Horst Mayer:
Eine Flucht wie ein Kinderspiel 1993 sitzt Horst Mayer mit Kollegen aus Österreich und den USA in Năidaş im Zollamt zur Erläuterung ihres Auftrags mit rumänischen Zöllnern und Grenzpolizisten zusammen. Er ist im UNO-Auftrag mit den Kollegen an der serbischen Grenze als Beobachter eingesetzt. Sie sollen herausfinden, ob das von der UNO verhängte Embargo gegen Serbien eingehalten wird. Vor 22 Jahren war Mayer zum letzten Mal in Naidaş, unweit der Stelle, wo das Flüsschen Nera in die Donau mündet, die hier Serbien verlässt und ab sofort zum GrenzHorst Mayer strom wird. Die beiden rumänischen Kollegen wollen wissen, wieso er so gut Rumänisch spricht. Horst Mayer sagt ihnen, dass er aus dem Banater Dorf DeutschBentschek stammt. Dann fragt der eine der rumänischen Zöllner seinen Kollegen scherzhaft, ob er damals Horst Mayer den Pass für den Westen ausgestellt habe. Und an Mayer richtet er die Frage, wie er denn nach Deutschland gelangt sei - als Fisch oder Hase, das heißt: über die Donau geschwommen oder über die grüne Grenze gehoppelt. Horst Mayer zeigt auf den Hügel vor ihnen, der sie von dem Örtchen Rebenberg auf der serbischen Seite trennt, und sagt, „dort bin ich hinüber gegangen“. Die rumänischen Zollbeamten wissen nicht recht, ob sie es ihm abnehmen sollen. Nachdem er das Gespräch den österreichischen und amerikanischen Kollegen übersetzt hat, ist das Gelächter natürlich groß. Doch ob sie es glauben oder nicht, Horst Mayer (geboren 1942) und sein Freund Walter Krug (geboren 1938) sind tatsächlich über diesen Hügel in die Freiheit gerobbt, und zwar am 17. April 1971. Diesen Tag haben sie sich ausgesucht, weil die meisten Rumänen an diesem Tag anderes zu tun haben, als an Flucht zu denken: Es ist Karsamstag, und alle, auch die meisten Kommunisten, bereiten sich auf das größte Fest der orthodoxen Kirche vor. Mayer kennt den Grenzabschnitt wie seine Westentasche. Er ist seit mehreren Jahren hier als Straßenbaumeister tätig. Vor der Flucht ist er auf derselben Baustelle beschäftigt, doch als Arbeitssoldat ohne Gehalt. Als Deutscher ist er gezeichnet und darf nicht unter Waffen dienen.
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