Handreichung zum Bildungsfeld Religiosität und Werteorientierung

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WERTE, ACHTSAMKEIT, RESPEKT, UMGANG MIT MENSCHEN UND NATUR

Werte, Achtsamkeit, Respekt, Umgang mit Menschen und Natur „Du darfst nicht mitspielen!“ Julia Dalsant Alle, die im pädagogischen Feld arbeiten, sehen sich damit konfrontiert, dass Ausschlussmechanismen vorkommen und Kinder nicht ins Spiel miteinbezogen werden. Bisher war ich selbst der Meinung, dass Kinder ja auch selbst nach Lösungen suchen könnten und es diesbezüglich kein aktives Eingreifen von mir als Fachkraft bräuchte. Diese Einstellung hat sich nach der näheren Beschäftigung mit dem Grundsatz „Mitspielen verbieten verboten!“, im Rahmen der Kursfolge „Vorurteilsbewusste Bildung“ geändert. Wir haben den Grundsatz diskutiert, dass jedes Kind das Recht hat, bei einem Spiel eines anderen Kindes mitspielen zu dürfen, solange es die Regeln des Spieles akzeptieren und einhalten kann. Diesen Grundsatz finde ich deshalb wichtig und richtig, da durch die prinzipielle Möglichkeit, dass alle mitspielen dürfen, Ausschlussmechanismen, wie wir sie im Kindergarten kennen, nicht mehr relevant sind. Kinder, die wegen bestimmter Vielfaltsaspekte (Sprache, Herkunft, Körpermaße, Beeinträchtigung usw.) schnell ausgeschlossen oder nicht miteingebunden werden, erhalten so die Möglichkeit, von vornherein Teil des Geschehens zu sein. In Kindergruppen trifft es oft immer dieselben Kinder, die ausgeschlossen werden. Durch diesen Grundsatz wird das vermieden. Ein Satz aus den Unterlagen der Fortbildung ist mir besonders im Gedächtnis geblieben und bezeichnend dafür, was auch ich bei der Umsetzung erlebt habe: Wer nicht mitspielen darf, ist traurig und einsam. Wer traurig und einsam ist, kann nicht gut lernen und sich nicht so gut benehmen. Das sehen Kinder auch so: „Wer keine Freunde hat, ist sauer oder traurig und kann nicht so nett sein.“

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Das heißt, indem wir alle Kinder miteinbeziehen, schaffen wir für alle Platz in der Gruppe und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl. Vor allem wird so jedes Individuum vor Mechanismen der Zurückweisung geschützt. Gleichzeitig lernen die Kinder ihr Spiel flexibel zu gestalten und Rollen umzuverteilen. Dieser Grundsatz ist nicht auf jede Kindergruppe übertragbar und nicht in jeder Situation anwendbar. Manchmal funktioniert ein Spiel eben nur zu zweit oder eben genau mit der Spielpartnerin oder dem Spielpartner, die oder den man ausgewählt hat. Dieser Ansatz kann jedoch zu einer gelebten Kultur werden, indem kein Kind Ausgrenzung aufgrund bestimmter Vielfaltsaspekte erfahren muss – im Gegenteil, es erfährt häufiger Zugehörigkeit, da es in viele Aktivitäten miteingebunden wird. Nachdem ich mich mit diesem Ansatz beschäftigt hatte, verfestigte sich der Gedanke, ihn in die Praxis umzusetzen, und so führten wir diesen Grundsatz in unserem Kindergarten ein, ohne ein Projekt oder sonstiges daraus zu machen. Wir sprachen mit den Kindern darüber, konkrete Situationen der Ausgrenzung wurden im Alltag immer wieder direkt aufgegriffen und zu einem gemeinsamen Diskussionsthema gemacht. „Man isch traurig, wenn man nit mitspielen terf.“ (Sara, 6 Jahre) „Mitspieln lossn isch guat, weil suscht sein die ondern traurig und weil olle wissen des a nit und deswegen hobmer des ausgmocht.“ (Hanna, 6 Jahre) „Wenn man alluanig spielt isches nit fein.“ (Hanna, 6 Jahre)


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Didaktische Materialien

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Eine Auswahl an wertvollen Bilderbüchern

3min
pages 87-88

Kriterien für Bilderbücher zur vorurteilsbewussten und inklusiven Bildung

1min
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Mit Kindern über das Thema Sterben nachdenken Herta Petermair

