der Bevölkerung und in den Parteien war groß: Das Ansuchen um den Corona-Bonus sei zwar rechtlich möglich, doch aus moralischer Sicht absolut inakzeptabel gewesen, hieß es von allen Seiten. Konsequenzen wurden gefordert, von der Niederlegung von Funktionen bis hin zum Rücktritt. Am Ende mussten die SVP-Mandatare Schuler und Tauber verschiedene Ämter zurücklegen, Lanz bleibt sanktionsfrei, und Köllensperger ist weiterhin Vorsitzender des Team K.
Im Wipptal selbst verlief die Vorwahlzeit in der Öffentlichkeit relativ ruhig, auch wenn es in der einen oder anderen Gemeinde hinter den Kulissen recht lebendig zuging und eifriger Aktionismus spürbar war. So tauchte in der Gemeinde Brenner Ende Juli Martin Alber als zweiter SVP-Bürgermeisterkandidat auf, in Ratschings wurden Gerüchte über eine kleine Edelweiß-Liste und eine Liste der Süd-Tiroler Freiheit laut, einige Wipptaler wechselten Parteizugehörigkeit und kandidieren nun auf der Liste der Konkurrenz. Die Kandidatensuche gestaltete sich für die meisten Parteien auch heuer wieder schwierig. Die Bereitschaft für eine aktive Kandidatur hielt sich in Grenzen, vor allem bei der jungen Generation. Andere wiederum, etwa die Bürgerliste „Licht für Franzensfeste“ in Franzensfeste, hat sich nach Corona mit der Suche
nach Kandidaten, vor allem jungen, leichter getan als noch vor Corona. Viele Newcomer kandidieren heuer für den Gemeinderat, zahlreiche SVP-Räte kehren der Ratsstube den Rücken, etwa in Pfitsch, Ratschings und Brenner. Vielfach nutzten die Listen heuer soziale Online-Medien für ihren Wahlkampf und die Vorstellung der Kandidaten. Aufgrund der Covid-19-Sicherheitsbestimmungen war lange nicht klar, ob bzw. in welcher Form überhaupt Wahlveranstaltungen mit Menschenansammlungen abgehalten werden können. Sieben Bürgerlisten Insgesamt sieben verschiedene Bürgerlisten präsentieren sich diesmal in den fünf Gemeinden den Wählern. In Sterzing kandidieren „Insieme per Vipiteno“ und „Für Sterzing Wipptal“, in Pfitsch „Gemeinsam
GEMEINDERATSWAHL 2020 – LISTEN UND KANDIDATEN Gemeinde Brenner
Listen
Männer
4
22
Frauen 8 (26,6 %)
gesamt 30
Franzensfeste
3
22
12 (35,3 %)
34
Pfitsch
2
13
10 (43,5 %)
23
Ratschings
2
17
7 (29,1 %)
24
Sterzing
5
41
27 (39,7 %)
68
11*
115
64 (35,7 %)
179
Wipptal
*SVP und Fratelli d’Italia – Giorgia Meloni werden nur einmal gezählt.