Zum Autor Andreas Köttl ist CEO der Value One, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) und Vize-Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE).
Nachhaltigkeit ist eine Notwendigkeit Kommentar: Andreas Köttl
Gebäude als Materiallager
Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und BIM (Building Information Modelling) können wir jeden Projektzyklus individuell optimieren und in der Entwicklung neue Wege gehen. Statt massiver Einwegbauten müssen zukunftsfitte, modulare Immobilienprojekte entstehen, die durch Flexibilität und intelligente Ressourcennutzung überzeugen. Mit Hilfe von Rohstoffda-tenbanken kann der Rohstoffwert von Gebäuden schon bei der Planung aufgezeichnet und die eingesetzten Materialen in der Zukunft weiterverwertet werden. Das Gebäude sollte als Materiallager verstanden werden, das einen wirtschaftlichen Mehrwert generiert und Res-sourcen schont.
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ImmoFokus
Rolle der Digitalisierung
Daten sind ein essenzielles Hilfsmittel bei der zukunftsfähigen Gestaltung von Immobilien. Wenn die Daten von neuen Entwicklungen vom Start weg erfasst werden, ist eine Wiederver-wertung und Aufbereitung der verbauten Materialien ökonomisch messbar und dadurch realisierbar. Wünschenswert wäre eine 80- bis 100%-ige Wiederverwertung des Rohstoffwerts einer Immobilie. So können auch Dritte jederzeit den möglichen Rohstoffwert einer Immobilie beurteilen und den Bestand in die Neuentwicklung miteinplanen. Vor allem die modulare Gestaltung von Gebäuden kann so ein wichtiger Faktor werden. Hier liegt auch der stärkste Hebel, denn zurzeit messen wir die Nachhaltigkeit einer Immobilie oft nach der Dauer des Bestands, doch mit intelligenter modularer Bauweise können sich Projek-te je nach Rohstoffwert und Wiederverwertungsquote dynamisch in den Kreislauf einbringen. Nachdem die Nutzungszeit eines Gebäudes abgelaufen ist, können die Rohstoffe einfach getrennt, recycelt und wieder in den Neubau eingebracht werden. Neben Wiederverwertung und digitaler Optimierung spielen auch die Konstruktion und der Einsatz von nachhaltigen Rohstoffen eine wichtige Rolle in der nachhaltigen Entwicklung von neuen Immobilienentwicklungen. Zum Beispiel kann der verstärkte Einsatz von Holz die Umweltbilanz eines Projekts stark senken, ohne dabei Abschläge bei Wertsteigerung oder Nut-zungsdauer in Kauf nehmen zu müssen.
Foto: Adobe Stock
Nachhaltigkeit hat sich auch in der Immobilienwirtschaft vom Goodto-have zu einer Notwen-digkeit entwickelt und die damit verbundenen EU-Fördermaßnahmen werden das Thema wei-ter in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Der Lebenszyklus der Immobilie lässt sich in vier Phasen einteilen: Planung, Errichtung, Betrieb, Verwertung. Diese Segmente sind wie Tortenstücke in einem geschlossenen System und ergänzen sich gegenseitig, daher sollte der Lebenszyklus wie ein Kreislauf gedacht werden statt wie bisher linear. Denn die Nachhal-tigkeit einer Immobilie geht weit über den Zeithorizont einer Immobilie hinaus. Man muss daher schon zu Beginn eines Projektes die Wiederverwertung der eingesetzten Rohstoffe mitbe-trachten. So wird Kreislaufwirtschaft automatisch implementiert und die notwendigen ESG-Ziele können projektübergreifend erfüllt werden.