Handreichung zum Bildungsfeld Religiosität und Werteorientierung

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ABSCHIED, TRENNUNG UND BEGRENZUNGSERFAHRUNGEN

Abschied, Trennung und Begrenzungserfahrungen Umgang mit Tod, Trennung, Krankheit und Abschied Ruth Warger Ganz besonders von Kindern und Jugendlichen möchten wir Erwachsene negative Erfahrungen, schwere Erkrankungen, Tod, Trauer, Trennungsschmerz und Abschiede fernhalten und sie davor beschützen. Doch dies liegt nicht wirklich in unserer Hand. Wir können aber darauf achten, wie wir Kinder und Jugendliche in solchen Krisensituationen begleiten und unterstützen, um derartige Ereignisse zu bewältigen und um – unter Einbezug persönlicher und sozialer Ressourcen – auch an der Erfahrung wachsen zu können. Für eine entsprechende Begleitung ist das Kennen und Verstehen unterschiedlichster Reaktionen und Bedürfnisse je nach Entwicklungsstand der Kinder sehr wichtig. Denn beispielsweise ist das Verständnis von Tod, von bestimmten Ereignissen und von Emotionen sehr unterschiedlich und entsprechend sollten die betroffenen Kinder und Jugendlichen begleitet werden. Grundsätzlich gilt, je jünger die Kinder sind, desto eher können sie starke Emotionen über einen längeren Zeitraum nicht aushalten und suchen instinktiv Ablenkung (zum Beispiel durch Spiel); sie stellen in größeren zeitlichen Abständen einzelne gezielte Fragen und beschäftigen sich dann wieder mit etwas völlig anderem (Dyregrov, 2008). Um das Kind nicht zu überfordern, gilt es, sich an den Fragen der Kinder zu orientieren und nur diejenigen Fragen zu beantworten, die das Kind nach einer belastenden Erfahrung auch stellt. Jedes Kind ist einzigartig und unterscheidet sich von anderen Kindern. Daher unterscheidet sich auch, was das jeweilige Kind vordergründig braucht. Wichtig ist grundsätzlich die Offenheit zu signalisieren, dass das Kind fragen kann, was es möchte. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass die Erwachsenen auf jede Frage eine Antwort haben müssen. Man sollte nur offen

78 | Handreichung Religiosität

und ehrlich versuchen, auf die Fragen einzugehen (Juen et al., 2017). Die Fragen nach einem Todesfall sind stark durch das jeweilige Todesverständnis (Webb, 1993) geprägt, das sich im Laufe der kognitiven Entwicklung verändert. Kinder zwischen vier und sechs haben primär Schwierigkeiten, die körperliche Endlichkeit zu begreifen, so beschäftigt sie beispielsweise, wie denn der Opa unter all der Erde Luft bekommt. Die kindliche Trauer hat ihren eigenen Verlauf und ihre eigene Dauer, denn bestimmte Themen der Trauerarbeit stellen sich für das Kind im Laufe seiner Entwicklung immer wieder neu, da durch das Wachsen kognitiver Fähigkeiten ein neues Verständnis und auch neue Bewältigungskompetenzen erworben werden. So erhält beispielsweise für ein Kind, das im Grundschulalter seinen Vater verloren hat, der Verlust im Jugendalter in der Regel erneut große Aufmerksamkeit, da die schrittweise innere Loslösung vom Elternhaus (im Sinne einer gleichberechtigteren Beziehung), von der Mutter, aber auch von dem fehlenden Vater vollzogen wird (Juen et al., 2017). Nicht nur hinsichtlich des Todes und der Trauer gibt es große individuelle und entwicklungsbedingte Unterschiede, sondern auch Unterschiede bezüglich kindlicher Reaktionen auf Belastungssituationen (wie zum Beispiel Erkrankungen oder Trennungen). So reagieren beispielsweise jüngere Kinder auf Belastungssituationen oft mit regressivem Verhalten (zum Beispiel Einnässen, Daumenlutschen), Trotzverhalten, Trennungsängsten, Schlafschwierigkeiten und Ähnlichem. Grundsätzlich sollte in Belastungssituationen für Kinder und Jugendliche darauf geachtet werden,


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Didaktische Materialien

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Eine Auswahl an wertvollen Bilderbüchern

3min
pages 87-88

Kriterien für Bilderbücher zur vorurteilsbewussten und inklusiven Bildung

1min
page 86

Mit Kindern über das Thema Sterben nachdenken Herta Petermair

6min
pages 79-81

Ein Trauerkoffer Care-Team Kindergartensprengel Mühlbach

2min
pages 83-84

ABSCHIED, TRENNUNG UND BEGRENZUNGSERFAHRUNGEN

2min
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DIDAKTISCHE MATERIALIEN

