ERKER 01 2022

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Lebensbilder

„Hebamme zu sein, war meine Berufung“ Die Lebensgeschichte von Rosa Hasler Rosa Hasler wurde am 20. Oktober 1931 in Niederried beim „Maurerhof“ geboren. Gewohnt hat die Familie im „Zuhäusl“, das es mittlerweile nicht mehr gibt. Die kleine Rosa war die Jüngste von sechs Geschwistern. Sie war noch klein, als die Familie nach Stilfes übersiedelte, wo die Kinder die Schule besuchten und ihre Kindheit verbrachten. „Es war keine leichte Zeit und gerade im Winter war das Leben hart“, erinnert sich Rosa. „Die Zeiten waren schwer und voller Entbehrungen. Nicht zu vergleichen mit heute und mit dem, was die Kinder heute alles haben.“ Eine üppige Weihnacht habe es nicht gegeben und überhaupt waren die Weihnachtsbräuche ganz schlicht gehalten. „Wir haben höchstens einen grünen Zweig einfach dekoriert und eine Kerze aufgestellt. Es gab keinen Christbaumschmuck und auch keine oder nur wenige Weihnachtsgeschenke. Auf jeden Fall war es nicht selbstverständlich, ein Geschenk zu bekommen“, erzählt die heute 90-Jährige. Weihnachtskekse aber wurden gebacken und die liebten die Kinder in der achtköpfigen Familie dafür umso mehr. Jugend im Zweiten Weltkrieg Rosas Vater arbeitete als Waldförster, ihre Mutter war Hausfrau. In ihrer Jugend erlebte Rosa die Kriegszeit und sie wird nachdenklich, wenn sie an diese Zeit zurückdenkt. „Die Verhältnisse

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waren sehr, sehr ärmlich und wir hatten viel Angst. Oft mussten wir in den Luftschutzkeller flüchten. Aber die vorweihnachtlichen Roraten besuchten wir, wann immer es möglich war. Höhepunkt blieb auch in den Kriegsjahren der Besuch der Christmette.“ Eine große Bedeutung hatten für das Mädchen auch die Raunächte in der Winterzeit. „Das Räuchern am Dreikönigsabend empfand ich als sehr schönen Brauch.“ Rosa, der gute Engel Sich für einen Beruf zu entscheiden, fiel Rosa leicht. „Die Oma war Hebamme und auch ich wollte Hebamme werden. Es war für mich ganz klar. Meine Berufung war es, Hebamme zu sein.“ Nach der Pflichtschule durfte Rosa also die Haushaltungsschule und danach die dreijährige Hebammenschule in Bozen besuchen. Rosa, das Mädchen aus Stilfes, das genau wusste, was es werden wollte, hat es geschafft. Anfangs arbeitete sie als freiberufliche Hebamme und wurde zu jeder Tages- und Nachtzeit zu Hausgeburten gerufen. Aber Rosa empfand das nicht als lästig, wenngleich es oft beschwerlich war. „Ob im Tal oder auf einem abgelegenen Bergbauernhof – als Hebamme wurde ich überallhin gerufen und es war nicht immer leicht, die ganze Verantwortung zu tragen, die auf meinen Schultern lag.“ Rosa war der gute Engel, der den

Frauen in der Zeit der Niederkunft beistand und wusste, was zu tun war. „Ich weiß gar nicht mehr, wie vielen Kindern ich auf die Welt geholfen habe. An schwierige Situationen erinnere ich mich gar nicht mehr.“ Rosa möchte diese Zeit nicht missen. Später, als die „Hebamme Rosa“, wie sie alle nannten, im Spital in Sterzing eine fixe Stelle bekommen hatte, wurde ihr Arbeitsalltag etwas ruhiger und auch einfacher. „Es war immer ein Arzt in Reichweite, und wenn ich an die Zeit denke, als die Kinder fast nur zuhause geboren wurden, wird mir bewusst, wie groß die Verantwortung war, die ich getragen habe, und ich bin dankbar, dass alles gut gegangen ist.“ Bis zu ihrer Pensionierung hat Rosa noch vielen Kindern auf die Welt geholfen. Glückliche Liebe Ihr privates Glück hat die geschätzte Hebamme mit einem jungen Mann aus Genua gefunden „Meinen Ehemann, einen Genueser Militaristen, habe ich in Sterzing kennengelernt. Es war sehr aufregend. Wir waren lange nur befreundet, und als wir geheiratet haben, war ich Anfang Zwanzig. „Es war uns verwehrt, eigene Kinder zu haben, aber als wir nach meiner Pensionierung die kleine Sonja als Pflegekind zu uns nehmen konnten, machte uns das sehr glücklich.“ Das Paar sorgte liebevoll für das Mädchen und

heute, da sowohl Rosa als auch ihr Mann im Seniorenwohnheim ihren Lebensabend verbringen, schaut die junge Frau aufmerksam und zuverlässig auf ihre „Mutti“ und den Pflegevater. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht!“ Auf die Frage, was sie aus ihrer reichen Lebenserfahrung an junge Menschen weitergeben möchte, betont Rosa, dass für sie der Humor ganz wichtig ist. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht! Wenn es gelingt, den Menschen mit einem offenen Ohr und mit Humor zu begegnen, dann ist das gut.“ Sie lebt dieses Motto und im Seniorenwohnheim findet Rosa immer ein tröstendes Wort für jene, die es brauchen. „Was ich jungen Menschen noch sagen möchte, ist, dass sie gutes Benehmen lernen. Gutes Benehmen und ein offenes Ohr für die Mitmenschen braucht es, damit sich auch die junge Generation für das Gute einsetzen kann. Das ist mir wichtig.“ Die Hebamme Rosa ist eine starke Frau, die vielen Menschen zu ihrem größten Glück verholfen hat und in ihrem Leben von den Werten Dankbarkeit und Zufriedenheit getragen wird. Rosa Hasler blickt mit einem Lächeln auf ihr erfülltes Leben zurück.

IBrigitte Mayr, Petra Agreiter


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