Fluchthelfer aus Wien Von Anton Ellmer Mein Vater war bis zum Einmarsch der Roten Armee selbstständiger Seilermeister in des Banats. Zu seinen Kunden zählten auch zahlreiche serbische Bauern. Er beherrschte nicht nur deren Sprache exzellent, sondern hatte auch sehr viele Freunde unter ihnen. Sie haben ihn vor einem grausamen Tod bewahrt. Vater war mit einigen anderen Männern aus unserem Dorf während der Partisanen-Aktion „Intelligenzija“ schon zur „Ermordung“ vorgesehen. Nachdem unsere Gemeinde ab Anfang November 1945 zu einem Vernichtungslager umfunktioniert Anton Ellmer worden war, hat man meinen Vater aus dem Lager in Großbetschkerek (nach dem Krieg in Zrenjanin umbenannt), in dem er inzwischen interniert worden war, heimgeholt, damit er den Seilerbetrieb wieder aufnimmt. Auch Kommunisten und Partisanen brauchten Seile, zum Beispiel für den Transport der Toten aus den Vernichtungslagern zu den Massengräbern, der ausschließlich mit Pferdefuhrwerken erfolgte. Um den Fuhrpark stets fahrtüchtig zu halten, wurden auch die anderen dazu erforderlichen Werkstätten reaktiviert: Schmiede, Wagner und Sattler durften und mussten wieder arbeiten. Weil mein Vater berufsbedingt Kontakt zu den Partisanen hatte, konnte er mich in der Schmiede unterbringen, wodurch mir die Funktion eines „Kutschers“, der die Toten einsammeln und zu den Massengräbern fahren musste, erspart blieb. Mein älterer Bruder Johann (Jahrgang 1926) war seit Sommer 1944 beim Militär, daher waren neben meinem Vater noch meine Mutter, mein jüngerer Bruder und ich daheim. Vom Aufenthaltsort des eingerückten Bruders hatten wir damals keine Ahnung. Erster Fluchtversuch Zu unser aller völligen Überraschung eröffnete Vater uns etwa Mitte Oktober 1945, dass er eine Information bekommen habe, dass zwei junge Landsleute im
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