Tschechen als Fluchthelfer Von Helmut Metz Schon während meiner Schulzeit und nach dem Abitur 1960 versuchten meine Mutter und ich vergebens, meinen durch die Kriegswirren vermissten Vater zu finden und die Ausreisegenehmigung in die Bundesrepublik Deutschland zu erlangen. Der Grund unseres Ausreisebegehrens war die Enttäuschung über die damalige rumänische Politik: Sie machte uns Banater Schwaben zu Verlierern des Zweiten Weltkriegs. Unsere Väter waren an der Front oder in Gefangenschaft gestorben, viele wurden vermisst, wenige sind heimgekehrt. Mein Vater ist aus der rumänischen Armee desertiert, um sich der Prinz-Eugen-Division anHelmut Metz zuschließen. Er wurde im Partisanenkrieg in Jugoslawien „verheizt“, von deutschen SS-Offizieren. Seit April 1945 fehlt jedes Lebenszeichen von ihm. Im Januar 1944 folgte die Verschleppung der arbeitsfähigen Deutschen aus Rumänien in sowjetische Arbeitslager, meine Mutter war auch unter ihnen. Heimgekehrt ist sie 1949. Bei der Verschleppung war ich zwei Jahre alt. Von der Verbannung in die Donautiefebene (B rschont geblieben, der spätere Lebensgefährte meiner Mutter aber nicht. Die Chance meiner Generation, im Leben weiterzukommen, lag im Erlernen eines Handwerks, dem Besuch weiterbildender Schulen oder im Studium. Mir fehlte das Geld, um studieren zu können. Ich erlernte einen Beruf, wurde Schriftsetzer. Mit elf Jahren deutscher Schule, Abitur und dem Gesellenbrief war ich gerüstet für einen Neuanfang in Deutschland. Das war mein Kapital. Ende der 1950er Jahre lernte meine Mutter einen Mann kennen, der ihr Lebensgefährte wurde. Seine Eltern und Geschwister waren durch die Kriegswirren in die DDR verschlagen worden. Weil wir keine Ausreiseerlaubnis in die Bundesrepublik Deutschland erhalten haben, kam uns die Idee, es mit der DDR zu versuchen. Mein Plan lautete: Ausreisen und in Berlin in den Westsektor wechseln. Vor 1960 stellten wir den Antrag, der jedoch abgelehnt wurde. Doch wir wiederholten ihn. Als Geselle habe ich 1962 Arbeit in der Druckerei in Temeswar gefunden. Im selben Jahr erhielt ich die Einberufung zum Militärdienst. Bei der Transportzu-
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