Die Gräber schweigen - von Johann Steiner

Page 57

Fluchthelfer aus Wien Von Anton Ellmer Mein Vater war bis zum Einmarsch der Roten Armee selbstständiger Seilermeister in des Banats. Zu seinen Kunden zählten auch zahlreiche serbische Bauern. Er beherrschte nicht nur deren Sprache exzellent, sondern hatte auch sehr viele Freunde unter ihnen. Sie haben ihn vor einem grausamen Tod bewahrt. Vater war mit einigen anderen Männern aus unserem Dorf während der Partisanen-Aktion „Intelligenzija“ schon zur „Ermordung“ vorgesehen. Nachdem unsere Gemeinde ab Anfang November 1945 zu einem Vernichtungslager umfunktioniert Anton Ellmer worden war, hat man meinen Vater aus dem Lager in Großbetschkerek (nach dem Krieg in Zrenjanin umbenannt), in dem er inzwischen interniert worden war, heimgeholt, damit er den Seilerbetrieb wieder aufnimmt. Auch Kommunisten und Partisanen brauchten Seile, zum Beispiel für den Transport der Toten aus den Vernichtungslagern zu den Massengräbern, der ausschließlich mit Pferdefuhrwerken erfolgte. Um den Fuhrpark stets fahrtüchtig zu halten, wurden auch die anderen dazu erforderlichen Werkstätten reaktiviert: Schmiede, Wagner und Sattler durften und mussten wieder arbeiten. Weil mein Vater berufsbedingt Kontakt zu den Partisanen hatte, konnte er mich in der Schmiede unterbringen, wodurch mir die Funktion eines „Kutschers“, der die Toten einsammeln und zu den Massengräbern fahren musste, erspart blieb. Mein älterer Bruder Johann (Jahrgang 1926) war seit Sommer 1944 beim Militär, daher waren neben meinem Vater noch meine Mutter, mein jüngerer Bruder und ich daheim. Vom Aufenthaltsort des eingerückten Bruders hatten wir damals keine Ahnung. Erster Fluchtversuch Zu unser aller völligen Überraschung eröffnete Vater uns etwa Mitte Oktober 1945, dass er eine Information bekommen habe, dass zwei junge Landsleute im

57


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

Beim Fluchtversuch die Beine verloren

3min
pages 277-279

Glückssträhne

7min
pages 297-300

Plötzlich Herr und Millionär

12min
pages 291-296

Prügelnde Aufseher im Werschetzer Gefängnis

14min
pages 284-290

Lagerfeuer im Grenzerstützpunkt

7min
pages 280-283

Schwere Entscheidung, schwerer Weg

9min
pages 268-272

Von Grenzübergang zu Grenzübergang

27min
pages 255-267

Mit zwei Kleinkindern über die Donau

7min
pages 273-276

Halluzination in der Strommitte

21min
pages 244-254

Mehr Glück als Verstand

9min
pages 239-243

Mit dem Kopf durch die Wand

45min
pages 218-238

Schwimmend in die Freiheit

2hr
pages 156-213

Auf Baumstämmen über die Schlucht

6min
pages 214-217

Im lecken Schlauchboot über die Donau

37min
pages 138-155

Mit der Bega nach Serbien

15min
pages 130-137

Tod im Tankwagen

2min
pages 128-129

Die Lichter von Kikinda vor Augen

6min
pages 124-127

Tschechen als Fluchthelfer

14min
pages 116-123

Dornenreicher Weg in die Freiheit

1hr
pages 79-115

Flucht aus Titos Lager

41min
pages 38-56

Der geldgierige Schaffner

20min
pages 69-78

Anderthalb Jahre gefangen in Jugoslawien

4min
pages 66-68

Fluchthelfer aus Wien

8min
pages 57-61

Das Vernichtungslager Rudolfsgnad

7min
pages 62-65

Einleitung

1hr
pages 7-37

Vorwort

2min
pages 5-6
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.