finanzwelt Ausgabe 04/2020

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SONDERSTRECKE bAV

Jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland ist nicht im Besitz einer betrieblichen Altersversorgung (bAV). Besonders in kleinen und mittleren Betrieben ist die Lage fast schon katastrophal zu nennen. Die Politik versucht mit allen Mitteln gegenzusteuern, zuletzt mit dem 2018 eingeführten BRSG. Doch wie beurteilen die Produktanbieter selbst die Situation, welche Erwartungen und auch Wünsche treiben sie um? Heribert Karch, Geschäftsführer der MetallRente gilt hinsichtlich der Zukunft der bAV eher als optimistischer Mensch. Doch so ganz ohne Zweifel ist er nicht: „Risiken sehe ich für die bAV auch, aber von ganz anderer Seite, nämlich von der zunehmend zur Unterstützung der Rentenkommission in die Debatte eingreifenden deutschen Rentenversicherung, die sich für eine verpflichtende private Altersvorsorge mit Riesterförderung ausspricht und zwar mit abgeschwächten Garantien. Damit würde der soziale Deal von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus der Sache herausgenommen und alleine der Einzelne belastet. Das halten viele Haushalte gar nicht durch.“ Immerhin lässt er sich nicht von Umfrageergebnissen verunsichern. Etwa dem letzten ‚Trendmonitor Finanzdienstleistungen‘ des Marktforschungsinstituts Nordlight Research. „Das BRSG soll die

Claudia Andersch Vorstandsvorsitzende R+V Lebensversicherung AG

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Verbreitung der bAV stufenweise vorantreiben. In der Praxis hapert es damit aber noch deutlich“, steht dort z. B. 71 % der Erwerbstätigen würden die neuen Regelungen überhaupt nicht kennen, und die Mehrheit der Arbeitnehmer zeige sich vom Engagement und von den Angeboten ihrer Arbeitgeber zur bAV nur wenig begeistert. Daran habe auch der Anfang 2019 für Neuverträge verpflichtend eingeführte ArbeitgeberZuschuss von mindestens 15 % des umgewandelten Entgelts (bei Sozialversicherungsersparnis) bislang wenig geändert. Viele Arbeitgeber – insbesondere kleinere und mittlere Betriebe, die den Großteil der Beschäftigungsverhältnisse ausmachten – verhielten sich in punkto bAV weiterhin passiv, motivierten ihre Mitarbeiter nur wenig zum Abschluss. Aktuell habe nur etwa jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland eine bAV abgeschlossen; Tendenz: stagnierend…

Höchste Zeit also, mal bei den Anbietern der bAV nach dem Stand der Dinge zu fragen. Claudia Andersch, Vorstandsvorsitzende der R+V Lebensversicherung AG, beobachtet jedenfalls keine desaströse Lage, im Gegenteil: „Trotz

der Corona-Pandemie sehen wir unverändert eine Nachfrage im Markt.“ Die im Zuge der Corona-Pandemie den R+V-Firmenkunden angebotenen flexiblen Lösungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Beitragsaussetzungen seien dagegen nur auf einem sehr niedrigen Niveau nachgefragt worden. Das sage viel über die starke Bedeutung der bAV in den Unternehmen aus. Jan Niebuhr, Vorstand der ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG, zeigt sich sogar ausgesprochen optimistisch: „Der bAVMarkt bietet aus unserer Sicht große Wachstumsmöglichkeiten, insbesondere die investmentbasierte Auslagerung und Ausfinanzierung bestehender Pensionsverpflichtungen ist hoch attraktiv und nimmt seit 2014 deutlich zu.“ 2018 sei durch das BRSG nochmals ein deutliches politisches Signal für eine weitere Stärkung der bAV gesetzt worden. Die SIGNAL IDUNA beobachtet eine zwar positive, aber dennoch sehr verhaltene Marktentwicklung in der Zeit nach Einführung des BRSG. Bei der arbeitgeberfinanzierten bAV sei durch die Geringverdienerförderung ein leichter Anstieg zu verzeichnen – ebenso bei den Modellen mit Arbeitgeberbeteiligung. Die reine Entgeltumwandlung stagniere allerdings weitgehend. Und das neu eingeführte Sozialpartnermodell? Laut SIGNAL IDUNA weit und breit keines

Jan Niebuhr Vorstand ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG

Clemens Vatter Vorstand SIGNAL IDUNA Konzern

Weit und breit nicht in Sicht

finanzwelt 04 | 2020

Foto: © Alexandr Vasilyev - stock.adobe.com

Kein Selbstläufer


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