ERKER 12 2020

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Aktuell

Der Weltverbesserer Sein Leben verändert sich im Sieben-Jahres-Rhythmus, wie eine innere Uhr, die ihm jedes Mal neue Horizonte vorgibt: Karl Leiter hat die Organisation für eine solidarische Welt (oew) aufgebaut, Südtirols Weltläden, das Haus der Solidarität, das Eltern-Kind-Zentrum in Sterzing und die „Eine Welt Gruppe“ in Wiesen mitgegründet, er engagierte sich in der Familienarbeit, in der Erwachsenenbildung, im Naturund Umweltschutz. Er wechselte den Arbeitsort wie Schafe den Weideplatz, einem aber blieb er die ganzen Jahre über treu: dem Menschen – und dem Wir-Gefühl. von Renate Breitenberger Karls Zeit ist abgelaufen. Wieder einmal. Im Frühling hat er das Haus der Solidarität in Milland verlassen. 14 Jahre (2 mal 7 Jahre) lang war er dort, hat zusammen mit anderen ein Zentrum der Begegnung und gelebten Solidarität aufgebaut, trotz vieler Hürden und Misserfolge. Ein- und zweiheimische Mitbürger, Obdachlose,

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Karl Leiter: „Mir gefällt es, mit anderen einen Prozess in Bewegung zu bringen.“

ger als jene, denen geholfen wird. Auch soziales Engagement sollte seine Grenzen haben“, sagt Karl.

Haftentlassene, psychisch Kranke, kriminelle Jugendliche und Suchtkranke leben hier unter einem Dach und hoffen auf einen „Wieder-Einstieg“ in die Gesellschaft. In der Zwischenzeit üben sie, wie man trotz Konflikten auf Augenhöhe miteinander auskommen kann. Seit das mehrfach ausgezeichnete Solidaritäts- und Integrationsprojekt den Kinderschuhen entwachsen ist, fühlte Karl, dass er gehen muss – weil es jetzt

andere gute Leute gibt, die dableiben. Strukturen aufbauen, Menschen aufbauen, Abschied nehmen, neu anfangen. Diesen Weg geht Karl schon ein ganzes Leben lang. „Mir gefällt es, mit anderen einen Prozess in Bewegung zu bringen.“ Schon früh hatte der gelernte Bildhauer aus dem Ahrntal gemerkt, dass ihm Herrgötter und Krippenschäfchen schnitzen zu wenig war. Wertvoller empfand er die Jugend- und Kinderarbeit. An Heilig Abend Alleinstehende besuchen, Lieder vorsingen und einen kleinen Christbaum vorbeibringen, das berührte ihn sehr. Wohl fragte er sich: Wie geht es den Menschen, wenn wir wieder nach Hause gehen? Fühlen sie sich jetzt erst recht allein? Ohne unseren Besuch wären sie aber noch trauriger. Bis heute reflektiert Karl jede einzelne Aktion, die er (mit-) initiiert. Hilft sie wirklich? Oder macht sie am Ende den Beschenkten zum Opfer? „Manchmal brauchen Helfer das Helfen notwendi-

Trotzdem sind es gerade die Helfer, die oft zu Helden emporgehoben werden. Ein Spruch begleitet Karl schon lange. „Je näher man den Großen kommt, umso kleiner werden sie.“ Der Mensch tendiert dazu, Helden zu kreieren und zu idealisieren. Aber je besser man sie kennenlernt, umso menschlicher werden sie. Der Spruch hat sich in Karls Leben schon oft bewahrheitet. Einmal hat er ein Seminar organisiert und einem angesehenen und redefreudigen Friedensaktivisten das Wort genommen, um es auch anderen Seminarteilnehmern zu geben. Ein paar Tage später erschien der Friedensaktivist in Karls Büro und brüllte ihn an, wie er so etwas wagen könne. Da war nichts Friedliches mehr an diesem Mann. Karl lernte daraus: So schnell braucht man vor vielgereisten Leuten mit hohen Zielen nicht umzufallen. Es gab aber auch viele angenehme Begegnungen mit „Helden“. Als er 1985 aus dem Nichts die oew, damals Informationsdienst 3. Welt, aufbauen sollte und Missionsamtsleiter Josef Hohenegger seine Zweifel anvertraute, ob er wohl der Richtige für diese Aufgabe sei, meinte dieser: „Fang an!“ Zwei Worte, die Karl Mut machten, weil es ihm der Amtsleiter zutraute. Der anfängliche Druck


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