Mit der Zange die Barthaare einzeln ausgerupft Von Michael Reisenauer Nach einer wunderschönen Kindheit und darauffolgender Jugendzeit in der herrlichen Natur Siebenbürgens, stellte ich als Erwachsener fest, dass das unbeschwerte Leben zu Ende ist. Ich geriet ins Visier der kommunistischen Machthaber, wurde bei verschiedenen Razzien nach der Herkunft meiner westlichen Kleidung, nach Lebensgewohnheiten und Eigenarten gefragt. Zu meiner völligen Überraschung wurde ich als 19-jähriger zum Wehrdienst einberufen. Was mich total stutzig machte: Ich wurde einer Einheit des Geheimdienstes Securitate in Broos zugeteilt. Im Laufe der fast zweijährigen Eliteausbildung Michael Reisenauer wurde mir bewusst, weshalb ich für diese Aufgabe ausgesucht worden bin. Ich musste nämlich regelmäßig nach Dienstschluss Offizieren und Studenten der Einheit Deutschunterricht erteilen. Immer wieder forderten meine Vorgesetzten mich auf, mich an der Militärakademie anzumelden. Doch meine Freiheit und Unabhängigkeit waren mir wichtiger als irgendwelche Militärtitel. Weil ich schon 1973 zusammen mit meinen Eltern den ersten Ausreiseantrag gestellt hatte, war mir diese SecuritateGeschichte sowieso unheimlich. Nach dem Wehrdienst war mir klar, dass ich mit der kommunistischen Ideologie überhaupt nichts zu tun haben wollte. Nach dem Militärdienst stellte ich immer wieder Ausreiseanträge, die aber regelmäßig abgelehnt wurden. Deshalb wollte ich endlich Nägel mit Köpfen machen. Ich verfasste ein Memorandum in doppelter Ausführung, legte meine Geburtsurkunde und meinen Personalausweis dazu und fuhr damit nach Bukarest zur deutschen Botschaft und ins Innenministerium. Im Memorandum stellte ich dar, dass ich nicht weiter gewillt war, vom rumänischen Staat als Gefangener behandelt zu werden, verlangte die Entlassung aus der rumänischen Staatsbürgerschaft und weigerte mich, in Zukunft jede staatliche Arbeitsstelle anzunehmen. Nachdem ich das Memorandum in Bukarest abgegeben hatte, machte ich mich schleunigst per Anhalter Zu Hause aufin den Neppendorf Heimweg. erwartete mich schon die Securitate; sie nahm mich auch gleich mit nach Hermannstadt. Im Securitate-Gebäude fragte Oberst Moraru, ob ich wisse, was ich verbrochen habe. Er meinte: „Entweder bist du nicht
249