AKTUELL Energiewende
„ Wir brauchen Technologieoffenheit beim Klimaschutz“ Klare Zielvorgaben, Technologieoffenheit und Förderprogramme, die helfen Versorgungs sicherheit zu garantieren, bilden die Grundsteine auf dem Weg zur Klimaneutralität.
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limaneutralität ist die zentrale gesellschaftliche Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Wirtschaft und Politik stellen sich gleichermaßen hinter das ambitionierte Vorhaben. Nahezu jedes Unternehmen in Deutschland beschäftigt sich mit der Frage, wie CO2-Emissionen zeitnah eingespart werden können. Den Handlungsdruck diese Reduktion zeitnah einzuleiten, hat das kürzlich vom Bundesverfassungsgericht verkündete Urteil noch einmal verstärkt. Klimaneutralität erfordert mitunter die fundamentale Transformation von Wertschöpfungsketten. Dennoch haben die wirtschaftsstärksten Branchen, vom Automobilsektor, über den Maschinenbau, die chemische und
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von:
Dr. Peter Feldhaus CEO des Energieversorgungs unternehmens Onyx Power
„Klimaneutralität erfordert mitunter die fundamentale Transformation von Wertschöpfungsketten.“
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pharmazeutische Industrie, bis hin zur Metallerzeugung und -verarbeitung, diese Herausforderung mit Mut und Zuversicht angenommen und entwickeln innovative Lösungen für ein klimafreundliches Wirtschaften. Dies ist ein wichtiger und richtiger Schritt – vor allem ist es aber ein mutiger. Mutig deshalb, weil die politischen Leitplanken beim Klimaschutz unübersichtlich und nicht ohne Widersprüche sind. Um visionäre Entscheidungen treffen zu können, bedarf es einer langfristigen politischen Strategie, die eine klare Richtung vorgibt und Raum für Innovationen lässt. Denn jede Investition ist ein Schritt in einem unternehmerischen Anpassungsprozess, sie legt Technologien fest, bindet Ressourcen und ist nicht ohne Weiteres revidierbar. Neben klaren Zielsetzungen ist Technologieoffenheit ein Schlüssel für den Weg in die Klimaneutralität, denn bahnbrechenden Veränderungen geht meist ein Suchprozess mit vielen kleinen Veränderungen voraus. Der Energiesektor ist ein gutes B eispiel. Jederzeit verfügbarer Strom zu wettbewerbsfähigen Konditionen ist für die deutsche Wirtschaft einer der wichtigsten Standortfaktoren. Hier ist es gelungen, den Anteil von Wind und Sonne an der gesamten verbrauchten Strommenge auf mehr als 50 Prozent
anzuheben. An einzelnen Tagen decken die erneuerbaren E nergien sogar mehr als den Verbrauch. CO2-neutralen Erzeugungsquellen gehört die Zukunft. Auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Konsenses wurde der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen – eine weitreichende Entscheidung, die derzeit umgesetzt wird. Eine in diesem Zusammenhang für den Wirtschaftsstandort Deutschland grundlegende Frage konnte dabei noch nicht beantwortet werden: Wie die Versorgungssicherheit auf dem Weg zur Klimaneutralität nach dem Kohleausstieg gewährleistet werden soll. Denn der Strombedarf lässt sich nicht jederzeit durch Wind und Sonne decken. Das heißt, wir werden weiter Anlagen benötigen, die Strom unabhängig von diesen beiden Energiequellen bereitstellen können. Eine weitgehende Abhängigkeit industrieller Prozesse von aktuellen Wetterlagen ist für eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft schwer vorstellbar und für die meisten Industrien nicht praktikabel. Um dieses Problem zu lösen, ruhen die Hoffnungen vieler auf der Entwicklung geeigneter Speicher- oder Wasserstofftechnologien. Dass diese Lösungen noch zu entwickeln sind, wird häufig außer Acht gelassen. In den nächsten Jahren wird mehr als
TREND 1/2021