H.D. aus Jahrmarkt:
Wiedersehen in Rastatt Die Enteignung wurde komplett durchgeführt, als die Kolonisten ins Dorf gekommen sind; denn was vorher die Russen nicht mitgenommen haben, nahmen sich die Kolonisten. Sie gingen in die schönsten Häuser des Dorfes, und der Deutsche musste weichen, entweder ganz aus seinem Haus und Besitz oder in die Hinter- und Nebenräume. Die Felder konnten die Deutschen nicht mehr bearbeiten, denn sie hatten keine Zugkräfte und Geräte zur Feldarbeit. Es wurde den Deutschen unmöglich gemacht, die Ernte einzuholen. Es kamen schwere Zeiten. Man hatte sich dadurch arrangiert, dass man sich mit den rumänischen Kolonisten verständigt hat und gemeinsam mit ihnen auf die Felder ging, denn sie hatten keine Ahnung von Landwirtschaft. Auch die Gärten lieferten noch Ertrag. Man hat auch Kleider und sonstige Sachen verkauft oder im Handel sich das Nötige beschafft. Ältere Leute hatten es sehr schwer; sie trugen die Not mit ins Grab und fanden so ihren Frieden. Die Zustände sind nicht mit Worten zu schildern, denn sie waren zu grauenhaft. Und so habe ich Not und Elend ertragen mit meinen kleineren drei Kindern, die noch zu jung waren zur Verschleppung; die ältere Tochter jedoch wurde mir weggenommen und nach Russland verschleppt. Im August 1947 habe ich mich vor lauter Kummer und Sorge mit meinen drei Kindern auf die Flucht begeben mit der Bahn, um zur ungarischen Grenze zu gelangen; ich kam auch dort an, aber leider nahmen sie uns fest und transportierten uns von Curtici nach Arad, von dort nach Temeswar. Da ließen sie mich frei, und ich begab mich jetzt nach Tschanad an die Grenze. Da hatte ich Glück und konnte mit den vielen Flüchtlingen aus den jugoslawischen Vernichtungslagern nach Ungarn gelangen. Mit der Eisenbahn, zu Fuß und mit Autos kamen wir über Budapest zur österreichischen Grenze. Eins muss noch gesagt werden: Die UngarnDeutschen haben uns sehr wohlwollend unterstützt und uns mit den Kindern Quartier sowie auch Essen gegeben. Gott sei Dank, denn ohne sie wäre dieser Leidensweg noch bitterer ausgefallen. Die österreichischen Grenzer (Polizei) haben uns ohne weiteres durchgelassen, und so waren wir schon eine Last von unseren Herzen los, nämlich das Unsichere und Vogelfreie; und hier sind wir wieder als Menschen behandelt worden. Von da ging es dann schon leichter bis nach Deutschland und schließlich zu meinem Ehegatten nach Rastatt. Groß war die Freude, als auch die Tochter aus Russland schon hier vor einigen Tagen eingetroffen war. Der Bericht ist in redigierter Form dem Band „Dokumentation der Vertreibung aus Ost-Mitteleuropa III. Das Schicksal der Deutschen in Rumänien“ entnommen.
83