ERKER 01 2022

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Das interessante Sterzinger Rathaus vom Jahr 1468 ist gegenwärtig seiner baufälligen Frontmauer beraubt. Die beiden Erker mussten abgetragen werden, um den schadhaften Eckpfeiler zu stabilisieren. Er steht nur auf bloßem Sanduntergrund, weshalb jetzt ein neues Fundament angelegt wird und die schönen dreistöckigen Erker samt ihrer Frontmauer im gleichen Stil Die erneuerte Fassade mit wieder aufgebaut und verstärkt den beiden Erkern und dem werden. Der prächtige marmor- verstärkten Eckpfeiler (Federne Prunk-Erker wurde bekannt- zeichnung R. Anheisser 1908) lich 1524 nach den Plänen Jörg Kölderers fertiggestellt, des genialen Hofbaumeisters von Kaiser Maximilian I.

Häuserbrand in der Altstadt

28. August

1889

Am 28. August 1889 brennt es in der Altstadt von Sterzing. Ein vom Brenner kommender Güterzug gibt das erste schrille Feuersignal um 10 Uhr abends, worauf auch die Stadtglocke die Bevölkerung aus den Betten holt. Sofort wird um Hilfe nach Gossensaß und Brixen telegraphiert. Inzwischen versucht die Sterzinger Feuerwehr den Brand zu löschen, unterstützt von der hochwürdigen Geistlichkeit, den Kapuzinerpatern, Bürgern und Bauern. Die Feuerwehren von Gossensaß und Elzenbaum sowie die gut bedienten Spritzen von Tschöfs, Thuins und Wiesen rücken an und sichern die bereits brennenden Nachbarhäuser. Gebälke und Brandobjekte werden herabgerissen und bespritzt. „Glücklicher Weise hatte der Wind der letzten Tage aufgehört, sonst wäre mindestens die Hälfte der Stadt ein Trümmerhaufen“ (Der Burggräfler vom 31. August 1889). Die schon bis Franzensfeste heraufgekommene Brixner Feuerwehr wird verständigt, dass ihre Hilfe nicht mehr nötig sei. Gegen 6 Uhr können die meisten Feuerwehrleute nach Hause gehen. Zwei Wirtschaftsgebäude und drei Hausbedachungen werden ein Raub der Flammen, sie sind teilweise versichert. Die Brandursache bleibt unbekannt.

1890 n. Chr.

1889

Der Bezirksgerichtsadjunkt (Gerichtsgehilfe) und achtet und ein begnadeter Tenorsänger dazu. Er Amtsleiter Franz Engl wird am 20. November 1889 übernimmt 1882 die Chorleitung der Sterzinger zum Bezirksrichter ernannt. Das Bezirksgericht Liederkranz, die bereits 1860 gegründet worden in Sterzing besteht seit war und damit zu einem 1850 und befindet sich der ältesten Gesangsim Jöchelsthurn. Es ist vereine des Landes geals Gerichtsbehörde dem hört. Der Verein wird in Kreisgericht Bozen unter„Männergesangsverein Sterzing“ umbenannt stellt und ist zuständig für und qualitativ und Zivil- und Strafabteilung quantitativ aufgewerund das Grundbuchamt. Franz Engl, geboren am tet. Zudem übernimmt 24. November 1848 er 1888 die Leitung in Lienz in Osttirol, be- Perlagger-Männerrunde am 8. Dezember 1889: der „Dilettanten-Theaginnt seine Sterzinger Bezirksrichter Franz Engl (8. v. l.) hat nur 17 tergesellschaft“ (1833 Jahre als Adjunkt im „Schlechtpunkte“, der Arzt Dr. Stanislaus Piwocky (4. gegründet). Am 27. Nov. l.) hingegen 61, er zahlt am meisten. Jahr 1882 und prägt für vember 1889 findet im ein Vierteljahrhundert das Gesellschaftsleben Gasthaus „zur Rose“ ein von der Stadt und dem in seiner zweiten Heimatstadt, wofür er am 15. Männergesangsverein veranstalteter Festabend Oktober 1904 das Ehrendiplom der Stadt Ster- statt. Zuvor spielt die Feuerwehrkapelle vor dem Gasthaus „zum Schwarzen Adler“ ein Ständchen, zing überreicht bekommt. Der ungemein beliebte Unparteiische ist hochge- um dem neuen Bezirksrichter zu gratulieren.

