Kämpferin für die Emanzipation Behinderter
ELISA ROJAS R E C H T S A N W Ä LT I N U N D A K T I V I S T I N F Ü R D I E R E C H T E B E H I N D E R T E R
E S I S T K E I N E Ü B E R T R E I B U N G , wenn Elisa Rojas sagt, dass sie Paris bewundert. Wir sitzen
im Le Bistrot du Peintre, nippen an einem Latte Macchiato und genießen die glückselige Ruhe im August in Paris. Als ich Elisa frage, was ihr an Paris so gefällt, glänzen ihre Augen und sie lächelt breit. Sie gibt nicht viel Geld aus, erklärt sie mir, beobachtet aber sehr gern, wie die obere Gesellschaftsschicht von Paris lebt, schaut sich die Geschäfte an, in denen sie ein- und ausgeht, und die Kleider, die sie kauft. »Ein Beweis für die existierende Ungleichheit«, betont sie. Sie liebt schöne Dinge, fragt sich aber, ob man ein Interesse an flüchtigem Besitz haben kann, wenn man eine Aktivistin ist. Aber eine Antwort auf diese Frage hat sie noch nicht gefunden. Als Kind kam sie aus Chile nach Paris und lebte am Rande der Stadt, bevor sie mit ihrer Familie in das sogenannte pulsierende Herz des echten Paris zog, einen individuellen Teil des 12. Arrondissements, in dem der Geist der Arbeiterklasse lebt, dessen wachsende Gourmetszene jedoch gleichsam einen bunt gemischten Haufen unterschiedlichster Menschen anzieht. »Ich verlasse den Stadtteil nur selten. Er bietet alles, was ich brauche!« Ein Stadtteil, der zwischen einer zu starken Gentrifizierung und einer Diversität, die seine Seele ausmacht, schwankt. Aber er ist ihre Heimat. Kein anderer Ort als diese Stadt erfüllt sie so sehr mit einem »verrückten« Stolz, wie sie es nennt. »Schau dir das doch einfach mal an«, sagt sie und zeigt dabei auf die Straße, als ob keine andere Erklärung nötig wäre. »Das ist eine Stadt, in der Schönheit und Kultur zusammenkommen – eine Mischung, von der viele Menschen träumen.« Mit dieser tiefen Liebe zur Stadt und dem Wunsch, sich leichter in ihr zu bewegen, beschäftigt sich die Arbeitsrechtlerin, wenn sie schreibt, tweetet und mit einer engagierten Community an Aktivistinnen kommuniziert. Sie gehört zu den begehrtesten Stimmen zu den Rechten Behinderter und nutzt Twitter, ihren Blog und den von ihre gegründeten Verband CHLEE (Colletif Lutte et Handicaps pour l’Égalité et l’Émancipation, Behindertenverband zum Kampf für Gleichberechtigung und Emanzipation), um darauf aufmerksam zu machen, wie wenig das Land dafür tut, dass Behinderte als gleichberechtigte Bürger an der Gesellschaft teilnehmen können. 40
L A PA R I S I E N N E