Von zwei Spürhunden vor Triest gestellt Von Johannes Braun 2005 waren 40 Jahre vergangen, seit ich das größte Wagnis und Risiko meines Lebens eingegangen war. Weil es tiefe Spuren hinterlassen hat, will ich aufschreiben, was damals geschehen ist. Am 9. Dezember 2005 war ich Gast der Patin meiner Tochter, die ihren 70. Geburtstag gefeiert hat. Unter den mehr als 60 Gästen war auch ein Ehepaar, das ich nicht kannte. Der Name des Mannes, den unsere Gastgeberin mir vorstellte, waren mir allerdings bekannt. Denn mit einem jungen Mann mit diesem Namen wollte ich vor 40 Jahren die Grenze zwischen Jugoslawien und Italien bei Triest stürmen. Mein Schicksal wollte es, dass es nicht Johannes Braun klappte, er aber konnte sich durch meine Warnung noch rechtzeitig zurückziehen. Ich wurde von Schäferhunden gestellt, er konnte fliehen, eines der beiden Autos, die uns gebracht hatten, noch erreichen und an anderer Stelle mit falschem Pass die Grenze passieren. Seit jener Nacht hatten wir uns nicht mehr gesehen. Ich stellte mich vor mit der Bemerkung, dass wir uns eigentlich kennen. Er war vom Gegenteil überzeugt. Als ich ihm dann nur 29. Oktober 1965, Triest sagte, war auch für ihn alles klar. Es folgten eine stürmische, bewegte Begrüßung und ein langes Gespräch. Die Ursachen dieses Fluchtversuchs sind rasch erzählt. Nach dem Frontwechsel Rumäniens am 23. August 1944 kam einiges auf die deutsche Bevölkerung zu: Verschleppung und Enteignung, begleitet von Hass, Verachtung und Diskriminierung. Um zu verstehen, was die Menschen zu fliehen veranlasste, nenne ich ein paar Beispiele. Wer im kommunistischen Rumänien keine „gesunde Herkunft“ hatte, nicht in die Partei eintrat und nicht „Hurra“ schrie, konnte beruflich kaum aufsteigen, keine Gehaltserhöhung und keine Wohnung zugeteilt bekommen, auch nicht ins Ausland reisen. Ausland hieß für die meisten: die Ostblockländer. Für mich, der keine dieser Bedingungen erfüllte und sogar schon einen Antrag zur endgültigen Ausreise aus Rumänien gestellt hatte, gab es kein Vertrauen und somit überhaupt keine Chancen zu reisen. Seit vier Jahren war ich als Diplom-Ingenieur im Maschinenbauwerk von Reschitz beschäf-
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