Von Slowenien nach Kärnten abgeschoben Von Hannelore Stuhlmüller Ich war noch ein Kind, als meine Eltern schon Anträge zur Ausreise in die Bundesrepublik gestellt haben. Jegliche Bemühungen, das Land verlassen zu können, waren erfolglos. Auswandern war oft ein Gesprächsthema bei uns im Haus. Damit ich nach der Heirat nicht aus der Akte genommen werde, hat mein Mann unseren Familiennamen angenommen. Georg und ich haben 1974 geheiratet. Ich war 18 und er 20 Jahre alt. 1975 haben wir wieder eine Absage auf unseren Antrag erhalten. Mein Vater und ich haben aber gleich in der Folgewoche einen neuen Antrag gestellt. Mein Mann war zu jener Zeit zum Militärdienst eingezogen. Wegen des Ausreiseantrags wurde er von allen verantwortungsvollen Aufgaben ferngehalten, durfte bei keinem wichtigen Manöver oder Gespräch dabei sein. Das Telegramm, mit dem ich ihm die Geburt seiner ersten Tochter mitteilen wollte, wurde ihm erst nach zwei Monaten überreicht. Doch schon vorher, ich war erst 16 Jahre alt, hatte ich ein schlimmes Erlebnis: 1972, nach der Flucht meiner Taufpatin und deren Familie über die grüne Grenze nach Jugoslawien, war ich geschockt vom Vorgehen des Geheimdienstes Securitate. Weil keine Spuren an der Grenze zu finHannelore und Georg Stuhlmüller den waren, versuchten Geheimdienstmitmit Tochter arbeiter, etwas aus mir „auszuquetschen“. Ich wurde von zu Hause - trotz Protestes meiner Eltern - abgeholt, unterwegs massiv bedroht, musste aus dem Wagen aussteigen und die Finger zwischen die Autotür halten. Mit der Drohung, mir die Finger zu zerquetschen, wollten sie mich zur Aussage zwingen. Ein weiterer Einschüchterungsversuch während der Fahrt: Man wird mir auch das schulische Weiterkommen und überhaupt meine ganze Zukunft verbauen. Nach der Entlassung vom Militärdienst hat mein Mann seine Arbeit in der Möbelfabrik „Mobila Banatului“ in der Banater Hauptstadt Temeswar wieder
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