Über Afrika nach Indochina Von Ludwig Höcher Unmittelbar nach dem 23. August 1944 wurden alle Deutschen aufgefordert, sich bei der lokalen Gendarmerie zu melden, ihre Radios, Photoapparate, Fahrräder u. a. abzugeben. Es stellte sich später heraus, dass die Meldeliste der Deutschen vom August 1944 für die Aushebung am 15./16. Januar als Beweisliste gedient hatte. Ich war in jenen Tagen nicht zu Hause in Ferdinandsberg, sondern beim rumänischen Militär, wo ich selbstverständlich als Deutscher registriert war. Wäre ich am 15./16. Januar noch beim Militär gewesen, dann wäre ich aus den Reihen geholt und zur Verschleppung übergeben worden, wie es meinen zwei Ludwig Höcher Klassenkollegen widerfahren ist. Sie dienten in einer anderen Reserve-Offizierschule und wurden damals beim Rapport herausgerufen, umgekleidet und dem Deportationsorgan übergeben. So haben meine Kollegen Egon Wermescher und Hugo Wehry fünf Jahre im Kohlenbergbau und als Waldarbeiter in Russland arbeiten müssen. Da ich Weihnachten 1944 zu Hause erleben durfte, feierte ich diese Festtage wie gewöhnlich mit meinen rumänischen Kollegen und Freunden. Öffentliche Bälle, wie einst üblich, waren allerdings verboten. Nur am 15. Januar war solch eine Veranstaltung genehmigt. Leider wurde mir hier das Tanzen verleidet. Ein mir gut gesinnter Rumäne, der Mitglied im Gemeinderat war, nahm mich in der Pause zur Seite. Er gab mir den Rat, die Veranstaltung sofort zu verlassen. Ich verließ den Tanzsaal, ohne Abschied zu nehmen und ohne Aufsehen zu erregen. Ich machte mich trotz meiner sonntäglichen Aufmachung nach Glimboca auf, wo ich den für mich zugedachten Salasch (Stall) erreichte. Tags darauf erfuhr ich von meinem Freund Simion, der mich mit seinem Onkel hier aufsuchte, was in der Nacht vom 15. auf den 16. geschehen war. Die Aushebung aller noch hier lebenden Deutschen wurde kurz nach Mitternacht auf unmenschliche Art und Weise von den Russen durchgeführt, die von einem rumänischen Gendarm und einem Vertrauensmann, einem Kommunisten, begleitet wurden, um so die Namen und Hausnummern leichter zu finden. Herzzerreißende Szenen spielten sich ab; Mütter wurden von ihren kleinen
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