BERNSTEIN HAT GEWEINT Andreas Láng im Gespräch mit Regisseur KSCH Otto Schenk
Einer der besten inszenatorischen Lösungen des Beginns des Schlussbildes von Beethovens Fidelio in Ihrer Regie ist jene der sich öffnenden Zugbrücke: Können Sie sich erinnern, wie es zu dieser Idee kam? Die Zugbrücke wird in der Oper ja einmal erwähnt. Und in diesem Zusammenhang ist uns, Günther Schneider-Siemssen und mir, damals eingefallen, diese Zugbrücke als Freiheitssymbol zu verwenden. Ein aufgehendes Tor hätte uns nicht so gut gefallen wie die sich öffnende Zugbrücke. Eine Zugbrücke hat an sich schon so etwas Geschlossenes, etwas Gefängnishaftes. Und wenn sie sich schließlich öffnet und quasi ein Lichtmeer freigibt – mit den sich umarmenden Menschen –, das hat schon etwas. Ich habe von meinem Chor verlangt, dass die Wartenden von der einen Seite und die Befreiten von der anderen aufeinander zurennen und sich so richtig festhalten, nachdem sich die Zugbrücke endlich vollständig niedergesenkt hat. Erst dann kommt das »Heil sei dem Tag, heil sei der Stunde« fast als Resultat der Befreiung. Bei diesen Umarmungen sind mir übrigens die Heimkehrer von 1945 vorgeschwebt, als der Krieg aus war, als die Befreiung von der Tyrannei da war. Dieses wilde, ungestüme Ins-Arm-Fallen der wieder vereinten Menschen hat mich damals enorm erschüttert. OTTO SCHENK
Wieso hat sich Fidelio zu dieser mythischen Freiheitsoper emporstilisiert und nicht etwa Le nozze di Figaro, wo es ja auch irgendwie um Freiheit geht? Fidelio besitzt ein strittiges Libretto mit vielen Ecken und Kanten. Man weiß beispielsweise nicht, was das für Gefangene sind, die da befreit werden. Unschuldige? Politische Häftlinge? Es geht OS
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