VDG JAHRBUCH 2001
Elvira PETROVI]
„Warum ich (kein) Deutsch mag“– eine Untersuchung der Motivation zum Deutschlernen Übersetzung von Velimir Petrovi}
Von den ehemaligen, jetzigen und potenziellen Deutsch Lernenden ist oft die Meinung zu hören, Deutsch sei eine schwer zu erlernende Sprache, wohingegen Englisch viel leichter, schöner und nützlicher sei. Worauf beruht diese Auffassung und gibt es eine Rechtfertigung dafür? – Eine Verfolgung und Untersuchung der Motivation zum Fremdsprachenlernen bei den Osijeker Schülern deutet auf gewisse Gründe für diese Erscheinung hin, aber auch auf Möglichkeiten, wie die Veränderung dieser Beziehung zum Deutschen im positiven Sinne zu beeinflussen wäre. Den Osijekern war Deutsch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine gut vertraute Sprache. Fast jeder Einwohner der Stadt Osijek, ob jung oder alt, bediente sich damals der Osijeker Variante der deutschen Sprache – des "essekerischen"1 Idioms. Wie nahe diese Variante der deutschen Standardsprache stand, das hing vom Bildungsgrad des Einzelnen ab bzw. von der Dauer einer systematischen Erlernung dieser Sprache, der er in der Schule ausgesetzt war. Deutsch als Unterrichtfach war zu jener Zeit in dieser Gegend überhaupt nicht fragwürdig. Neben dem etwas schwächer vertretenen Französischen galt Deutsch als Weltsprache, die jeder gebildete Mensch beherrschen musste. Deshalb war Deutsch ein obligatorisches Unterrichtsfach in allen Schulen, in denen auch Fremdsprachen gelehrt wurden. Weder Eltern noch Schüler sträubten sich dagegen, wenn auch damals ebenso viele Schüler Probleme bei der Beherrschung der Grammatik und der Rechtschreibung der deutschen Standardsprache hatten. Der Zweite Weltkrieg hat die Beziehung zum Deutschen nicht nur in unserem Land, sondern auch in der ganzen Welt von Grund auf verändert. Die Verarmung Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg, besonders aber die nationalsozialistische Politik im Deutschland der 30er Jahre führte dazu, dass führende österreichische und deutsche Köpfe in allen Bereichen der Wissenschaft und Kunst ins Exil gingen. Die Mehrheit der Vertriebenen fand ihre neue Heimat in einem der Länder des englischen Sprachraums. So verlor die deutsche Sprache, die anfangs des 20. Jahrhunderts die primäre Sprache wissenschaftlicher Publikationen und Abhandlungen war, ihre führende Position zu Gunsten des Englischen, dessen 1
Die Stadt Osijek wird in dieser Mundart Essek (standardsprachlich Esseg) genannt (Anm. des Übersetzers).
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