JUGENDBÜCHER
FALTER 42 ∕ 21
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Wo Schokolade keinen Trost bieten kann
„Du siehst die Dinge, wie sie sonst keiner sieht“
Ein Jugendroman über die Folgen des Kolonialismus
Eine Odyssee durch Südafrika als Schule des Überlebens
n Europa gehört Schokolade zu den Ifühlprodukt, beliebtesten Süßigkeiten, ein Wohldas, wie Peer Martin in
enn die Kiefern im Wind wieW gen, die Krähen davonfliegen und der Staub in der Luft tanzt,
seinem neuen Jugendbuch schreibt, häufig mit „Trost“ oder „Kindheit“ assoziiert wird. Dass allzu oft schlechte Entlohnung, Kinderarbeit und Umweltschäden in den Erzeugerländern in Kauf genommen werden, um ihren Kakaobedarf zu decken, ist vielen Konsumenten hingegen kaum bewusst. Diese Problematik nimmt der studierte Sozialpädagoge in seinem umfangreich recherchierten Roman in den Blick. Die Diskrepanzen ebenso wie die vielfältigen Verbindungen zwischen den Lebensrealitäten der westlichen Welt und der kakaoanbauenden Länder Westafrikas manifestieren sich in dem Buch dabei im Rahmen mehrerer, auf unterschiedliche Weise miteinander verknüpfter Erzählperspektiven. Wir folgen der 18-jährigen Manal, die auch symbolisch für diese komplexen Verflechtungen steht: Sie ist Berlinerin mit afroamerikanischer Mutter und deutschem Vater und jobbt in einem Schokoladegeschäft. Als Manal vom über viele Ecken mit ihr verwandten Mamadou an die Elfenbeinküste eingeladen wird, besucht sie ihn, um mehr über den Kakaoanbau, aber auch ihre eigenen Wurzeln zu erfahren. Ein weiterer Erzählstrang berichtet aus dem Blickwinkel des Maliers Issa, eines jungen Mannes, der zusammen mit seinem kleinen Bruder und weiteren Kindern unbezahlte Schwerstarbeit auf einer ivorischen Kakaoplantage leisten muss. Diese liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mamadous Farm, und die Wege
von Manal und Issa kreuzen sich, als die junge Frau das Umland erkundet. Zwischen den beiden Figuren entspinnt sich eine Freundschaft, und trotz der Warnungen Mamadous, sich von den brutalen Plantagenbesitzern fernzuhalten, hilft Manal, Issa und den Kindern zu fliehen. Typografisch von diesem Haupthandlungsstrang abgehoben sind noch zwei weitere Perspektiven eingewoben: Manals Vater, der Schriftsteller Pieter, schreibt die Familiengeschichte seiner Tochter nieder. Er berichtet, wie ihre Vorfahren Idriss und Awa im Zuge des transatlantischen Sklavenhandels nach Kuba und später in die USA verkauft wurden. Durch deren Geschichte werden jene unterdrückenden Strukturen begreifbar, die die Basis der modernen Ausbeutung bilden und die Manals und Issas Erfahrungen auf der Kakaoplantage historisch kontextualisieren. LENA BR ANDAUER
Peer Martin: Blut und Schokolade. Dressler, 448 S., € 20,95 (ab 14)
könnte das in Mitteleuropa sein, aber Kirsten Miller versetzt uns nach Südafrika, wo es schon lange nicht geregnet hat und hinter den Dünen auch Silkybark, Milchholzbäume und wilde Oliven gedeihen. Die Leute im Dorf sind abergläubisch und misstrauisch. Sie bewundern Yanela nicht dafür, dass sie sich alleinerziehend mit drei Kindern durchschlägt, sondern misstrauen ihr. Kurz nach ihrer Tochter stirbt auch die Mutter. Die Söhne sind auf sich allein gestellt. Die Lage ist deprimierend, und so macht sich der 17-jährige Ash mit Zuko auf den Weg zum wohlhabenden Vater in die Stadt. Zuko ist acht und kann nicht sprechen. „Was andere sahen, spürte er. Was andere hörten, sah er“, heißt es an einer Stelle. „Du siehst Dinge, die sonst keiner sieht. Du kennst dich aus mit Schönheit. Mit Licht. Und Mustern“, an einer anderen. Kirsten Miller fängt hier gekonnt eine Form von Autismus als eine besondere, synästhetische Wahrnehmung ein. Die Autorin, die in Durban ein Zentrum zur Frühförderung autistischer Kinder leitet, zeigt mit ihrem einfühlsamen Stil voll feiner Zwischentöne und in träumerischer Sprache, dass man Autismus als Störung, aber auch als Begabung begreifen kann. Gespannt begleiten wir die beiden Brüder auf ihrer Odyssee hin zu Verantwortung und Menschenkenntnis – eine Geschichte über Urvertrauen, das Verlieben und Verlieren. Sie spüren die rohe Natur und die furchteinflößende Stadt und treffen auf seltsame, verrückte, hilfs-