6min
pages 79-81

Ein Trauerkoffer Care-Team Kindergartensprengel Mühlbach

2min
pages 83-84

ABSCHIED, TRENNUNG UND BEGRENZUNGSERFAHRUNGEN

2min
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DIDAKTISCHE MATERIALIEN

2min
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Bei mir zu Haus, bei dir zu Haus Karin Berger, Monika Hölzl

2min
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RELIGIÖSE VIELFALT UND FAMILIENKULTUR

2min
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Tee-Ritual – kulturelle Zuschreibung oder Familienkulturen sichtbar machen? Christine Pernter, Irmgard Oberrauch

3min
pages 75-76

Die Lernumgebung vorurteilsbewusst gestalten Irmgard Oberrauch

5min
pages 69-71

Welche Werte sollen Kinder im Kindergarten erleben?“ Sabine Runggaldier

2min
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WERT-voll Katrin Unterhofer

3min
pages 66-67

Wert(e)volle Teamarbeit im Kindergarten Cornelia Brugger, Edith Lechner, Edith Stampfer, Anna Silginer, Petra Oberprantacher, Unterhofer Martha

1min
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Ein Werte-Baum als Begleiter durch das Jahr Birgit Brunner

2min
pages 63-64

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – Lebenswelt Kindergarten Ulrike Pircher, Christine Schlechtleitner

6min
pages 59-62

Bedürfnisse hinter Konflikten erkennen Katharina Ebner

6min
pages 57-58

Ich verstehe die Gefühle von meinem Freund“ Anna Mall

2min
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Manuel benutzt zum Laufen einen Rollstuhl Sabine Bordonetti

5min
pages 55-56

Gefühle benennen, kennen lernen – der Friedensplatz entsteht Birgit Kerschbaumer

2min
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Stärkung der emotionalen und sozialen Kompetenz Andrea Mittermair

2min
pages 50-51

Wer bin ich? Selbstporträt als Ansatz für Werte-Bewusstsein Veronika Lintner

1min
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WERTE, ACHTSAMKEIT, RESPEKT, UMGANG MIT MENSCHEN UND NATUR

2min
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Ein ganz besonderer Tag – der Geburtstag Josefine Tappeiner

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Von Herzen gratulieren – Geburtstagsfeier im Kindergarten Susanne Reichegger

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Das Fest der Heiligen Drei Könige und die Haussegnung – „Rachn“ Verena Saltuari

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pages 43-44

Kinder gestalten ihre Weihnachtskrippe Marianne Kalser

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Ermutigung zu einer Feierkultur Markus Felderer

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Wir teilen das Martinsbrot. Solidarisch sein Julia Dalsant

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Eigenaktiv durch Advent und Weihnachten Rita Tratter

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pages 39-41

Kinder haben ein Bedürfnis nach Ritualen Sonia Mutschlechner, Silvia Boncilli, Ruth Hirschberger

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Mensch und Tier freuen sich, bald wird Jesus geboren Theresia Nischler

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pages 30-31

RITUALE, SYMBOLE UND FESTE

5min
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Kinder erzählen die Weihnachtsgeschichte Luzia Franzelin

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pages 27-29

Jesus am Kreuz Kornelia Maria Zerz

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Tod und neues Leben – die Ostererzählung Isolde Moser

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pages 24-25

Der Sturm auf dem See Theresia Nischler

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Die Geschichte von Bartimäus Vera Manzini, Edeltraud Rainer

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Der gute Hirte – Geborgenheit erfahrbar machen Birgit Unterholzner

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Unsere Kindergartenbibel Daniela Tonezzani, Daniela Premer, Corinna Raffl

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Die Bibel mit der Lebenspraxis in Verbindung gebracht Luzia Franzelin

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GRUNDLEGENDES

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pages 8-9

KINDERBIBEL UND BIBLISCHE GESCHICHTEN

4min
pages 17-18

Vorwort

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Staunen und Werteerfahrungen weitergeben Marianne Kalser

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pages 15-16

Die inklusive Haltung als Basis für eine gelingende Bildungsarbeit Sabine Laner, Melanie Pöhl, Elka Wiedmer

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Religiosität und Werteorientierung

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Philosophieren mit Blick auf ein Werte- und Weltbewusstsein Andrea Mittermair, Doris Daurer

3min
pages 13-14

Einführung

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