Flüchtlinge aus der Sowjetunion Von G. C. Als sich Jugoslawien endgültig aus dem Ostblock löste und Tito von den rumänischen Medien aufs Übelste beschimpft wurde, kursierten in meinem damaligen Wohnort Kronstadt allerlei Gerüchte, wie man über die Donau schwarz in den Westen gelangen könne. Jugoslawische Grenzer schickten angeblich nicht zurück. Auch der Weg zu westlichen Botschaften zwecks Ausstellung provisorischer Reisedokumente zum Verlassen Jugoslawiens in Richtung Westen war nicht versperrt. Es soll auch Hilfsorganisationen gegeben haben, die beispielsweise Flüchtlinge, welche schwimmend die Donau überquert hatten, neu einkleideten und verpflegten. Aber es war auch bekannt, dass auf illegale Grenzgänger von rumänischer Seite scharf geschossen wurde, auch über die Grenzlinie in Flussmitte hinaus. Ein Freund, ein ausgezeichneter Schwimmer, ist 1968 beim Queren der Donau erschossen worden und wurde eine Woche lang im Wasser liegen gelassen. Den Halbverwesten durfte die Familie dann abholen. Im Totenschein stand „beim Baden ertrunken“. Eine Autopsie war nicht gestattet. Als ich damals mit Familie das Banat bereiste, waren wir Binnenländer nicht wenig erstaunt über die vielen fliegenden Händler aus dem serbischen Banat, die in Hatzfeld oder Orawitz auf Märkten Nylonhemden, Digitaluhren oder Taschenrechner verkauften und dafür Wintersalami hinüber nahmen. Bei meiner Frage an erfahren wirkende Händler, ob sie sich denn vorstellen könnten, bei der Heimreise einen blinden Passagier mitzunehmen, waren sie gar nicht überrascht und meinten nur, dass das nicht billig sei, weil ja eine Menge Leute bestochen werden müssten. Aber bei mir war damals der Ausreisedruck noch nicht so groß, ich zog eine solche Flucht noch nicht in Erwägung. In den 1970er Jahren wurde der Druck aber immer größer. Anlässlich einer Dienstreise nach Reschitz besuchte ich Bekannte in Temeswar. Sie hatten gute Verbindungen und konnten eine Kontaktadresse beschaffen. Es gab einen gut organisierten Schleuserring für intellektuelle Flüchtlinge aus der Sowjetunion. Die Schleuser waren bereit, auch Rumänen mitzunehmen, über Geld wurde nicht gesprochen. Die Schlepper sprachen Rumänisch mit einem Siebenbürgern nicht geläufigen Akzent, wahrscheinlich Serbisch, denn die Russen verstanden sie. Treffpunkt war der kleine ärmliche Ort Cărbunari südlich des SemenikGebirges. Fluchtwillige mussten in Bauernkleidung anreisen und Geduld mitbringen. Die Flucht fand nur im Winter bei starkem Frost und möglichst keinem Schnee statt, damit keine Spuren hinterlassen werden. Ich versuchte im Winter 1976 zu fliehen. Nach längerem Nachtmarsch sollte die Gruppe von einem Boot
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