TITEL Der gute Schlaf
Erlebtes zu verankern, um also zu lernen und das Erlernte zu erinnern. Genauso werden im Schlaf Stresshormone abgebaut. Man kann wissenschaftlich zeigen, wie der Hormonspiegel fällt,
Robert, bist Du ausgeschlafen? Bin ich tatsächlich. Obwohl ich heute früh schon um 7 Uhr mit einem Freund zum Laufen verabredet war und zudem ja Sonntag ist. Das ist vielleicht schon ein erster Hinweis: Ich versuche auch am Wochenende meine Schlafhygiene, also meinen Schlafrhythmus, beizubehalten. Was würde denn dagegensprechen, an einem freien Tag bis mittags liegen zu bleiben? Sagen wir es mal so, wenn Du dieses Bedürfnis verspürst, dann ist während der Woche irgendetwas falsch gelaufen und es bestand ganz offensichtlich ein Schlafdefizit. Der Mensch schläft nicht einfach grundlos. Also, warum schläft der Mensch überhaupt? Das ist tatsächlich eine gute Frage, Und so richtig ergründet hat das die Wissenschaft bis heute noch nicht. Was wir wissen: Schlafen ist eines unserer Grundbedürnisse, genauso wie Essen und Trinken. Dabei ist noch gar nicht wirklich erforscht, warum wir überhaupt schlafen. Der Schlaf, das unbekannte Wesen? Nicht ganz. Was man wissenschaftlich nämlich recht genau sagen kann, ist was passiert, wenn wir nicht oder zu wenig schlafen. Wir werden anfälliger für Krankheitsbilder wie Bluthochdruck oder Herzkreislaufstörungen und auch für Depressionen. Vor allem schwächt Schlafentzug unser Immunsystem. Eine dänische Studie weist sogar auf eine mögliche Relation zwischen Schlafmagel und Krebserkrankungen hin. Krankenschwestern, die vor allem im Nachtdienst gearbeitet haben, hatten ein deutlich erhöhtes Brustkerbsrisiko. Das könnte jetzt als Berufserkrankung anerkannt werden.
Stellt sich die Frage: Was ist überhaupt zu wenig Schlaf? Diesbezüglich ist sich die Wissenschaft inzwischen relativ einig: Wer über einen längeren Zeitraum weniger als sechs Stunden schläft, hat ein chronisches und gesundheitsschädliches Schlafdefizit. Darüber hinaus ist unser Schlafbedürfnis tatsächlich genetisch determiniert. Es gibt Menschen, die kommen mit diesen sechs Stunden aus, andere brauchen bis zu achteinhalb Stunden Schlaf. Banale Frage: Wie merke ich, ob ich mehr Schlaf brauche? Genauso banale, aber ernst gemeinte Antwort: Wenn Du Lust hast zu schlafen, dann schlafe. Die grundsätzlichere Antwort wäre: Wenn Du Dich dauerhaft müde und abgeschlafft fühlst, stimmt etwas mit Deinem Schlaf nicht. Diese Antwort ist enstcheidend, weil sich unsere Schlafroutinen mit den Jahren ändern. Im Alter, und das geht durchaus schon ab Dreißig los, werden wir nachts nicht nur häufiger wach, wir können uns an diese Wachphasen auch häufiger erinnern. Daraus resultiert dann der Eindruck, schlecht geschlafen zu haben. Haben wir aber gar nicht. Es ist normal, dass man nachts wach wird. Vermeintliche Schlafprobleme sind also häufig gar keine? Ich muss nicht um zwölf Uhr Mittagessen, wenn ich keinen Hunger habe. Genauso ist es mit dem Schlaf. Kann man sich aber schlecht konzentrieren, ist man leicht reizbar oder sinkt das allgemeine Leistungsvermögen, dann hat das womöglich mit dem Schlaf zu tun. Jetzt deutest Du ja doch an, was so passiert während wir schlafen. Wir schlafen, um unseren Körper zu regenerieren. Aber auch, um im Gehirn
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Es ist also ganz schön was los im Schlaf? Schlaf ist auch Arbeit, oh ja. Das wird nachher noch wichtig werden, wenn wir etwa über das Schlafmanagement während eines Ultralaufs reden. Kurz gesagt: Es gibt Schlafphasen, die eben nicht nur erholsam, sondern durchaus anstrengend sind. Bleiben wir noch kurz im Alltag. Gibt es Lerchen und Eulen? Absolut. Die einen sind morgens topfit, andere können abends noch Bäume ausreißen. Wobei alles vor fünf Uhr ungesund ist. Unsere erholsamsten Schlafphasen habe wir zwischen zwei und vier Uhr nachts, daraus lässt sich ableiten, dass unsere Kernschlafzeit, zwischen Mitternacht und sechs Uhr liegen sollte. Darüber hinaus kann niemand raus aus seiner Haut, man tut gut daran, sich an seinen Biorhythmus zu halten. Es ist also typenabhängig, ob man besser abends oder morgens läuft? Ja. Oder besser jein. Es macht einen Unterschied, wie man abends läuft. Wer sich so richtig auspowert, liegt dann vielleicht wach. Ein lockerer Lauf nach einem frühen Abendessen wäre perfekt. Grundsätzlich verbessert körperliche Aktivität unseren Schlaf und schützt perspektivisch vor Schlafstörungen. Kann man, Stichwort Ultralauf, vorschlafen? Vorschlafen kann man definitiv nicht. Aber man sollte den Schlafrhythmus im Vorfeld bereits anpassen – wie man es am besten auch vor einer Reise in eine andere Zeitzone macht. Und wenn man vor Nervösität erstmal gar nicht schläft und das Fünfzimeilenrennen dann auch noch um Mitternacht startet? Es ist ja durchaus möglich, auch mal eine oder sogar zwei Nächte nicht zu schlafen. Auch so eine Herausforderung
Foto: Giacomo Buzzio
"Der Mensch schläft nicht einfach grundlos"