bereite oder mutige Typen sowie die Lebensretterin Ela, die Leichtigkeit und Lebensfreude schenkt und sie in Fragen verwickelt, etwa, was Familie bedeutet. Das zieht sich durch den Roman, der auch Themen wie Landraub, ungleiche soziale Chancen und Zwangsheirat streift. Die Burschen erleben Scham, Wut und Hoffnung. Sie müssen ständig abwägen: Wem vertrauen? Was ablehnen? Was annehmen? Sie schützen einander und merken: Jemanden zu lieben, das heißt ihn/ sie annehmen, wie er/sie oder auch das Seepferdchen-Stofftier ist, heißt, Kraft für Entscheidungen zu geben. Denn die Gesellschaft mag die Welt vielleicht in Schwarz und Weiß teilen, sie ist aber in Wahrheit „so viel größer als wir. Aber was wir daraus machen, haben wir selbst in der Hand. Unsere Entscheidungen können wir selbst wählen.“ JULIANE FISCHER
Kirsten Miller: Hörst du, wie der Himmel singt? Ein Roman aus Südafrika. Baobab, 268 S., € 22,95 (ab 15)
Bilder und Geschichten zum Träumen und Weitererzählen 40 Erzählbilder und 40 kurze Texte verführen Kinder und Erwachsene zum genauen Gucken, Träumen und Loserzählen. Mal schelmisch, mal tiefgründig, magisch und beseelt sind die Federzeichnungen von Erwin Moser, die hier erstmals vollständig in Farbe zu sehen sind.
Der
Träu mer
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in der die Fliegen summen im die Bienen und die Frösche und Die Grillen zirpen, ümpel quaken vor luft. Im Wassert r und träumt heißen Sommer sitzt der Träume kleinen Baumes Schatten eines . Vor seinen Gesicht gezogen sich hin. t hat er übers Strohhu und breit zu sehen. Den großen Mensch ist weit dunkel. Kein Augen ist alles chlaf. und ihren Mittagss Plätzchen, Jetzt halten alle an diesem ruhigen der Träumer seltsamen, Jeden Tag sitzt er Tausende von schließt, sieht Bildern. wenn er die Augen und lustigen eine en, wunderbaren jedes Bild erzählt schönen, komisch n zu leben und Die Bilder beginne
B urg s c h i f f
im Jahr. achher al zehn Monate regnet es regnet es manchm Im egenland n Jahren wieder wemmt. In manche cknet. In einem ist alles übersch and ist ausgetro des Königs und das ganze al bis zur Burg überhaupt nicht im das Wasser manchm zu den Knien egenjahr steigt der König bis kam es vor, dass hinauf, und oft schon Thron saß. zornig, da er Tages Wasser auf seinem eines , rief der König der egen Schluss damit n spürte. Als in seinen Knoche fo r t a n , e in o s ismus r e e t e d n den heumat ie d e r s a n k , o r d a s W a s s e r w n a c h lie ß u n d zu bauen. fertig. riesiges Schi das Schi war Burg bauen. dauerte es und Sechs Monate jedoch die neue ließ der König ersten Tropfen In das Schi hinein . nd als die sechs Monate vergnügt die Das dauerte weitere sich der König res elen, rieb Das ganze des neuen egenjah und sichere Burg. umher. jetzt eine trockene i auf dem Wasser ände. r hatte h fuhr das Burgsch sank, ließ egenjahr hindurc das Wasser wieder dass sich merkte, steuern, wo es nd als der König n zwei steile Felsen besaß der König er das Schi zwische trocken war, das and wieder den steilen Feind konnte einklemmte. Als jederzeit Burg, denn kein jedoch hmbare Burg eine uneinne er konnten die n. Die Bewohn Felsen besteige ter verlassen. mit einer Stricklei
Geschichte.
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12.10.2021 15:04:24