Börsianer 50. Ausgabe, Q3 2022

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MEINUNGEN KOMMENTARE

CYBERKRIMINALITÄT: DIE GROSSE GEFAHR AUS DEM NETZ

VITA RALPH MÜLLER Generaldirektor Wiener Städtische Versicherung AG Der promovierte Rechtswissenschaftler (54) und ­ egeisterte Tennisspieler ist seit 1. Jänner 2021 Vorb standsvorsitzender der Wiener Städtischen Versicherung AG. Davor leitete der gebürtige Deutsche ein Jahr die Donau Versicherung AG und wirkte sechs Jahre im Vorstand seines jetzigen Arbeitgebers.

Weltweit findet alle 39 Sekunden eine Cyberattacke statt. Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung haben unsere Welt in den letzten beiden Jahrzehnten stark verändert – und Kriminellen ein neues Feld eröffnet!

Ö

sterreich ist keine Insel der Seli-

Bei allen technischen Innovationen ist

gen: Cybercrime ist auch bei uns

nach wie vor der Mensch die größte Si-

vom Orchideen- zum Hauptthe-

ma geworden. Im Vorjahr gab es mehr als 46.000 Cybercrime-Anzeigen – fast ein Drittel mehr als 2020. Der Großteil der Onlinekriminalität entfiel wieder auf Betrug. Man kann zugespitzt formulieren:

„Der Mensch ist die größte Sicherheitslücke.“ RALPH MÜLLER

cherheitslücke. Je mehr Mitarbeiter in einem Unternehmen arbeiten, desto größer die Chance für Hacker. Mit einer gezielten Sicherheitsstrategie und einem Chief-Security-Officer ist es jedoch möglich, diesen Angriffen zum großen Teil ei-

Betrug hat sich in den virtuellen Raum

nen Riegel vorzuschieben. Ganz verhin-

verlagert – mit einem erheblichen Scha-

dern wird man derartige Angriffe aber nie

denspotenzial. Im Schnitt verursachen

sachen. Das Bewusstsein für die Gefah-

können. Das ewige Katz-und-Maus-Spiel

Cyberattacken bei Unternehmen einen

ren im Netz ist in Österreich nach wie vor

zwischen Kriminellen und Behörden fin-

Schaden von 80.000 Euro, in Einzel-

sehr niedrig. Weniger als zehn Prozent

det auch im Netz statt! Für den Fall, dass

fällen sogar mehr als 500.000 Euro – je

der Unternehmen in Österreich haben

tatsächlich der Notfall eintritt, ist ein Cy-

nach Größe des Unternehmens. Cyber-

derzeit eine Cyberversicherung. Wir ra-

berschutz das richtige Auffangnetz: Es

kriminalität ist ein vielfältiges Problem,

ten deshalb dazu, dass sich jedes Unter-

hilft nicht nur bei der Eindämmung des

nachdem sich die Angriffsszenarien bei-

nehmen mit seinem individuellen Risi-

Angriffs durch IT-Experten, sondern

nahe täglich weiterentwickeln. Daher ist

ko auseinandersetzt und gemeinsam mit

leistet finanzielle Entschädigung für das

es besonders wichtig, nachhaltig Aufklä-

seinem Berater einen Krisenplan samt

Unternehmen selbst, aber auch, wenn

rungsarbeit zu leisten. Obwohl die Cy-

entsprechender Absicherung entwickelt.

Kunden etwa durch Datendiebstahl ei-

berattacken in den letzten Jahren rasant

Durch Homeoffice infolge der Pandemie

nen Schaden erleiden. Noch stehen wir in

angestiegen sind, hoffen immer noch

und den Ukraine-Krieg hat sich das Be-

Österreich bei Cyber-Deckungen am An-

viele Unternehmer – gerade im KMU-

drohungsszenario potenziert: Direkte

fang, doch die steigende Gefahr im World

Bereich –, selbst nicht davon betroffen

Angriffe oder Schadsoftware, die über

Wide Web wird dazu führen, dass sich im-

zu sein. Solche Attacken können jedoch

Lieferketten transportiert werden, füh-

mer mehr Unternehmen absichern wol-

im Handumdrehen die Existenz eines

ren zu massiven Geschäftsschädigun-

len und werden. Daher bin ich auch fest

Unternehmens und somit der betroffe-

gen. Letztes Jahr im Herbst hat ein Lie-

davon überzeugt, dass die Cyberversiche-

nen Menschen bedrohen und massive

ferkettenangriff etwa in Oberösterreich

rung die Feuerversicherung des 21. Jahr-

Image- und Reputationsschäden verur-

35 Firmen betroffen.

hunderts werden wird. n

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