Robert Alzner:
Folterknechte und Provokateure Das Wochenende, das mit einem Freitag Ende April 1979 im Grenzerstützpunkt Gertjanosch in der Banater Heide mit Schlägen begonnen hat, wird Robert Alzner nie vergessen. Der Hermannstädter (geboren am 14. Dezember 1960) und ein Freund haben sich blauäugig auf den Weg gemacht, um über Jugoslawien nach Deutschland zu gelangen. Aber die beiden sind lediglich bis nach Gertjanosch gelangt. Denn schon dort, 20 Kilometer vor der Grenze, standen in kommunistischen Zeiten Soldaten, um nach dem Woher und Wohin zu fragen. Weil die beiden Siebenbürger Sachsen niemanden in der Grenzzone kennen, sind sie reif für die Folterkammer. Soldaten führen sie ab in den örtlichen Grenzerstützpunkt, wo sie sie bis Montag mit Unterbrechungen schlagen und foltern. Dabei sei auch ein Major der Grenztruppe gewesen, der das Verhör immer wieder mit der Androhung von Schlägen unterbrochen hat, berichtet Robert Alzner. Die Soldaten, die sich als Folterknechte betätigen, schlagen gezielt mit Gewehrkoben auf die Leber und treten aus Leibeskräften auf die beiden ein. In den für die Gefangenen bestimmten Fraß spucken sie vorher. Robert Alzner tritt seinen Teller weg. Das ist Ursache genug für die Soldaten, ihn erneut zu prügeln und zu fragen, ob er so mit dem Essen des Staates umgehen müsse. Das Martyrium in Gertjanosch hat erst am Montag, dem vierten Tag nach der Festnahme, ein Ende. Die beiden Siebenbürger werden ins Temeswarer Gefängnis verlegt und mit Spitzeln - Robert Alzner vermutet mit Polizisten - in eine Zelle gesperrt, die sie aushorchen und provozieren sollen. Die erzählen den beiden Sachsen, sie seien schon in Jugoslawien gewesen und wüssten deshalb, wie schlecht es den Leuten dort ginge. Die Provokateure zeigen den beiden Gefolterten eine Eisenstange unter der Matratze und meinen, damit könnten sie sich den Weg aus der Haft freischlagen. In Temeswar bleibt es bei Provokationen, Schläge bleiben ihnen erspart. Zwei Polizisten holen die beiden ab und bringen sie nach Hermannstadt, wo sie erneut geschlagen werden und ein Richter sie nach einer Woche Arrest zu einem Monat Haft wegen versuchten Grenzübertritts verurteilt. Die Strafe verbüßen sie in Straßburg am Mieresch. Kurz nach der Entlassung aus dem Gefängnis erhält Robert Alzner die Einberufung zum rumänischen Militär. Nach Deutschland kommt er erst nach dem Fall der Mauer. Ein Freund schmuggelt ihn bei Rudolphstein aus der DDR in den Westen. Kontrollen finden in jenen Tagen kaum noch an der innerdeutschen Grenze statt. Robert Alzner lässt sich bei Günzburg nieder und arbeitet seither als Fernfahrer.
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