KINDERBIBEL UND BIBLISCHE GESCHICHTEN
Jesus am Kreuz Kornelia Maria Zerz In der Beobachtung der Kinder richtet sich der Blick der pädagogischen Fachkräfte vertieft auf das, was Kinder tun, erleben, denken und fühlen. Dem folgend ist es von besonderer Bedeutung, sich mit den Kindern darüber zu verständigen, was für sie wichtig und bedeutsam ist und die Denk- und Bildungsprozesse der Kinder ernst zu nehmen. Kinder entwerfen und gestalten ihr Weltbild in der Auseinandersetzung mit ihren kulturellen und religiösen Erfahrungen. Wir Pädagoginnen achten darauf, innezuhalten, zuzuhören, bevor wir Antworten geben beziehungsweise diese gemeinsam finden. Im tiefen Eintauchen in eine Situation, in der wir aufmerksam zuhören und uns bemühen zu verstehen, entstehen gemeinsam geteilte Erfahrungen. So sind auch der ethisch-religiöse Bildungsaspekt und seine Inhalte Gegenstand eines Prozesses, in dem die Kinder und wir wechselseitig unser Bild von dieser Wirklichkeit fragend und for-
schend co-konstruieren, verändern, gestalten und vertiefen. Dies soll das folgende Gespräch verdeutlichen: Pädagogische Fachkraft: „Lieber Linus, ich möchte gerne mit dir über das Bild sprechen, das du gemalt hast.“ Linus: „Jo.“ Pädagogische Fachkraft: „Danke, dass du einverstanden bist.“ Linus: „Also, des isch der Jesus afn Kreiz oubm, des sain die Nägel do und des isch die Maria und des isch der Josef. Nor isch eigentlich fertig. Die Maria will aihupfn und die Nägel außertian.“ Pädagogische Fachkraft: „Und?“ Linus: „Ober sie krieg sie nit außer?“ Pädagogische Fachkraft: „Und der Josef?“ Linus: „Isch der Tata von Jesus. Der sell weint uanfoch und die Maria weint a.“ Pädagogische Fachkraft: „Weil?“ Linus: „Weil der Jesus gstorbn isch.“ Pädagogische Fachkraft: „Ist er wirklich gestorben?“ Linus: „Afn Kreiz isch er gstorbn und nocher isch er auferstondn. Na, sou isches: Er isch geborn von der Maria, nor isch er greaßer gwordn. Nor hobn ihn die Soldaten getötet. Nor hobn sie ihn in Grob gleg, nocher am 3. Tog isch er in Himml aigflogn.“ Pädagogische Fachkraft: „Danke, Linus. Das ist die Ostergeschichte, die du jetzt erzählt und gemalt hast.“ Linus geht öfters mit seinen Eltern zur Messe in die Kirche und hat sich mit dem Bild von Jesus am Kreuz wohl schon häufiger auseinandergesetzt. In der Zeit, in welcher das Bild entstand, war Dezember. Linus hört davon, dass Jesus in einem Stall in Bethlehem geboren wurde. Aus seinem
26 | Handreichung Religiosität