Die Gilfenklamm wird erschlossen

18931896

Hinter dem Dorf Stange in westlicher Richtung befin- m), das „nasse Tal“ (40 m), die „Schwebe“ (70 m) und det sich der Einstieg in die Klamm, die von der Sektion das „Kanzele“ (20 m). Die Eröffnung verzögert sich um Sterzing des Deutschen und Österreichischen Alpenvereinige Jahre und kann endlich, nachdem die Kosten auf eins zur Förderung des Fremdenverkehrs 10.000 Kronen angestiegen sind, am touristisch erschlossen wird. 1893 be5. Juli 1896 zur Besichtigung freigeginnt die Sektion auf Anraten des Wirtes geben werden. Die Hälfte der Kosten in der Stange, Karl Wiedner, und des zahlt die Zentralkasse des AlpenverSterzinger Bezirksrichters Franz Engl mit eins, den Rest steuern private Spender, eigenen Mitteln die Gilfenklamm auszudarunter Franz Engl, bei. Er tritt bei der bauen. Bisher war die „Gülfenklamm“ Einweihung auch als Redner auf und (Gülf = Flussmündung, Meeresbucht, berichtet von den mühsamen Arbeiwassergefüllte Felsbucht) nur einzelnen ten. Am 25. Juli 1898 wird die GilfenHolzknechten bekannt, die an langen klamm im Rahmen eines dreitägigen Stricken in Körben in die Schluchten nieFestes mit Freischießen und Festzug dergelassen wurden, um das angestaute in „Kaiser-Franz-Josefs-Klamm“ umBrennholz weiterzustoßen. Es ist ein Ein Ausschnitt der neu benannt. Dieser Name ist umständlich Mammutwerk; 33 Felssprengungen müs- erschlossenen Gilfenklamm auszusprechen und auch nur einige sen durchgeführt werden, 500 m Wegan- (Postkarte 1897) Jahrzehnte in Gebrauch. In der Zeit der lagen werden täglich von acht bis zehn beiden Weltkriege ist sie geschlossen Arbeitern angelegt. Zahlreiche Brücken, Galerien, Stege und zerfällt zusehends. Die Gilfenklamm muss 1961 für und Treppen werden durch die riesigen weißen Mar- die Wiedereröffnung an vielen Punkten erneuert werden. morschluchten gezogen. Die Klamm gliedert sich in ver- Eine zweite Sanierung erfolgt 1991. Sie gilt heute als schiedene Teile: das „Kampl“ (62 m tief), die „Kirche“ eindrucksvollste begehbare Felsschlucht Südtirols und ist (69 m), der „Taubenschlag“ und der „Kessel“ (je 63 seit 1983 ein geschütztes Naturdenkmal.

Das Hundesteuergesetz ist seit 1875 in Kraft und sieht eine jährliche Steuer von 3 Gulden für jeden über sechs Monate alten Hund vor. Die Gemeinde Sterzing erhöht diese Hundesteuer 1890 auf 5 Gulden. Im Vergleich dazu verdient ein Maurermeister einen Tageslohn von 1 Gulden.

1892 n. Chr.

Rathaus-Erker wird neu errichtet

20. November

Franz Engl wird zum Bezirksrichter ernannt

Ein Teil des Sterzinger Stadtarchivs wird als Leihgabe dem Museum Ferdinandeum in Innsbruck überlassen. Diese „Sterzinger Sammlung“ umfasst beinahe 10.000 Einzelblätter vom Zeitraum 1500 bis 1848 (226 Tiroler Landtagsakten und 492 Tiroler Regierungsverordnungen). Dort werden sie auf Kosten des Ferdinandeums in 35 Großfolio-Lederbände eingelagert. Erst 1920 kehren diese Akten nach Sterzing zurück. Erker 01/22

1893 n. Chr.

Juni

1889

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