2min
page 85

Bei mir zu Haus, bei dir zu Haus Karin Berger, Monika Hölzl

2min
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RELIGIÖSE VIELFALT UND FAMILIENKULTUR

2min
page 72

Tee-Ritual – kulturelle Zuschreibung oder Familienkulturen sichtbar machen? Christine Pernter, Irmgard Oberrauch

3min
pages 75-76

Die Lernumgebung vorurteilsbewusst gestalten Irmgard Oberrauch

5min
pages 69-71

Welche Werte sollen Kinder im Kindergarten erleben?“ Sabine Runggaldier

2min
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WERT-voll Katrin Unterhofer

3min
pages 66-67

Wert(e)volle Teamarbeit im Kindergarten Cornelia Brugger, Edith Lechner, Edith Stampfer, Anna Silginer, Petra Oberprantacher, Unterhofer Martha

1min
page 65

Ein Werte-Baum als Begleiter durch das Jahr Birgit Brunner

2min
pages 63-64

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – Lebenswelt Kindergarten Ulrike Pircher, Christine Schlechtleitner

6min
pages 59-62

Bedürfnisse hinter Konflikten erkennen Katharina Ebner

6min
pages 57-58

Ich verstehe die Gefühle von meinem Freund“ Anna Mall

2min
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Manuel benutzt zum Laufen einen Rollstuhl Sabine Bordonetti

5min
pages 55-56

Gefühle benennen, kennen lernen – der Friedensplatz entsteht Birgit Kerschbaumer

2min
page 54

Stärkung der emotionalen und sozialen Kompetenz Andrea Mittermair

2min
pages 50-51

Wer bin ich? Selbstporträt als Ansatz für Werte-Bewusstsein Veronika Lintner

1min
page 49

WERTE, ACHTSAMKEIT, RESPEKT, UMGANG MIT MENSCHEN UND NATUR

2min
page 48

Ein ganz besonderer Tag – der Geburtstag Josefine Tappeiner

2min
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Von Herzen gratulieren – Geburtstagsfeier im Kindergarten Susanne Reichegger

2min
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Das Fest der Heiligen Drei Könige und die Haussegnung – „Rachn“ Verena Saltuari

3min
pages 43-44

Kinder gestalten ihre Weihnachtskrippe Marianne Kalser

1min
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Ermutigung zu einer Feierkultur Markus Felderer

4min
pages 36-37

Wir teilen das Martinsbrot. Solidarisch sein Julia Dalsant

2min
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Eigenaktiv durch Advent und Weihnachten Rita Tratter

4min
pages 39-41

Kinder haben ein Bedürfnis nach Ritualen Sonia Mutschlechner, Silvia Boncilli, Ruth Hirschberger

2min
pages 34-35

Mensch und Tier freuen sich, bald wird Jesus geboren Theresia Nischler

2min
pages 30-31

RITUALE, SYMBOLE UND FESTE

5min
pages 32-33

Kinder erzählen die Weihnachtsgeschichte Luzia Franzelin

7min
pages 27-29

Jesus am Kreuz Kornelia Maria Zerz

1min
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Tod und neues Leben – die Ostererzählung Isolde Moser

2min
pages 24-25

Der Sturm auf dem See Theresia Nischler

2min
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Die Geschichte von Bartimäus Vera Manzini, Edeltraud Rainer

1min
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Der gute Hirte – Geborgenheit erfahrbar machen Birgit Unterholzner

1min
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Unsere Kindergartenbibel Daniela Tonezzani, Daniela Premer, Corinna Raffl

2min
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Die Bibel mit der Lebenspraxis in Verbindung gebracht Luzia Franzelin

2min
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GRUNDLEGENDES

5min
pages 8-9

KINDERBIBEL UND BIBLISCHE GESCHICHTEN

4min
pages 17-18

Vorwort

3min
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Staunen und Werteerfahrungen weitergeben Marianne Kalser

2min
pages 15-16

Die inklusive Haltung als Basis für eine gelingende Bildungsarbeit Sabine Laner, Melanie Pöhl, Elka Wiedmer

2min
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Religiosität und Werteorientierung

1min
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Philosophieren mit Blick auf ein Werte- und Weltbewusstsein Andrea Mittermair, Doris Daurer

3min
pages 13-14

Einführung

2min
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